Las Vegas, Baby.

Vor Las Vegas hatte ich ehrlich gesagt ein bißchen Angst. Ich habe mir die Stadt total hässlich, laut, nervig und total kitschig vorgestellt. Hinfahren wollte ich vorallem aus Gründen der Konträrfaszination. Und ich wurde nicht enttäuscht. Ich bin mir sicher, es ist nicht beabsichtigt, aber humortechnisch trifft Las Vegas voll und ganz meinen Geschmack. Alles ist hier ein bißchen größer, absurder, lauter und bunter. Du willst ein Haifischaquarium in deinem Hotel? In Vegas geht das. Du willst Tierbabys besichtigen, dich an einem Bungeeseil von einem Turm stürzen oder in einer Pyramide übernachten? In Vegas geht das. Da baut man dann auch den Trevi-Brunnen nach, wenns ins Konzept passt. Tragischerweise kosten viele Attraktionen extra, wofür wir zu geizig waren und so konnte ich das Haifischaquarium nicht besichtigen. Außerdem kann man in Las Vegas tatsächlich rauchend und mit einem Bier in der Hand durch die Straßen laufen. Im kompletten Rest der USA wäre das sowas von undenkbar. Hier rauchen auch plötzlich alle und erwachsen aussehende Menschen entblöden sich nicht, mit einem Cocktail“glas“ in Form eines Frauenbeines durch die Gegend zu laufen.

Außerdem sind in Las Vegas dank der großen Konkurrenz die Hotelpreise gerade zu unverschämt niedrig, jedenfalls im Verhältnis zum Rest der USA. Da kann sich auch die budgetreisende Agency ausnahmsweise sogar mal ein Hotelzimmer leisten. Ich bin sehr froh, auf Fiona gehört zu haben, so konnte ich nicht nur in einem riesigen Hotelbett schlafen, sondern auch schlechte HappyHour Cocktails am hauseigenen Pool trinken. Außerdem gab es in unserem in die Jahre gekommenen Hotelcasino am Ende des Strips die Möglichkeit, sich gratis Las Vegas aus der Höhe anzusehen, sowas nimmt man ja auch gerne mit. Auf die Möglichkeit, in irgendwelchen Karussells in dieser Höhe über den Abgrund hinauszufahren, haben wir aber dankend verzichtet.

Trevi Brunnen Las Vegas

Es hat mir großen Spaß gemacht, mit einem Bier in der Hand den Strip hoch- und runterzulaufen und die überkanditelten und überzogenen Hotelkomplexe zu besichtigen. Da jagt ein Superlativ das Nächste. Besonders hübsch gemacht fand ich das Konzept des „New York, New York“ Casinos, das überraschenderweise New York als Motto hat. Hier wird die Skyline von New York nachgebaut. Außerdem gibt es dort einen Shake Shack Burgerladen, was ziemlich praktisch ist, denn so konnten wir da auch mal Essen gehen. Das Einzige, was ich am Konzept Las Vegas wirklich nicht verstehe, ist das Glücksspiel. Die armen Menschen sitzen den ganzen Tag und die ganze Nacht an irgendwelchen blinkenden Maschinen und warten darauf, dass der Zufallsgenerator ihnen Glück bringt. Warum? Spiele wie Poker oder Roulette verstehe ich. Aber auf einen Automaten starren, irgendwas drücken und das dann Spiel nennen?

Zum Glück muss ich ja nicht alles verstehen, sondern kann stattdessen auch behämmerte Fotos vor kitschigen Büsten machen, die auf dem Bürgersteig rumstehen.

Las Vegas Downtown

Ansonsten ist die Altstadt von Las Vegas des Nächtens definitiv einen Besuch wert. Hier gibt es ein paar alt-ehrwürdige Lokale, in denen man den berühmten Krabbencocktail essen kann, den schon Elvis aß. Außerdem kann man einer irren Musik- und Lichtshow beiwohnen. Die blinkenden Reklamen wirken heute retro und altbacken, vor ein paar Jahrzehnten waren sie sicher der ganz große Scheiß. Bei Tag ist es in erster Linie heiß, so dass man sich zumindest im Sommer nicht so arg viel draußen bewegen sollte. Empfehlenswert ist da das (klimatisierte) Mafia-Museum, ansonsten gibt es ja Pools und (klimatisierte) Casinos.

Schweinereien von der Straße

Wisst ihr, was (neben vielen anderen Aspekten) so großartig an der Kolumne für die Stuttgarter Zeitung ist? Ich muss mir den Kopf nicht zerhirnen und zermatern, um eine superkreative Überschrift für meine Texte zu finden. Das macht die Zeitung für mich.

In meiner aktuellen Kolumne dreht sich überraschenderweise alles um mexikanisches Streetfood. Für die Recherche fräse ich mich seit nunmehr drei Wochen durch verschiedene Tacostände. Ein schweres Opfer! (Leider teilweise wirklich, denn seitdem wir im Lande sind, wechseln wir uns munter mit Magenverstimmungen und anderen Kränkeleien ab. Die letzten Monate war keiner von uns krank, wir holen das gerade konzentriert nach.)

Hier nun aber der Kolumnentext über Tacos, Carnitas und co.

Streetfood gilt als hip in unseren Breitengraden. Auf der Baja California im Nordwesten Mexikos gehören die Büdchen zum gewöhnlichen Straßenbild. Was auf den Maistacos landet, ist nicht nur vertrauenserweckend.

Streetfood ist in Deutschland voll im Trend. Seit Mitte dieses Jahres gibt es auch in Stuttgart regelmäßig „Streetfoodfeste“. Hier auf der Baja California im Nordwesten Mexikos würden die Menschen wahrscheinlich ungläubig schauen, wenn ich ihnen erzählen würde, dass ausgerechnet in Deutschland Streetfood der neuste Schrei ist. Hier sind die Büdchen, die an der Straße oder an Plätzen stehen, nämlich nichts Besonderes, für das man sogar Eintritt zahlt, sondern der Ort, an dem man sich sein Mittagessen oder einen schnellen Snack holt. Egal ob Schüler, Polizist oder Rentner – alle stehen zusammen am Büdchen und essen Streetfood.

Im Reiseführer haben wir gelesen, dass man mit mitteleuropäischem Magen am besten nur gut gekühlte Lebensmittel aus dem Supermarkt essen soll, doch wir werfen schon nach dem zweiten Tacostand, an dem wir hinter der Grenze vorbeifahren, die meisten Bedenken über Bord. So schlecht kann die Qualität des Essens ja nicht sein, wenn die Leute hier Schlange stehen. Und lecker sieht es auch noch aus. Es gibt, was diese trockene Region hergibt: überwiegend rohe Meeresfrüchte in zitroniger Soße (hierzulande unter dem Namen Ceviche gerade schwer im Trend) und Fisch, der hier frisch frittiert auf den Taco kommt.

Hinweisschilder zu den Öffnungszeiten gibt es nicht

Ein paar Tage später finden wir ein Büdchen, in dem irgendwas mit Carnitas verkauft wird. Wir bestellen drauf los, ohne genau zu wissen, was wir da tun. Vor unseren Augen werden Schweinefleisch und Schweinefett zerhackt, zusammengemischt und uns dann auf einem Maistaco gereicht, dazu gibt es frittierte Schweinehaut – ganz sicher nichts für jeden Geschmack. Einer der Köche winkt uns heran und will wissen, woher wir kommen. Er erzählt uns dann, dass Schweinefleisch aus Deutschland in Mexiko einen besonders guten Ruf habe. Wir befinden, dass mexikanisches Schwein auch ordentlich schmeckt, und bekommen seine Visitenkarte und gute Wünsche mit auf den Weg.

Wie anders war alles in den USA und in Kanada. In Städten wie San Francisco, Portland oder Vancouver ist Streetfood ein fester Bestandteil des Speiseangebots. In den Innenstädten stehen gut ausgerüstete Imbisswägen, die auf Kundschaft aus den umliegenden Bürogebäuden warten, die zur Mittagspause ausschwärmt. Hier kann man selbstverständlich mit Kreditkarte bezahlen. Die Speisekarten sind bedruckt und die meisten Trucks haben ihren eigenen Internetauftritt, auf dem man nachlesen kann, wo genau der Truck zu finden ist. Außerdem bekommt man eine fertige Portion über den Tresen gereicht. In Mexiko läuft alles ein bisschen anders: Auf jedem Tresen stehen verschiedene Soßen, Limetten und klein geschnittene Tomaten, von denen man sich nehmen kann. Für den Touristenmagen bisweilen ein Abenteuer, denn ausgewiesen sind die Soßen natürlich nicht. Manche Stände öffnen ausschließlich morgens, andere erst am Abend. Hinweisschilder zu den Öffnungszeiten gibt es nicht. Die Speisekarten sind auf Holztafeln gemalt, das Menü ändert sich eh nur selten. Die Begeisterung für die Speisen allerdings ist riesengroß und Generationen wie Gesellschaftsschichten übergreifend.

