Ich habe gesehen, dass ich den dritten Teil meiner Reisekolumne für die Stuttgarter Zeitung noch gar nicht online gestellt habe. Na so etwas aber auch.
In diesem Teil geht es um den Goldrausch am Klondike und seine Bedeutung für die Geschichte Kanadas und der USA.
Einst trieb es Tausende in den Norden Kanadas. Noch heute wird in Dawson City geschürft. Unsere Kolumnistin Eva Horn hat sich am Zusammenfluss von Yukon und Klondike vorgestellt, wie es früher war.
Dawson City – Während ich diesen Text schreibe, sitze ich in dem Auto, das seit ungefähr fünf Wochen mein Zuhause ist. Ich habe aufgehört zu zählen, wie viele Stunden ich hier drin verbracht habe, aber es sind viele. Das Auto ist unser Kleiderschrank, unser Schlafzimmer, unsere Küche und nicht zuletzt unser Fortbewegungsmittel. Mehr als 6000 Kilometer haben wir schon zurückgelegt, haben es über einsame Pässe und Straßen über die Yukon-Territorien nach Alaska geschafft. Im Gegensatz zu den meisten anderen Campern haben wir keinen Wohnwagen der Größe eines Gigaliners, trotzdem ist unsere Art des Reisens geradezu luxuriös, im Vergleich mit den Widrigkeiten, die Menschen vor 120 Jahren auf sich nahmen, um an den Yukon oder nach Alaska zu reisen.
Bei eisiger Kälte sind sie über tief verschneite Pässe gelaufen, oft mit ihrem kompletten Hausstand auf dem Rücken. Nur die Wohlhabenderen konnten sich einen Träger leisten. Schon die Überfahrt von der amerikanischen Westküste gen Norden war gefährlich, zahlreiche Schiffswracks entlang der Küste zeugen davon. Heute kann man auf dem Highway unkompliziert reisen (wenn man von Schlaglöchern und anderen Straßenschäden absieht) und die beeindruckende, raue Landschaft auf sich wirken lassen. Lediglich das Sitzfleisch wird auf eine harte Probe gestellt.
Im Jahre 1897 hatten die Reisenden anderes im Sinn als Landschaft und wilde Tiere zu betrachten. Man hatte an einem Nebenfluss des Yukon, dem Klondike River, größere Mengen Gold gefunden. Diese Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer und trieb mehr als 100 000 Glücksucher in den hohen Norden, löste den letzten großen Goldrausch der Geschichte aus und machte den Klondike River und Dawson City zu einem Mythos. Das Leben der indigenen Bevölkerung der Region änderte sich innerhalb weniger Jahre tiefgreifend. Viele Menschen starben an Krankheiten, die die Siedler einschleppten. Auch die Lebensweise der Stämme veränderte sich.
Nach und nach wird uns bewusst, wie wichtig die verschiedenen Goldräusche für die kanadische und amerikanische Geschichte sind. Überall finden sich Überbleibsel dieser Vergangenheit, manche werden kreativ genutzt. Lehrtafeln erzählen vom Leben der indigenen Bevölkerung, von Goldsuchern, Nachtclubtänzerinnen und ganzen Familien, die in den Norden wanderten. Bis heute wird in der Region Gold geschürft, mit immer moderneren Methoden, um dem Gestein noch das letzte bisschen Goldstaub abzutrotzen. Auch Touristen dürfen an einigen Claims Gold schürfen, also versuchen auch wir unser Glück.
Dawson City ist heute ein lebendes Museum mit 1600 Bewohnern. Viele Häuser von damals sind stehen geblieben und wurden zum Teil aufwendig restauriert. Im Sommer dauert der Tag bis zu 21 Stunden, alles blüht, wächst und gedeiht, und die Stadt ist gefüllt mit jungen Menschen aus Vancouver oder Toronto, die in den Restaurants, Bars und Museen arbeiten. Genug Zeit für uns, in den Kneipen von Dawson Bier zu trinken und uns zu überlegen, welcher Goldsucher wohl vor 120 Jahren auf unserem Platz saß.
An dieser Stelle könnt ihr den Originaltext auf der Seite der Stuttgarter Zeitung nachlesen.