Wie man in Kanada ein Auto kauft.

Ein Roadtrip ohne Auto ist kein Roadtrip und entsprechend ist die Suche nach einem geeigneten Auto eine ziemlich wichtige Sache.
Wir haben gerade unseren – hoffentlich – treuen Gefährten in Vancouver gekauft. Nachfolgend findest du ein paar Tips, Anregungen und Hinweise.

1.) Was für ein Auto macht für dich überhaupt Sinn?

Du solltest dir, bevor du ein Auto kaufst, überlegen, welche Sorte Auto für deinen Reiseplan das Richtige ist. Klingt einfach, ist es aber oft gar nicht. Willst du in deinem Auto schlafen oder nicht? Wie viele Kilometer muss es durchhalten? Wie werden die Straßen beschaffen sein, auf denen du vorhast zu fahren? Bist du Automechanikerin oder hast du keine Ahnung von Autos?

In unserem Falle ist es so, dass das Auto ein paar Kilometer durchhalten muss, also haben wir versucht, eines mit möglichst wenigen Kilometern auf dem Zähler zu finden. Außerdem wollten wir ein Auto haben, was entlang der Strecke halbwegs gebräuchlich ist, damit man in Werkstätten nicht 2 Monate auf die entsprechenden Ersatzteile warten muss. Platz für zwei Personen (auch zum schlafen) und Gepäck sollte es bieten und außerdem nicht allzu alt sein, da wir uns die Option offen halten wollen, das Auto auch in anderen Ländern als Kanada verkaufen zu können. Bei älteren Autos kann das schwierig werden, bei neueren ist es wohl auf Grund des NAFTA-Abkommens zumindest in Mexiko kein Problem.

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2.) Hilfe, wo finde ich überhaupt ein Auto?

Es gibt drei verschiedene Möglichkeiten, deinen fahrbaren Untersatz zu finden. Erstens, du suchst bei craigslist oder kijiji nach Autos in deiner Region, die zu deinem Profil, was du unter 1.) herausgefunden hast und zu deinen preislichen Vorstellungen passen. Dort gibt es entweder Autos von Privatpersonen oder von Händlern. Du rufst dann bei den Leuten an, vereinbarst einen Termin und schaust, ob dir der Wagen taugt. Woran du das erkennst, erkläre ich später.
Zweitens, du gehst zu einem der zahlreichen Gebrauchtwarenhändler, erklärst ihm deine Anforderungen und schaust, was er (oder sie) für dich hat. Der Vorteil beim Gebrauchtwarenhändler ist, dass die Autos in der Regel durchgecheckt und repariert werden, bevor sie verkauft werden. Dadurch sind sie meistens etwas teurer, aber man muss nach dem Kauf wahrscheinlich erstmal nichts mehr investieren. Eine Garantie oder ähnliches gibt es aber auch bei Händlern meistens nicht.
Drittens: Du kaufst ein Auto von einer anderen Travellerin. Dafür gibt es auf Facebook spezielle Gruppen, die du in der Facebooksuche finden kannst. Vorteil hier: Das Auto ist schon (teilweise) umgebaut und eingerichtet und du musst nicht mehr so viel Ausrüstung kaufen. Nachteil: Du kaufst den Wagen von privat und somit gibt es keinerlei Haftung für eventuelle Schäden oder Dinge, die du erst später bemerkst.

Wir haben uns für Möglichkeit Nummer 3.) entschieden, weil gerade ein Auto, das unseren Wünschen – hoffentlich – ziemlich genau entsprach, von anderen Travellern zum Verkauf angeboten wurde. Hätte das nicht geklappt, wären wir wohl zu einem Händler gegangen.

3.) Panik! Woran erkenne ich überhaupt ein gutes Auto?

Nunja, ich bin kein Automechaniker und kein Hellseher, von daher kann ich dir auch keine 100% sicheren Tips geben, sondern nur aufzählen, worauf wir beim Kauf geachtet haben.

  • Das Auto zeigt keine oder nur wenige Spuren von Rost
  • Der Motor und alles andere unter der Motorhaube ist sauber, nicht siffig und rostfrei
  • Beim Fahren macht das Auto keine komischen Geräusche, es raucht nicht und holpert nicht
  • Die Bremsen funktionieren gut und ohne Probleme
  • Es gibt eine Dokumentation, in der aufgeschrieben wurde, was alles schon an dem Auto repariert wurde
  • Das Auto leckt nicht (Du siehst auf dem Boden, wo es stand, keine komischen Flecken)

Letztendlich musst du aber auf deinen gesunden Menschenverstand vertrauen und auch ein bißchen darauf, dass dir die Verkäufer keinen Scheiß erzählen. Am Besten, du fährst mit dem Wunschwagen zu einer der vielen Werkstätten und lässt einen Servicecheck machen. Das kostet meistens so um die 70 $ (je nach dem, was du mit der Werkstatt ausmachst), vermittelt dir aber eine gute Vorstellung davon, wie es unter deinem Auto aussieht (den Rest sieht man halt wirklich meistens selbst).
Wenn du dir nicht sicher bist, schlaf lieber eine Nacht über deine Entscheidung. Wenn du dir sicher bist, dann schlag ein, aber vergiss nicht, vorher den Preis zu verhandeln.
Bist du dir mit dem Verkäufer einig geworden, folgt Punkt 4.