San Francisco

Man, was hatte ich mich auf San Francisco gefreut. Endlich mal wieder eine Großstadt, endlich mal wieder eine richtige, zentrale Wohnung mit Bad, Kühlschrank und Couch. (Durch eine glückliche Fügung konnten wir die Wohnung von Bekannten bewohnen, danke dafür.) Endlich mal wieder richtig frühstücken, mit Wurst und Käse und Schinken und guten Brötchen!
Außerdem war ungefähr jeder zweite Mensch in meinem Freundeskreis schon mindestens 1 Mal in der Stadt, entsprechend viel – und überwiegend euphorisches – hatte ich gehört.

Was kann ich nun selbst berichten?

1.) Wir haben ungefähr die einzige Woche mit schlechtem Wetter im ganzen Jahr erwischt. Während wir in der Stadt waren, hat es sogar zwei Mal geregnet und es war ziemlich kalt und ungemütlich. Deswegen sind wir nicht mit dem Fahrrad über die Golden Gate Bridge gefahren, was ich dem Wettergott übel nehme. Dafür kann ich aber weltexklusiv berichten: Auch in San Francisco regnet es!! Ich habe es selbst gesehen! Was euch aber eigentlich interessiert: Die Brücke. Bitte, hier ist sie.

Golden Gate Bridge

2.) Mit einem unfassbar gut bezahlten Job würde ich gerne hier leben wollen. Im Ernst, San Francisco besticht nicht nur durch gute Restaurants, schöne Bars und ein riesiges Gastroangebot, sondern auch durch einen gewissen Grad an Schrammeligkeit und Abgeratztheit. Es gibt billige Tacerías, es gibt teures Gourmetfood, es gibt tatsächlich gute Bäckereien und Käse und die Umgebung von San Francisco ist auch ziemlich hübsch. (Küste! Natur! Meersfrüchte!) Wenn man genug Geld hat, kann man sich hier sicher ein wunderschönes Leben machen. Californien ist teuer, San Francisco toppt nochmal alles. Wenn man kein Geld hat, ist das Leben in dieser Stadt entsprechend kompliziert bzw. gar nicht möglich.

Chinatown

3.) Die soziale Ungleichheit ist unfassbar groß und offensichtlich. Wir waren für meine Kolumne in der Stuttgarter Zeitung einen Tag im Stadtteil „Tenderloin“ unterwegs und haben eine kirchliche NGO besucht, die sich um Obdachlose und Arme kümmert. Selten habe ich so etwas gesehen. Wir sind gar nicht so viel auf der Straße herum gelaufen, doch die paar Minuten haben gereicht, um mehrere Menschen beim offenen Drogenkonsum zu beobachten. Die Menschen sehen fertig aus, abgekämpft und ungesund. In einer Art und Weise, wie man es aus Deutschland tatsächlich nicht kennt. Und das in einer Stadt, in der kein kleiner Teil der Bevölkerung 4000 Dollar pro Monat an Miete zahlen kann, weil es halt geht.

4.) Der Nebel – joar, als Norddeutsche kennt man das ja. Es zieht plötzlich auf, die Luftfeuchtigkeit ist auf einmal bei 90% und man sieht nicht mehr viel. Trotzdem beeindruckend, wenn der Nebel über die Golden Gate Bridge zieht und es plötzlich kalt wird. Ebenso faszinierend sind die Mikroklimata in der Stadt. Während es auf der einen Seite irgendeines der ca. 10000 Hügel nebelig und feucht ist, kann es ein paar Meter weiter auf der anderen Seite locker ein paar Grad wärmer sein. Überhaupt, diese Hügel. Die Höhenunterschiede hier sind echt krass. Man kann ohne Probleme dieselbe Straße für einen Kilometer entlang gehen und in dieser Zeit 3 Hügel überwinden. Gerade, wenn man mit dem Rad unterwegs ist, ist das ein echtes Abenteuer.

Karl, San Francisco Nebel

5.) Was kann ich noch so sagen: Wenn ihr nicht noch nach Mexiko fahrt, geht in San Fransisco mexikanisch essen. Am Besten ständig und viel davon. Überhaupt, Streetfood, haut euch den Wanst voll, der Rest ist eh zu teuer.
Und wer richtig gute Cocktails mag (und ja, ich schaue da euch an @moefju und lieber Micha), get ins „Bourbon and Bragg“, aber vergesst nicht, zu reservieren. Fahrt Fahrrad, geht in die Rainbow Grocery. Wenn ihr gerne 4,50 Dollar für ein Croisant bezahlen wollt, geht zur Tartine Bakery. Wenn ihr für einen Dollar einen riesigen Teigflatschen mit Füllung essen wollt, geht nach Chinatown, sucht euch dort eine Bäckerei und schaut nach Steamed Buns. Wer auf Tourikonträrfaszination steht, der sollte unbedingt den Fishermens Wharf besichtigen. Am Wochenende könnte man sich ein Eis bei der B-Rite Creamery holen und sich dann zum Hipster und Hippies anschauen in den Dolores Park setzen. Oder so.
Oder ihr macht es besser als wir und fahrt auf Leihrädern über die Golden Gate Bridge. Und dann gibt es ja noch den Ozean vor der Tür. Und viele Cafés, in die man sich setzen kann. Ach, am Besten, ihr fahrt einfach hin und macht euch euer eigenes Bild.

Deutschland – ein amerikanischer Traum

Das beliebteste Small-Talk-Thema in den USA ist höchstwahrscheinlich „Where are you from?“ – „Wo kommst du her?“ Sobald eine Diskussion zwischen zwei Fremden beginnt, kann man sich sicher sein, dass innerhalb der ersten zwei Minuten diese Frage gestellt werden wird. Auch wir haben auf unserer Reise diese Frage daher schon unzählige Male gestellt bekommt und durften daraufhin unzählige Male mit „Germany“ antworten. In so ziemlich allen Rektionen war daraufhin eine Herzlichkeit und eine Freude zu spüren, die über die übliche amerikanische Freundlichkeit hinausgeht und eigentlich nur einen Schluss zulässt: Deutschland hat in den USA einen verdammt guten Ruf. Zum Teil geht das sicherlich auf die Renaissance deutscher Kultur in den USA zurück, Bier und Backwaren sind mehr als Lebensmittel, eher Trends, und die grundsätzliche Kompetenz der Deutschen in der Herstellung dieser Güter wird überall anerkannt. Außerdem wird in wirklich jedem noch so kleinen Kaff zur Zeit ein „Oktoberfest“ abgehalten. Aber auch bei ganz anderen Belangen ist Zuneigung gegenüber Deutschland zu spüren, so zum Beispiel bei der Berichterstattung über die Asylpolitik. Die Aufnahme von Tausenden von Flüchtlingen aus Österreich waren Big News und die deutsche Humanität wurde von den Menschen allseits bewundert, die Schließung der Grenzen kurze Zeit darauf wurde hingegen kaum registriert. Spätestens an diesem Punkt wurde mir die Zuneigung für Deutschland ein wenig unheimlich. Zeit sich zu fragen, woher der gute Ruf Deutschlands in den USA eigentlich herrührt.


An dieser Stelle möchte ich daher eine These anbringen: Deutschland ist in den USA so beliebt, weil die neuere Geschichte Deutschlands den amerikanischen Traum wie eine Aufführung der Augsburger Puppenkiste aussehen lässt. Vom Tellerwäscher zum Millionär? Kinkerlitzchen! Deutschland war nicht nur irgendein Jungchen, geboren in arme Verhältnisse, gefangen in unverschuldeter Unmündigkeit. Nein, Deutschland war ein verurteilter Schwerverbrecher, ein richtiges Badass, das zwar schon lange ziemlich dick im Geschäft war, aber mit mehr als zweifelhaften Mitteln. Kaiserreich und der 1. Weltkrieg – Deutschland war zwar groß und mächtig, aber im Kern seines Wesens eher ein Slumlord und ein Gangster, als ein strahlender Held. Und dann kam der 2. Weltkrieg und die Unmenschlichkeit der Shoa. Deutschland wurde besiegt, in Nürnberg verurteilt und gelobte Besserung.
Und Deutschland lieferte. Angetrieben von einem unermüdlichen Arbeitseifer, Innovations- und Schaffenskraft und endlich mit der richtigen moralischen Einstellung gesegnet schaffte Deutschland den Aufstieg. Vom Schwerverbrecher zum Millionär. Und dann die Wende und die Wiedervereinigung, ein friedlicher Sieg über den verhassten sozialistischen Feind. Deutschland hatte sich nicht nur gebessert, war endlich beseelt durch ein integeres Volk, nein, nach 1989 war es zudem der lebende Beweis für die Überlegenheit des Kapitalismus über den Kommunismus. Ein Deutschland mit einem Politik- und Wirtschaftssystem, das den Deutschen nicht mehr nur nach der Niederlage aufgezwungen wurde, nein, das sie jetzt auch wirklich wollten, aus tiefstem Inneren, und dafür sogar die Gefahren einer gewaltsamen Niederschlagung ihrer Proteste auf sich nahmen, wie es zuvor in anderen kommunistischen Regimen geschehen war. Und danach? Das Märchen ging weiter, Deutschland wuchs weiter, prosperierte und mehrte seinen Wohlstand, übernahm seine Verantwortung und eine Führungsrolle in der EU und auch wenn man sich nicht immer einig ist – Deutschland ist heute groß, selbstständig, hat seine üble Vergangenheit hinter sich gelassen und betreibt Charity, wie der humane Umgang mit den Flüchtlingen geradezu beweist.

Was für ein Märchen! Der amerikanische Traum, galore. Vom Schwerverbrecher zum gütigen Milliardär. Kein Wunder, dass Deutschland in den USA so beliebt ist. Außerdem gab es ja auch noch einen Geburtshelfer – die USA, ohne die diese Märchengeschichte nicht möglich gewesen wäre. Ein erfolgreiches und integeres Deutschland wirft also immer auch ein gutes Licht auf die USA. Da ist die Neigung groß, alles Deutsche in ein etwas besseres Licht zu rücken. Wenn es nach den USA geht, den Platz an der Sonne hat Deutschland sicher. Sich vom Glanz blenden lassen – in einer Welt von Hollywood und Fox News passiert das ja eh niemandem.

USA – Die Nationalparks im (Mittleren) Westen

Die Nationalparks im mittleren Westen der USA sind einzigartig und wahnsinnig schön. Sie sind völlig zu Recht so beliebt bei Touristen aus der ganzen Welt. Doch was erwartet einen wo? Wir haben uns für euch durch all unsere Fotos gewühlt, um die schönsten herauszusuchen und euch einen kleinen Überblick zu geben. Viel Spaß!

Peter und Arches

I. Yosemite Valley

Unsere Rundreise beginnt im Yosemite Valley, einem der überlaufendsten Nationalparks in den USA. Ihr wollt ohne Reservierung einen Campingplatz unten im Valley aufsuchen? Vergesst es lieber. Das kleine Tal ist nunmal nicht allzu groß und damit auch noch ein bisschen Natur übrig bleibt, muss man die Zahl der Campingstellplätze unter den gefühlten 5000 halten, die hätten vermietet werden können. Durchaus nachvollziehbar bei dem kleinen, wirlich gut versteckten Naturkunstwerk – ein flaches, etwa 800 Meter breites Tal, das von Steilwänden umragt wird, die sich auch mal 1000 Meter über einem auftürmen. Dazu noch der wirklich beeindruckende Half Dome – ein Berg von einem Steinbrocken, der über dem Tal thront. Wer keinen Stellplatz im Tal ergattern konnte, sollte trotzdem nicht traurig sein, man kann ja für einen Spaziergang sein Auto unten parken und ansonsten außerhalb des Valley, aber noch auf Nationalparkgebiet, parken. Dieses umfasst nämlich noch viel mehr wunderschöne Natur und wirklich verdammt viele Wanderwege. Für Yosemite alleine könnte man eine Woche Wanderurlaub einplanen und langweilig würde einem dabei sicherlich nicht werden. Nur Eichhörnchen sollte man hier nicht füttern (wie woanders selbstverständlich auch nicht), schließlich haben Eichhörnchenflöhe vor kurzem ein paar Reisende mit der Pest infiziert. Ja, es gibt sie noch und ja, mittlerweile ist sie heilbar. Will man aber trotzdem nicht haben, also schön die Nüsschen selbst naschen und nix abgeben.

Iron Dome

Eva Yosemite

II. Death Valley

Mitten im Sommer durch die Wüste fahren? Kann man machen, machen auch viele. Mitten im Sommer in der Wüste übernachten? Kann man auch machen, machen aber kaum Leute. Wir haben für euch getestet, warum. Überraschenderweise ist es heiß, sehr heiß. Selbst nachts rutscht das Thermometer oft nicht unter 30 Grad. Man schwitzt sich buchstäblich den Arsch ab und der Ratschlag, jede Stunde mindestens einen Liter Wasser zu trinken, sollte tatsächlich eingehalten werden. Ansonsten beeindruckt das Death Valley aber durch einen beeindruckenden Sternenhimmel, viel Leere zum Starren und einen unfassbar heißen Wind. Nicht umsonst heißt eine der wenigen Oasen hier „Stovepipe wells“, also Ofenrohr. Außerdem kann man mit etwas Glück bei 60 Meter unterhalb des Meeresspiegels Koyoten beobachten.

death valley

III. Zion Canyon

Der Zion Canyon ist ziemlich genau das, was man sich unter dem Prototyp eines Canyons vorstellen kann. Steil aufragende Felden links und rechts eines kleinen Bächleins, dass sich nach starken Regenfällen irgendwo fernab im Gebirge plötzlich zu einem reißenden Strom verwandeln kann. Grandiose Ausblicke vom Rande des Canyons – sobald man einmal die lächerlichen paar hundert Meter nach oben geklettert ist. Von dort erscheint einem Zion tatsächlich wie ein Vorbote des Paradieses: Mitten in kargem Land fließt frisches Wasser und alles wirkt grüner, lebendiger als in den wunderschönen, aber schroffen Sandsteinlandschaften, durch die man sich gerade bei 35°C aufwärts gequält hat. Der Zion Nationalpark ist zwar nicht wirklich groß, aber groß genug für ein ganzes Wochenende ist er allemal. Es gibt genug Wanderwege, sodass man auch nicht zwingend den ziemlich überlaufen wirkenden Pfad nach Angels Landing gehen muss. Definitv ein Kleinod, wenn auch kein wirklich verstecktes.

Zion Nationalpark

Zion Nationalpark 2

IV. Bryce Canyon

Hat jemand von euch schon einmal das sächsische Elbsandsteingebirge gesehen? Oder die Feenkamine bei Göreme in der Türkei? Dann habt ihr einen Eindruck von Bryce Canyon. Anders als der Name vermuten macht ist Bryce nämlich gar nicht wirklich ein Canyon, sondern eine Abbruchkante an einem Hochplateau. Eine Abbruchkante mit hunderten Felsnadeln aus glühend rotem Sandstein! Der Anblick ist wirklich beeindruckend, besonders vom Inspiration Point, der hoch über einem Halbrund dieser als „Hoodoos“ bezeichneten Felsnadeln liegt. Auch eine Rundwanderung durch die hoch aufragenden Felsen ist beeindruckend, wenn auch durch das ständige auf und ab etwas mühsam. Hat man Aussichtspunkt und Wanderung hinter sich, liegen die Sehenswürdigkeiten von Bryce Canyon schon hinter einem. Ein Nationalpark, der ohne Probleme an einem Tag erkundet werden kann.