4.) Und wie kaufe ich jetzt das verdammte Auto? Und wie war das jetzt mit der Versicherung?

Also zunächst achtest du bitte darauf, dass ihr einen ordentlichen Kaufvertrag abschließt. Vordrucke findest du wie immer in diesem Internet. Wichtig ist, dass der Kaufpreis, das Datum, die Vehicle Number und Unterschriften von Käufer und Verkäufer auf dem Vertrag stehen. Wie genau ihr das mit der Bezahlung regelt, ist eure Sache.

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Mit diesem Vertrag dackelst du dann (mit dem Verkäufer) zu einer der zahlreichen Versicherungsagenturen (Insuranceagencies). In British Columbia gibt es eine staatliche Autoversicherung, sie hält das Monopol, ist verpflichtend und kostet entsprechend in jeder Agentur das Gleiche. In anderen Provinzen sieht das ganz anders aus, dort kann es unter Umständen große Unterschiede von Versicherung zu Versicherung geben und ein Vergleich lohnt. Möchtest du ein Auto, was nicht in British Columbia zugelassen ist, in British Columbia kaufen und zulassen, wird es nochmal komplizierter. Dann musst du nämlich eine offizielle Inspektion machen lassen, damit das Auto die Provinz wechseln kann. Alter, denkst du jetzt, und ich dachte immer, der deutsche Föderalismus ist anstrengend und kompliziert. Pustekuchen, sage ich, du kennst den kanadischen noch nicht.

Bei der Versicherungsagentur triffst du hoffentlich auf einen freundlichen Menschen, der dir alles erklärt und deine Fragen geduldig beantwortet. Du brauchst deinen Reisepass, deinen Führerschein, eine gültige und gedeckte Kreditkarte und am besten noch einen Nachweis deiner deutschen Autoversicherung, dass du unfallfrei gefahren bist. Außerdem brauchst du eine Postadresse in British Columbia. Aber, don`t panic, ich habe gehört, dass man sich bei UPS ganz leicht eine mieten kann.

Bei der Versicherung musst du unter anderem angeben, ob du vorhast, dein Auto außerhalb von British Columbia zu fahren (sagte ich vorhin etwas vom kanadischen Föderalismus?). Sobald du deine „Heimatprovinz“ verlässt, wird die Versicherung nämlich teurer. Bitte sei hier unbedingt ehrlich, sonst greift deine Versicherung nämlich nicht und das ist im Schadensfall so ziemlich das schlimmste, was dir passieren kann. Ebenfalls solltest du die so genannte „third party coverage“ erhöhen, denn diese liegt nur bei 200.000 Euro und das ist lächerlich wenig, gerade dann, wenn man vorhat, in die USA zu reisen.
Für alle anderen Länder – außer den kanadischen Provinzen und den USA – muss man sich übrigens eine private Versicherung suchen. Hier lohnt dann wieder der Vergleich.

Dann solltest du angeben, für wie lange du die Versicherung abschließen willst. Mit einem Touristenvisum kannst du die Versicherung nicht länger als drei Monate abschließen, du musst also deinen Roadtrip entsprechend planen. Mit abgelaufenem Kennzeichen unterwegs zu sein, ist gar nicht cool und eine Straftat.
Du solltest außerdem bedenken, dass du auf den Kaufpreis deines Wagens (natürlich) auch noch Steuern zahlen musst. Dies sind 12% der Kaufsumme, also nicht eben wenig. Die Steuern zahlst du gemeinsam mit der Versicherung.

Am Ende hast du ungefähr 10 Mal deine Unterschrift irgendwo drunter gesetzt und auch der Verkäufer hat am Anfang unterschreiben müssen, um den offiziellen Kaufvertrag zu bestätigen. Ich habe gehört, dass manche Menschen auf dem offiziellen Kaufvertrag gar nicht die tatsächliche Kaufsumme angeben, um Steuern zu sparen. Ob man so etwas versuchen will, bleibt einem natürlich selbst überlassen.

Die Versicherung und die Steuer zahlst du dann vor Ort für die gewünschte Zeit mit deiner Kreditkarte. Dann bekommst du deine Nummernschilder, die du an dem Auto anbringst. Jetzt kannst du sofort losfahren. Herzlichen Glückwunsch!
Was für Equipment du für einen Roadtrip brauchst und welche Ausgaben sich nicht lohnen, erzähle ich dir zu einem späteren Zeitpunkt. Nämlich dann, wenn ich es selbst herausgefunden habe.