Bryce Canyon Nationalpark

Bryce Canyon 2

V. Monument Valley

Die meisten Menschen haben (mindestens) einen Ort auf der Welt, den sie in diesem Leben unbedingt einmal mit eigenen Augen sehen wollen. Das kann der Mount Everest, Ankor Wat, das Great Barrier Reef oder auch das Grab von Franz Kafka sein, in jedem Fall besteht ein tiefer innerer Zwang, diesen Ort unbedingt sehen zu müssen. Nicht zu wollen, nein zu müssen, will man zum Ende seines Lebens mit heiligem Ernst sagen können, dass alles irgendwie auch ganz ok gewesen ist. Für mich war einer dieser Orte das Monument Valley. Diese großen, glühend leuchtende Tafelberge haben mich fasziniert, seitdem ich zum ersten Mal ein Bild davon gesehen habe. Lucky me, ich bin dort gewesen. Abgesehen davon, man bei einer solchen Überhöhung naturgemäß immer etwas voreingenommen ist, ist der Navajo Tribal Park (Monument Valley ist Teil des Navajo-Reservats) eine Stippvisite durchaus wert. Viel machen kann man zwar nicht – die einzige Aktivität besteht in einer 40 km langen, staubigen und löchrigen Sandpiste, die man mit seinem Auto abfahren kann – aber allein der Blick auf diese Berge ist sowas von beeindruckend. Mehr braucht es gar nicht. Das man nebenbei seine Devisen bei einem Indianerstamm ausgibt, der offensichtlich nicht den einfachen Weg des Casinobaus zur Bekämpfung der Armut gegangen ist, kann man getrost als positiven Nebeneffekt betrachten.

Monument Valley

Peter und Monument Valley

VI. Mesa Verde

Mesa Verde ist ein Hochplateau, nur ein Teil davon ist ein Nationalpark. Hier siedelten gut versteckt bis ungefähr 1300 n.Chr. Familien vom Stamm der Pueblo First Nation. Irgendwann im 13. Jahrhundert verschwanden die Menschen plötzlich, bis heute ist nicht genau geklärt, warum. Wahrscheinlich gab es eine lange Dürreperiode, in deren Folge alle Wasser- und Holzressourcen aufgebraucht wurden, was die Menschen schließlich dazu zwang, ihre Häuser zu verlassen, alles aufzugeben und weiterzuziehen. Wer sich mehr als eine der kunstvoll an den Fels geklebten Behausungen ansehen möchte, sollte sich im Visitorcenter ein Ticket für eine der zahlreichen Führungen kaufen. Frei zugänglich ist nur eine Felsstadt.
Wanderwege gibt es in Mesa Verde nur wenige, aber die paar Kilometer, die ausgebaut sind, reichen, um einen Einblick über die karge, aber schöne Landschaft auf der Hochebene zu gewinnen, die immer wieder von Canyons durchzogen wird. Außerdem kann man sich noch ein paar Peroglyphen ansehen.

Mesa Verde

Mesa Verde 2

VII. Arches

Der Arches-Nationalpark liegt am nördlichen Rand von Mormonistan (Utah), in der Nähe der Stadt Moab und ist ein Abenteuerspielplatz in beeindruckender Kulisse. „Arches“ sind natürliche Brücken, die Wind und Wasser in den roten Sandstein erodiert haben. Wandern im Arches Nationalpark bedeutet, von Stein zu Stein zu springen und Wegen zu folgen, die nur mit Steinhäufchen markiert sind. Das macht natürlich wahnsinnig viel Spaß, strengt in der Hitze aber auch wahnsinnig an. Beliebtestes Ziel ist der so genannte „Delicate Arch“, der so exponiert in der Gegend rumsteht, dass er aus der Masse der Bögen herausragt. Der Wanderweg hierhin geht über einige Kilometer über den blanken Fels, ohne das geringste Fitzelchen Schatten. Wir waren zum Glück an einem halbwegs bewölkten Tag dort, sonst wäre die Hitze wohl wirklich unerträglich gewesen.
Ansonsten lohnt sich Arches für Kinder jeden Alters.
Die Region um Moab ist grundsätzlich eine Reise wert. Das Städtchen ist als Outdoormekka bekannt, man kann hier klettern, raften und Mountainbiken. Die Campingplätze und Motels sind daher entsprechend beliebt.

Arches Natonalpark 1

Arches 2

VIII. Canyonlands

Die Canyonlands sind ein riesiger, weitläufiger Nationalpark in der Nähe von Moab. Einige Bereiche der Canyonlands können nur mit Jeeps und anderen geländegängigen Wägen befahren werden. Hier ist Wüste angesagt. Schon morgens um 8 Uhr brennt die Sonne vom Himmel und es gibt keinen Schatten. In den ersten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts wurde hier Uran gefördert, deswegen ist die Ödnis bis heute mit einem Netz von Schotterpisten durchzogen. Früher fuhren dort die LKWs, heute kommen Jeepfahrer aus ganz Amerika hierhin, um endlich mal Gas geben zu können.
Daneben gibt es eine wahre Fülle von Wanderwegen. Einen davon haben wir getestet, was uns die bisher anstrengendste Wanderung der Reise beschert hat. Es war heiß, die Sonne hat gebrannt und wir mussten einen Canyon erst runter- und dann wieder hochsteigen. Ein Teil des Weges ging einen „Wash“ hoch, also ein Flussbett, was nur nach Regenfällen Wasser führt. Da es in diesem Teil der USA im Sommer immer wieder zu Gewittern und lokalen Regenfällen kommt, muss man dort ein wenig aufpassen.
Auch dieser Nationalpark ist sehr beeindruckend, längere Wanderungen sollte man aber nur mit ausreichend Wasser im Gepäck und wenn möglich am Morgen bzw. Vormittag durchführen.

Canyonlands 1

Canyonlands 2

IX. Sequoia National Park

Im Sequoia Nationalpark gibt es eine ganz klare Hauptattraktion: Bäume. Riesenhafte Mammutbäume, die im Englischen Redwoods und in einer alten amerikanischen Sprache Sequoias genannt werden. Die werden hier größer als irgendwo anders auf der Welt, wobei aber fein säuberlich aufgeteilt wird, welcher der vielen Sequoias denn der höchste, der voluminöseste oder der mit dem dicksten Durchmesser ist. Jaja, alles nicht so eindeutig, das mit dem Größten.

In jedem Fall ist der Sequoia Nationalpark durchaus mit einigen ansehnlichen Exemplaren ausgestattet, die man sich auf einem ultrarollstuhlgerechten kurzen Weg anschauen kann. Das mit den rollstuhlgerechten Wegen können die USA, das muss man Ihnen lassen. Außerdem gibt es noch einige andere, längere Wege und ganz in der Nähe ist sogar ein 4000m hoher Berg, der allen Bekundungen nach der mit am einfachsten zu besteigende 4000er weltweit sein soll. Nur einen Tag eingewöhnen sollte man sich davor auf etwa 2500 Meter, wegen der Höhenkrankheit. Langsam geht es zum Sequoia nämlich nicht bergauf, in 20 Meilen Anfahrt klettert man mal eben 2000 Meter in die Höhe. Oben gibt es dafür wundervolle alpine Landschaften, Rehe, die einen aus 2 Meter Entfernung blöd anglotzen und wirklich absurde Bäume, die einfach mal eben weiterleben und weiterwachsen, auch wenn das letzte große Feuer den halben Stamm weggefräst hat. So siehts aus: Der Jungbrunnen ist keine Badewanne, sondern ein 50m hoher und ebenso viele Tonnen schwerer Baum. Na dann.

Über der Baumgrenze im Sequoia

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X. Grand Canyon

Der Grand Canyon ist groß. Wirklich groß. Ich meine er ist so groß, dass man allein 4 Stunden fahren muss, um von seinem Nordrand zu seinem Südrand zu gelangen. Außenrum, versteht sich, denn eine Straße führt nicht nach unten. Nur zwei Pfade vom Süden aus und einer vom Norden, dessen obere Kante gut 300m höher liegt, als die des South Rim. Daher schneit es am Nordrand, ungefähr auf der Höhe Nordafrikas, auch deutlich mehr als am Südrand, bis zu 4 Meter im Jahr, und der nördliche Zugang zum Grand Canyon ist im Winter geschlossen. Es ist sowieso der ruhigere und beschaulichere Teil des Nationalparks, dessen südliches Ende mit McDonalds & Konsorten, eigenem Flughafen und einer eigenen Zugstrecke (in den USA!!) aufwartet, um die gut 4 Millionen Besucher pro Jahr durchzunudeln. Wobei ruhig und beschaulich nicht bedeutet, dass man im Nirgendwo und ohne Infrastruktur darben muss – eine Lodge, ein Café, ein General Store und eine Tankstelle ist auch hier zu finden. In seinen dezenten Ausprägungsformen wünsche ich mir die Infrastruktur der Nationalparks in den USA wirklich überall, wo man gerne wandern will. Außerdem am Nordrand des Grand Canyon zu finden: Ein paar mäßig spannende Wanderwege, tolle Aussichten und eine große Bisonherde. Letztere wollte ein Farmer mit Kühen kreuzen, was irgendwie doch nicht funktioniert hat. Jetzt fressen und trinken die Bisons den anderen Tieren die Lebensgrundlage weg und keiner weiß so recht, was er mit den Tierchen anfangen soll. Tjo.

Dass es mit dem Kreuzen von Tieren auch besser funktionieren kann, kann man am South Rim und am Grund des Grand Canyon beobachten. Denn ohne Mulis, die den beschwerlichen Weg zur Phantom Ranch, einer Lodge und einem Campground ganz unten am Colorado River, mit allerlei Gepäck auf sich nehmen, wäre ein Abstieg und eine Übernachtung nach 12 km Wegstrecke und 1400 Höhenmeter sicher weniger angenehm. Schließlich sorgen die Packtiere dafür, dass man auch auf der Ranch noch ein kühles Biertje trinken kann, bevor man sich am nächsten Morgen in aller Herrgottsfrühe wieder auf den Weg nach oben macht. Und früh sollte man aufstehen, damit man auf dem Bright Angel Trail aufwärts noch die meiste Zeit im Schatten laufen kann. Andernfalls darf man sich getrost darauf einstellen, bei gefühlten 50° im Devil’s Corkscrew, einem von mehreren fiesen Aufstiegsstellen, rösten zu lassen. Egal, weiter, immer weiter. Denn abgesehen vom Gefühl, einmal bis zum Grund des Grand Canyon und wieder hoch gelaufen zu sein, wartet am obersten Rand des Canyons im General Store ja noch eine andere Großartigkeit: Ein Erdnußbuttereis.

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Beweisbild: Am Grunde des Grand Canyon

Beweisbild: Am Grunde des Grand Canyon

Oregon

Was sagt es eigentlich über ein Land aus, wenn es sich nicht nur ein Nationalsäugetier (Biber), einen Nationalbaum (Douglas-Tanne), ein Nationalkrustentier (dungeness crab) und ein Nationalgetränk (Milch) erwählt, sondern auch eine Nationalmikrobe? Es bedeutet einiges – wenn denn diese Nationalmikrobe ausgerechnet die Brauhefe ist.

  • Strand am Cape Blanco
Nun bin ich ja was Bier angeht eher ein Purist – gebt mir ein Augustiner und ich bin glücklich – dennoch muss ich nach einem Besuch in Oregon sagen, dass auch die Menschen hier leckeres Bier brauen. Auch wenn es nicht immer das hält, was es verspricht: Das „Hefeweizen“ schmeckt zwar lecker, aber nicht nach Hefe und das „Kölsch“ nicht so schnell abgestanden wie das original Kölner Kölsch. Anders ist eben oft auch besser. In Portland jedenfalls werden die amerikanischen Varianten derselben ebenso oft ausgeschenkt wie IPA, Summer Ale oder auch „Radler“, gerne auch mal mit einem Snack auf „Sauerteig“-Brot. So viele deutsche Worte wie zur Zeit haben sich wohl selten zuvor in die englische Sprache eingenistet – und besser als „Weltschmerz“ oder „Blitzkrieg“ sind sie allemal.

Aber weg von der Sprache und zurück zu Oregon. Nur auf Craft Bier sollte man diesen Staat nämlich auf keinen Fall reduzieren, auch wenn die Oregonesen (?) so stolz auf ihr zweites Nationalgetränk sind, dass sie den Genuss desselben sogar in Parks, Stränden und Biergärten zulassen, in denen auch gleichzeitig geraucht werden darf. Für die Zustände, die ich bislang in den USA erlebt habe, muss diese liberale Geisteshaltung eigentlich fast schon der Vorhort der Hölle sein. Und dann dürfen die Oregoner (??) auch noch legal kiffen – wenn das nicht der Satan persönlich angeordnet hat…

Egal, denn die landschaftliche Vielfalt in Oregon könnte man dafür im Gegenzug geradezu als himmlisch bezeichnen. Es gibt den übriggebliebenen Krater eines Supervulkans, der nun ein 500m tiefer See mit absurd blauem Wasser ist, eine Insel im ultratiefen, aber nicht soo großen See inklusive. Es gibt ausgedorrte Steppen und lichte Tannenwälder im Inland und eine 400 Meilen lange und geradezu aberwitzig schöne Küste. Man findet putzige kleine Städtchen wie Astoria und eine angenehm unamerikanische Großstadt mit Portland, die nicht aus einem abgestorbenen Wolkenkratzerwüsten-Downtown samt Suburbs besteht und zu Fuß und mit einem wirklich guten öffentlichen Nahverkehrssystem (sorry Seattle) besichtigt werden kann. Und es ist günstig, verglichen mit Californien und Washington zumindest.

Auch auf die Gefahr hin mich fast schon wie das Fremdenverkehrsamt der Oregoni (???) anzuhören – eine Reise durch Oregon wäre allein schon den Flug über den großen Teich wert.

Alaska, Teil zwei

Hier nun, mit weniger weichem Hirn, der zweite Teil des großen Alaskareiseberichts.

Wie ich im ersten Teil schon sagte, kann man Anchorage aus touristischer Sicht beiseite lassen. Die Halbinsel, die sich an Anchorage anschließt, lohnt aber einen Besuch. Leider hatten wir sehr schlechtes Wetter und wenig Zeit, so dass wir nur ein wenig am Turnagain-Arm entlang gefahren sind. Eigentlich wollten wir uns einen Gletscher ankucken, der in einen See kalbt, aber das Wetter hat uns leider einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber allein schon der Blick aufs eisblaue Gletscherwasser war beeindruckend. Außerdem sieht der Pazifik hier aus wie die Nordsee und als Norddeutsche bekomme ich dann sofort Heimweh und will ganz viele Fotos von grauem Schlick machen.

Wir sind dann also weiter Richtung Süden gefahren, am Wrangell St. Elias Nationalpark vorbei. Falls ihr mal 300 Dollar übrig habt, macht doch einen Gletscherrundflug und erzählt mir, wie der Blick so war, ich hatte dafür leider nicht das nötige Kleingeld. Das ist leider die Kehrseite der Medaille. Die USA an sich sind schon teuer, in Alaska zahlt man dann zusätzlich noch drauf. Nehmt bloß genug Geld mit. Dafür kann man aber in Alaska in der Regel auf jedem Parkplatz entlang der Highways nächtigen und dadurch Geld sparen, wenn es einem nichts ausmacht, direkt an der Straße zu schlafen. Aber ich schweife ab. Am Wrangell Nationalpark vorbei fuhren wir zum Kluane Nationalpark. Dieser liegt dann wieder im Yukon, aber das macht ja nichts. Der Kluane ist nicht ganz so überlaufen wie die anderen Nationalparks in der Ecke und bietet Wandermöglichkeiten und schöne Ausblicke. In Haines Junction (mit ca 250 Einwohnern übrigens eine der größten „Städte“ im Yukon) kann man ganz ausgezeichnete Cranberriescones essen, was man auf gar keinen Fall versäumen sollte.
Ansonsten ist das große Highlight hier der Highway zwischen Haines Junction und Haines, welches dann wieder in Alaska liegt. Man fährt über 1000 Meter hohe Passstraßen und die Landschaft ist beeindruckend karg und gleichzeitig voller Leben. Das klingt furchtbar kitschig, ist aber wirklich so.

Haines selbst ist eine kleine entspannte Stadt am Wasser, die zum Glück nur recht selten von Kreuzfahrtschiffen heimgesucht wird. Hier kann man wunderbaren geräucherten Lachs kaufen, es gibt tatsächlich einen bezahlbaren Campingplatz mitten in der Stadt und die Wanderung auf den Hausberg Mount Ripinsky ist zwar hart anstrengend (vorallem mit Höhenangst), aber der Blick auf die umliegenden Gletscher und das Meer entschädigt für die Qualen.

Da ein Abstecher nach Juneau zeitlich nicht drin war, sind wir dann mit der Fähre weiter nach Skagway gefahren. Hier erlebt der geneigte Besucher, was passieren kann, wenn man 5-6 riesige Kreuzfahrtschiffe auf ein kleines Städtchen loslässt. Es ist verstörend. Die ganze Stadt quillt über mit Rentnern und Menschen, die schon mit 35 im geistigen Rentenalter sind und jedes zweite Haus beherbergt einen garantiert authentischen Goldrauschjuwelenladen.
Wir haben diesen Ort so schnell wie möglich hinter uns gelassen. Hinter Skagway wird es dann nämlich wieder sehr sehr schön. Der Highway schlängelt sich wieder auf über 1000 Meter in die Höhe und die Landschaft ist noch beeindruckender als auf der kanadischen Seite zwischen Haines Junction und Haines. Dieser Abstecher hat sich definitiv gelohnt.

Alaska / Yukon / British Columbia – Der endgültige Vergleich

Die Svejdahorntravelagency hat die erste große Etappe des Abenteuers Panamericana erfolgreich hinter sich gebracht: Vier Wochen lang sind wir durch den äußeren Nordwesten des nordamerikanischen Kontinents gereist. Dabei lagen drei Provinzen bzw. (Bundes-) Staaten auf unserem Weg und wenngleich alle drei sich in vielen Punkten ähneln und durch eine gemeinsame Geschichte untrennbar miteinander verbunden sind (Stichwort Goldrausch), so sind doch auch viele kleine und große Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen zu beobachten. Zeit für einen durch und durch ernstgemeinten und in seiner Objektivität unvergleichlichen Vergleich in den wirklich wichtigen Reisekategorien.

Facilities: Drei Worte: Free hot showers! Welche Wonne sie versprechen. Welch verheißungsvoller Schauder über den Rücken kriecht. In einer Lebensrealität, in der „Zuhause“ mit vier Rädern und einem Motor, dafür jedoch nicht mit fließendem Wasser oder WLAN verknüpft wird, sind gut ausgestattete und saubere Campingplätze und Cafés mehr als eine Annehmlichkeit – sie sind schlichtweg eine Notwendigkeit. Zum Glück sind alle drei Staaten in dieser Hinsicht bemerkeswert gut aufgestellt. Gut, natürlich findet man nicht in jedem kleinen Provincial Park in der tiefsten Pampa ein Wasserklosett, aber ehrlich gesagt wäre das auch etwas zu viel verlangt. Wie zur Hölle sollte eine solche Infrastruktur in einem so dünn besiedelten Land denn finanziert und der Aufwand dafür gerechtfertigt werden können? Außerdem sind die Plumpsklos eigentlich immer sauber und top gepflegt. Genauso wie die öffentliche Parkanlagen und die dortigen facilities. Einzig British Columbia bekommt in dieser Hinsicht einen Punkt abgezogen: Ich erwarte ja nicht, dass mich aus jeder Latrine gleich der Charmin-Bär freundlich hüftschwingend anspringt und mit mir einen Mambo tanzen will, aber etwas mehr als eine einzige durchscheinende Lage könnte das Toilettenpapier dort auf den öffentlichen WCs schon haben. Auch die kostenlosen warmen Duschen gibt es leider längst noch nicht überall und auch das zur Verfügung gestellte WLAN ist meistens nur eingeschränkt benutzbar, insgesamt ist die Infrastruktur jedoch zufriedenstellend. Vielleicht wird es ja auch noch besser, wenn auf manchen der überall, wirklich überall anzutreffenden Golfplätzen (es gibt Golfplätze am nördlichen Polarkreis, wer denkt sich sowas eigentlich aus?) noch ein Sendemast oder eine Kläranlage gebaut wird. Bis dahin erhalten AK und Y.T. schonmal 2 Punkte und B.C. 1 Punkt.

Flora & Fauna: Beeindruckend. Einfach beeindruckend. Vergesst all die Grizzlies, Elche, Fuchswelpen, Präriehunde, Bisons oder Caribous, die euch hier scheinbar hinter jeder Highwaykreuzung vor die Augen rennen. Am Allerbeeindruckendsten ist immer noch das Fireweed. So schön lila. Und so selten. Kaum zu finden in einem 2000km-langen Korridor von der Mitte von B.C. bis zur Mitte Alaskas. Das muss man einfach fotografieren, wenn man es sieht. An jedem verdammten Rastplatz… Abgesehen von dieser Schönheit, die es immerhin auf die Flagge der Yukon Territories geschafft hat und die scheinbar der Hauptanreisegrund für Trillionen Renterinnen gewesen ist, scheint sich die Natur oben im Nordwesten vor allem darauf versteift zu haben, möglichst frühzeitig wieder aus dem Leben scheiden zu wollen. Anders kann ich mir all die Präriehunde und Kleinvögel nicht erklären, die kurzerhand auf den Highway rennen, paralysiert stehen bleiben, zurück rennen, sich wieder umentscheiden, nur um dann stilecht genau in der Mitte der Achse von unserer treuen Rosinante überrollt zu werden. Echt jetzt, Lemminge sind nix gegen das Artic ground squirrel, ein Herzkasper garantiert. Dabei hat sich vor allem die Strecke zwischen Whitehorse und Dawson City im Yukon hervorgetan, weswegen diese Provinz sich wegen massiver Gesundheitsgefährdung der Nerven der Agency leider auch mit einem Punktabzug konfrontiert sieht. Damit bekommen B.C. und AK 3 Punkte und der Yukon 2 Punkte in dieser Kategorie.

  • Fuchs am Rande des Highway

Folklore: Wann genau war eigentlich diese Zeit, in der Museumspädagogik sich vor allem darauf verstanden hat, Plastikpuppen und Plastiktiere in einer nachgebauten Plastikwelt zur Schau zu stellen? War das überhaupt jemals state of the art? Und wieso muss bis heute selbst in so renoviert klingenden Institutionen wie dem Royal British Columbia Museum immer noch der Plastikmuff der vergangenen Jahrzehnte herumstehen? Wieso steht in einer der beliebtesten Sehenswürdigkeit in Fairbanks ein alter Raddampfer, in dem 30-40 Vitrinen ausgestellt werden, in denen es ausschließlich Eisenbahnmodellbau zu sehen gibt? Wieso muss man das alte Goldgräberstädtchen Skagway so mit Kreuzfahrtschiffen und ihren Gästen zuscheißen, dass die meisten Ladengeschäft mittlerweile Diamantjuweliere sind? Fragen, auf die mir zumindest keine guten Antworten einfallen. Große Ausnahme ist Dawson City im Yukon, dass als Gesamtkunstwerk irgendwo zwischen charmant verrottet und liebevoll restauriert verortet werden kann. Zwar fehlen auch hier im örtlichen Museum die scheinbar allgegenwärtigen Plastikpuppen nicht, dennoch bekommen die Y.T. für dieses Kleinod zumindest 1 Punkt, während B.C. und AK mit 0 Punkten nach Hause geschickt werden.

  • Folklore, Alaska style

Seafood: Gut, vielleicht mag es zunächst etwas unfair erscheinen, aber leider haben die Yukonesen nunmal keinen Pazifikzugang. Klare Sache, gibt erstmal Punktabzug. In Alaska und in British Columbia sieht das schon anders aus. Umso reichhaltiger die Fischküche, wobei es anscheinend vor allem der Heilbutt ist, der nebem dem in allen drei Provinzen allgegenwärtigen Lachs die Speisekarten dominiert. Naja, ich mag ja lieber Kabeljau. Daher bekommt British Columbia einen Sonderpunkt. Schließlich heißt der Bundesstaat nicht umsonst so – in der Hauptstadt Viktoria gibt es einfach vorzügliche Fish n‘ Chips. Und Sushi. Wirklich, in diesem Leben werde ich kein großer Freund des Sushi mehr, aber die deep fried california rolls, die mir im Tatsu Bistro serviert wurden waren einfach so gut- ich glaube jetzt kann ich erst recht nirgendwo anders mehr Sushi essen gehen. Daher bekommt B.C. 3 Punkte, AK 2 Punkte und die Y.T. für den Lachs zumindest noch 1 Punkt.

Fish n' Chips in Victoria

Fish n‘ Chips in Victoria

Trinkgewohnheiten: Nunja, Nordamerika bleibt nunmal Nordamerika. Alkohol scheint hierzulande einfach nicht so sehr zur kulturellen Identität zu gehören. Wie sonst ist es zu erklären, dass man sich nicht einfach ein kühles Helles kaufen und damit an den Strand spazieren kann? Stattdessen: Trinkverbote. Besonders British Columbia ist in dieser Hinsicht ein Beispiel an Widersprüchlichkeit, wie ich schon einmal bei einem Beitrag über Vancouver darstellte. Medizinisches Canabis – ja, Shots trinken – ja, Bierchen am Strand – nein. Die Logik will mir einfach nicht in den Kopf gehen, ist aber bedauerlicherweise in jedem der drei Staaten anzutreffen. Eine weitere Schwierigkeit stellen die Trinkzeiten dar. Bei mir ist es normalerweise ja nunmal so, dass ich auch unter der Woche lieber um 22 Uhr nochmal auf 2 Biertje in die Kneipe springe und dann eben um halb eins rausgekehrt werde. Zu den normalen Schließzeiten eben. Um 22 Uhr haben hierzulande die Kneipen aber oftmals schon zu. Kein Scherz. Da kann man froh sein, wenn am Wochenende mal eine Lokalität bis zwölf auf hat und unter der Woche nicht schon um neun schließt. Mehr als einmal standen mein Bierdurst und ich so vor verschlossenen Türen. Bemerkenswerte Ausnahme ist dabei ausgerechnet das dünnbesiedelste Gebiet, der Yukon. In Whitehorse standen die Menschen vor dem Dirty Northern um 22 Uhr Schlange, in Dawson schloß um elf zwar die großartige Westminster Hotel Bar hinter uns die Pforten, glücklicherweise hatte aber das nicht minder großartige Bombay Peggy’s Pub noch für ein paar Stündchen länger seine Pforten geöffnet. Vor diesem Hintergrund hat sich der Yukon auf jeden Fall einen Sonderpunkt verdient. Einen Extrapunkt Abzug hingegen verdient sich British Columbia für seine 10% Sondersteuer auf Alkohol und nochmal dreimal mehr für die Tatsache, dass die Preise auf der Karte allermeistens ohne Steuern ausgezeichnet sind. Verbraucherschutz, anyone? Immerhin nennt British Columbia halt auch Vancouver sein eigen und damit die Mezqualeria, die 33 acres Brauerei und viele andere tolle Läden. Somit holt es seinen Abzug auch gleich wieder rein. Unterm Strich stehen damit Ak und B.C. bei 1 Punkt und die Y.T. bei 2 Punkten.

Öko-Bonus: Die deutsche Leitkultur steht für so viele wundervolle Dinge – Goethe, Beethoven, Flüchlingswohnheime anzünden oder Mülltrennung. Dachte ich zumindest, bis ich nach Kanada gereist bin, denn hier wird Mülltrennung noch einmal auf die Spitze getrieben. Überall stehen (mindestens) zwei Mülleimer rum, einen für Müll und einen für recyclebares Material. Manchmal stehen aber auch bis zu zehn Behälter an einem Ort und das einzige, das man (noch) nicht finden kann, scheint ein eigener Container für Altschnur zu sein. Achja, auch eine andere urdeutsche Errungenschaft haben sich die Kanadier längst zu eigen gemacht, das Dosenpfand. Und selbst wenn es hier nur bei ausbaubaren 2 Cent pro Dose oder Pfandflasche liegt, sind dieselben von der Gesellschaft weggeworfenen Randgruppen wie in Deutschland dabei, die Reste der Wegwerfgesellschaft für ihr persönliches Überleben zu nutzen. Dafür gibt es in B.C. anscheinend steuerfinanzierte, freie Krankenversicherungen und das ist für ein nordamerikanisches Sozialsystem eher revolutionär….. anderes Thema. Dazu vielleicht wann anders ein paar Bemerkungen. Auf jeden Fall verdient sich auch in puncto Öko British Columbia einen Sonderpunkt, den für Existenz einer Kampagne gegen Laufenlassen des Motors nämlich. Eine völlig schwachsinnige Sache, die ich noch nie verstanden habe. Wenn du aus deinem Auto aussteigst, dann machh es doch verdammt nochmal aus davor. Das führt bzw. fährt doch zu nix, außer natürlich zu verpesteter Luft, verbranntem Geld und ein paar Äonen mehr Treibhausgasen. Gefühlt war die Alaskaner hierbei besonders schlimm, aber vielleicht irre ich mich auch. Auf jeden fall verdient sich Alaska in Kombination mit der Tatsache, dass dort riesige Wohnmobile von der Größe eines Lastenschleppers Jeeps hinter sich an der Änhängerkupplung hinterher ziehen, einen Minuspunkt. Ich meine ok, manche Menschen haber dort einfach nur dieses mobile Zuhause und kein Haus oder keine Wohnung, aber irgendwo hört es mit der Riesenhaftigkeit, der Schwere und mehr Power auch mal auf. Immerhin hat Alaska aber auch unfassbar große und unfassbar viele Nationalparks, die man mit seinen fahrbaren Tourbussen besichtigen kann. Daher bekommt AK in dieser Kategorie zumindest noch 1 Punkt, die Y.T. hingegen 2 Punkte und B.C. 3 Punkte.

Endabrechnung: Keine Ahnung, bestimmt kommt irgendein Ergebnis raus, wenn man jetzt die einzelnen, willkürlich verteilten Punkte zusammen zählen würde. Mir zumindest ist dieses Ergebnis ziemlich egal. Fakt bleibt so oder so, dass mir diese erste Etappe durch den Nordwesten Nordamerikas all das gebracht hat, was ich von ihr erwartet habe: Gold, Bären, Lachs und unendlich weite und leere Landschaften. Sie hat mir auch Dinge offenbart, die ich hier nicht vermutet oder überhaupt für möglich gehalten hätte – die Kolibris und der Regenwald, Wohnmobile von den Außmaßen eines Gigaliners oder freundliche Grenzbeamte der USA. Wenn unsere weitere Etappen auch so verlaufen sollten, dann bin ich jedenfalls verdammt glücklich darüber, mich für diese Reise entschieden zu haben.

Auf den Spuren der Goldgräber

Ich habe gesehen, dass ich den dritten Teil meiner Reisekolumne für die Stuttgarter Zeitung noch gar nicht online gestellt habe. Na so etwas aber auch.

In diesem Teil geht es um den Goldrausch am Klondike und seine Bedeutung für die Geschichte Kanadas und der USA.

Einst trieb es Tausende in den Norden Kanadas. Noch heute wird in Dawson City geschürft. Unsere Kolumnistin Eva Horn hat sich am Zusammenfluss von Yukon und Klondike vorgestellt, wie es früher war.

Dawson City – Während ich diesen Text schreibe, sitze ich in dem Auto, das seit ungefähr fünf Wochen mein Zuhause ist. Ich habe aufgehört zu zählen, wie viele Stunden ich hier drin verbracht habe, aber es sind viele. Das Auto ist unser Kleiderschrank, unser Schlafzimmer, unsere Küche und nicht zuletzt unser Fortbewegungsmittel. Mehr als 6000 Kilometer haben wir schon zurück­gelegt, haben es über einsame Pässe und Straßen über die Yukon-Territorien nach Alaska geschafft. Im Gegensatz zu den meisten anderen Campern haben wir keinen Wohn­wagen der Größe eines Gigaliners, trotzdem ist unsere Art des Reisens geradezu luxuriös, im Vergleich mit den Widrigkeiten, die Menschen vor 120 Jahren auf sich nahmen, um an den Yukon oder nach Alaska zu reisen.

Bei eisiger Kälte sind sie über tief verschneite Pässe gelaufen, oft mit ihrem kompletten Hausstand auf dem Rücken. Nur die Wohlhabenderen konnten sich einen Träger leisten. Schon die Überfahrt von der amerikanischen Westküste gen Norden war gefährlich, zahlreiche Schiffswracks entlang der Küste zeugen davon. Heute kann man auf dem Highway unkompliziert reisen (wenn man von Schlaglöchern und anderen Straßenschäden absieht) und die beeindruckende, raue Landschaft auf sich wirken lassen. Lediglich das Sitzfleisch wird auf eine harte Probe gestellt.
Im Jahre 1897 hatten die Reisenden anderes im Sinn als Landschaft und wilde Tiere zu betrachten. Man hatte an einem Nebenfluss des Yukon, dem Klondike River, größere Mengen Gold gefunden. Diese Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer und trieb mehr als 100 000 Glücksucher in den hohen Norden, löste den letzten großen Goldrausch der Geschichte aus und machte den Klondike River und Dawson City zu einem Mythos. Das Leben der indigenen Bevölkerung der Region änderte sich innerhalb weniger Jahre tiefgreifend. Viele Menschen starben an Krankheiten, die die Siedler einschleppten. Auch die Lebensweise der Stämme veränderte sich.

Nach und nach wird uns bewusst, wie wichtig die verschiedenen Goldräusche für die kanadische und amerikanische Geschichte sind. Überall finden sich Überbleibsel dieser Vergangenheit, manche werden kreativ genutzt. Lehrtafeln erzählen vom Leben der indigenen Bevölkerung, von Goldsuchern, Nachtclubtänzerinnen und ganzen Familien, die in den Norden wanderten. Bis heute wird in der Region Gold geschürft, mit immer moderneren Methoden, um dem Gestein noch das letzte bisschen Goldstaub abzutrotzen. Auch Touristen dürfen an einigen Claims Gold schürfen, also versuchen auch wir unser Glück.

Dawson City ist heute ein lebendes Museum mit 1600 Bewohnern. Viele Häuser von damals sind stehen geblieben und wurden zum Teil aufwendig restauriert. Im Sommer dauert der Tag bis zu 21 Stunden, alles blüht, wächst und gedeiht, und die Stadt ist gefüllt mit jungen Menschen aus Vancouver oder Toronto, die in den Restaurants, Bars und Museen arbeiten. Genug Zeit für uns, in den Kneipen von Dawson Bier zu trinken und uns zu überlegen, welcher Goldsucher wohl vor 120 Jahren auf unserem Platz saß.

An dieser Stelle könnt ihr den Originaltext auf der Seite der Stuttgarter Zeitung nachlesen.

Alaska, Teil eins.

Wir sind gerade in Summerland, Okanagan, dem heißesten Fleckchen Kanada. Ausgerechnet hier, bei über 30 Grad schreibe ich nun also mit halb aufgeweichtem Hirn einen Text über Alaska. Challenge exepted.

Eva Denali

Alaska, das heißt in erster Linie: Ganz viel Natur, viele Highwaykilometer und wenig Menschen. Nicht ganz so wenige wie im Yukon, aber trotzdem, Alaska ist weit davon entfernt, dicht besiedelt zu sein. Und das ist auch gut so. Fairbanks und Anchorage, die beiden mit Abstand größten Städte des Landes, bestechen in erster Linie durch ihre Hässlichkeit. Anchorage musste in den 1960er Jahren nach einem schweren Erdbeben mehr oder weniger über Nacht wieder aus dem Boden gestampft werden und das sieht man der Stadt auch an. Es gibt es paar ganz schöne Parks aber das wars dann auch schon. In erster Linie gibt es viele Supermärkte und sonstige Infrastruktur, die man braucht, um sich möglichst lange wieder in der Natur aufhalten zu können. Außerdem gibt es ein paar Kinos und wir haben sogar eine passable Cocktailbar gefunden. Ansonsten gilt: Lebensmittel in Alaska sind teuer, Essen gehen ist noch teurer.

Fairbanks besticht in erster Linie durch zwei große Armee- bzw Luftwaffenstützpunkte, außerdem dient die Stadt als Drehscheibe für den Weg weit in den Norden. Auch hier gibt es zahlreiche Supermärkte und andere Infrastruktur.

Kommen wir nun zu den schönen Seiten Alaskas, die außerhalb der Städte zu finden sind. Schon die Einreise über den „Top of the World“ Highway ist ein Erlebnis. Man fährt ganz weit oben durch menschenleere Gebirgszüge, die Landschaft ist karg und unendlich weit. Die Grenzstation ist lediglich im Sommer geöffnet und liegt am ungefähr höchsten Punkt der Passstraße. Für US-amerikanische Grenzbeamte sind die Menschen dort unfassbar freundlich und entspannt.

Auf dem Weg gibt es nur eine Tankstelle und auch sonst außer ein paar Goldschürferhütten keine Zeichen von Zivilisation und so ist man froh, dass es in Tok, einem typischen hässlichen amerikanischen Straßenkreuzungsdorf, zahlreiche Tankstellen und einen Supermarkt gibt.

Aber ich wollte ja von der Natur erzählen. Da ist zunächst natürlich der Denali, Alaskas wohl bekanntester Nationalpark. Er liegt direkt am Highway zwischen Fairbanks und Anchorage und ist entsprechend leicht zu erreichen. Das merkt man, denn es ist VOLL mit Rentnergruppen aus aller Welt, die anscheinend kollektiv beschlossen haben, dass der Besuch des Denali zu einem gelungenen Ruhestand unbedingt dazu gehört. Mit großem Glück bekommen wir den letzten Platz auf dem riesigen Campingplatz am Eingang des Denali. Unseren Shuttlebus in den Nationalpark hinein haben wir in weiser Voraussicht schon ein paar Tage vorher im Internet gebucht.
Für den Denali sollte man sich unbedingt ein paar Tage Zeit nehmen, haben wir gehört. Ich kann das nur so weitergeben. Wir waren 2,5 Tage im Nationalpark unterwegs. Die genauen Modalitäten, Eintrittspreise und Shuttlebusse kann man auf der wirklich ausführlichen und pädagogisch wertvollen Homepage nachlesen.

Peter_Denali

Am ersten Tag laufen wir ein paar Kilometer in der Nähe des Eingangs und stehen plötzlich vor der parkeigenen Schlittenhundzucht. Die tägliche Show ist gerade zu Ende gegangen und die Hunde werden gefüttert. Vor einem Käfig ist eine größere Menschentraube: SCHLITTENHUNDWELPEN!!1! Ich mag ja Hunde ja eigentlich gar nicht so gerne, aber Schlittenhunde schon. Und Welpen noch viel mehr. In Gedanken sehe ich mich schon die Rangerinnen ablenken und mit einem putzigen Haufen Hund den Park verlassen, entscheide mich aber im letzten Moment dagegen, diesen Plan umzusetzen. Die süßen Dinger sind schließlich Profis und brauchen professionelles Training.

Am nächsten Tag warten wir dann auf den Shuttlebus, der uns (und ein paar der oben schon erwähnten RenterInnen) in den Nationalpark hineinfährt. Privat-PKWs dürfen nur die ersten 20 km auf der einzigen Straße, die in den Park hineinführt, fahren, danach geht es nur noch mit einem der Busse weiter. So sitzen wir also 3 Stunden in dem Bus, der immer wieder langsamer fährt, weil irgendwo „Wildlife“ zu sehen ist. Die meisten Menschen warten sehnsüchtig auf ihre Chance, einen Grizzlie in freier Wildbahn zu sehen. Wir hingegen wollen in erster Linie am Endpunkt des Busses ankommen, denn dort wollen wir querfeldein wandern gehen. Wir fragen also nach guten Routen und laufen schließlich einen riesigen Strom entlang. Die Flüsse in Alaska sind in der Regel weit ausgebreitet, dass Flussbett ist mehrere Kilometer breit. Während wir durch das steinige Flussbett stolpern, sehe ich plötzlich einen Grizzlie, zum Glück mehrere 100 Meter entfernt. Der Bär interessiert sich zum Glück nicht die Bohne für uns und quert das Flussbett. Ich schwanke zwischen „OH MEIN GOTT ein Grizzlie wie toll!!“ und „OH MEIN GOTT ein Grizzlie, hoffentlich kommt er nicht näher!!“. Das Tier ist riesig und wir bleiben angemessen beeindruckt zurück. Nachdem der Bär nicht mehr zu sehen ist, wagen wir uns wieder zurück zur Bushaltestelle. Da wir keinen kleinkindgroßen Fotoapparat besitzen, gibt es leider kein Foto davon.

Auf dem Rückweg sehen wir nochmal einen Bären, diesmal ein deutlich kleineres Tier. Die Menschen im Bus sind beeindruckt und ihre meterlangen Fotoapparate klicken wie wild. Ihr Tag war erfolgreich, denn sie haben einen Bären gesehen.

Am dritten Tag entscheiden wir uns, mit dem Auto die erlaubten 20 km in den Park hineinzufahren und dort wandern zu gehen. Der Weg entpuppt sich als wunderschöne, aber auch anstrengende Gebirgswanderung mit schönen Panoramaausblicken. Als wir nach dem Rückweg gerade ins Auto einsteigen wollen, wird es um uns herum laut und Menschen zücken ihre riesigen Fotoapparate. Wir sehen uns um und tatsächlich: Ein Rentier mit beeindruckendem Geweih läuft nur wenige Meter an uns und den anderen Touristen vorbei.

Rentier

Wir haben Glück, am nächsten Tag ist das Wetter launisch, es regnet in regelmäßigen Abständen und wir fahren weiter Richtung Anchorage.