All along the watchtower. #stanleypark #vancity #igersvancouver #kytsch

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Was ich an Deutschland vermissen werde

Noch 4 Tage bis zur Abreise. Zeit, einmal aufzuschreiben, was ich an Deutschland vermissen werde.

1.)Backwaren
Ich nutze gerade jede sich bietende Gelegenheit, Laugengebäck in mich hineinzustopfen. Deutsche Backwaren an sich sind nämlich schon großartig, aber Stuttgarter Laugengebäck ist noch besser und besser wird es einfach nicht. Ich liebe Brötchen und gutes Brot. Als ich im Rahmen meines Studiums ein Jahr in Barcelona verbrachte, vermisste ich nicht viel, aber von jedem Gast ließ ich mir Brötchen aus Deutschland mitbringen. Weil Baguette zwar gut, aber eben keine warme Laugenbrezel mit Butter ist.
Die Jahre, die ich in Stuttgart verbrachte, haben dem Ganzen nurmehr die Krone der Köstlichkeit aufgesetzt. Bäcker Frank, Bäcker Hafendörfer, ich werde euch vermissen!

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2.) Das Wetter
Verehrte Leser_innen, das ist kein Scherz. Hier gibt es Jahreszeiten! Abwechslungsreiches Wetter! Schnee, Regen, Graupel, Sonne, Hagel, Temperaturen von -20 bis +40 Grad! Herbststürme, Sommergewitter, Schneetreiben, Sonnenuntergänge – das Wetter hier ist alles, aber nicht langweilig und deshalb werde ich es vermissen.

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3.) Deutsche Zuverlässigkeit
Deutschland kann furchtbar anstrengend sein. Menschen, die einmal versucht haben, 3 Minuten nach Ende der Öffnungszeiten in einem Einwohnermeldeamt bedient zu werden, wissen, wovon ich rede. In der Regel hat man nämlich keine Chance. Alles läuft nach Plan und alles hält sich an die Regeln. Ich kann davon ausgehen, dass das Einwohnermeldeamt am nächsten Tag pünktlich wieder aufmacht.
In Deutschland kommen Busse meistens pünktlich und es existiert ein Fahrplan, alles ist penibel genau ausgeschildert, es gibt für jeden Scheiß ein Formular und eine Stelle, an die man sich wenden kann. Man könnte sagen, Anarchie in jeder Form ist dem Deutschen fremd. Oft genug verzweifelte ich an der deutschen Liebe zu korrektem Verhalten und Bürokratie. Allerdings ist so alles relativ leicht zu berechnen und es gibt weniger Überraschungen – und das werde ich sicher vermissen.

4.) Die deutsche Bahn
Ja, ich weiß, es ist ungewöhnlich, aber ich mag die Deutsche Bahn. Die meisten Züge fahren pünktlich und wenn nicht, dann kann man sich ein Fahrgastrechteformular ausdrucken, ausfüllen und bekommt problemlos einen Teil seiner Fahrtkosten zurück erstattet. Abgesehen davon sind die Züge meistens sauber, das Personal meistens freundlich und die Sitze bequem. Das Streckennetz der Deutschen Bahn sucht weltweit seines Gleichen, engmaschiger ist kaum ein anderes. Man kommt von Stuttgart aus problemlos mehrmals am Tag und bis spät in die Nacht in alle anderen deutschen Großstädte. Ich mag die Bahn.

5.) Mittelgebirge
Mittelgebirge sind super. Man kann dort prima wandern, ohne alle drei Meter über Skorpione, giftige Schlangen oder anderes Getier zu stolpern, die Wanderwege sind (siehe Punkt 3) perfekt ausgeschildert und in der Regel auch für Menschen mit Höhenangst gut schaffbar. Hinter jeder dritten Ecke steht eine Bank, auf der sich ausgezeichnet Rast machen lässt und Gasthöfe gibt es in nahezu jedem Ort. Man kann beim Wandern ausgezeichnet Greifvögel, Schwalben oder anderes beobachten. Nennt mich spießig, aber ich finde das toll.

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6.) Bier
Auch auf die Gefahr hin, mich unbeliebt zu machen: Ich finde IPAs doof und bevorzuge Pils oder Export. Ich brauche keine exotischen Zutaten oder gar Geschmacksrichtungen, wenn es um meinen geliebten Gerstensaft geht. Deshalb werde ich deutsches Bier vermissen.

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7.) Regionale Köstlichkeiten
Ich bin großer Freund der deutschen Küche, wenn sie denn gut gemacht ist. Ich mag Zwiebelrostbraten, Forelle, Maultaschen und Schnitzel. Entsprechend werde ich natürlich die deutsche Küche vermissen, allerdings warten da ja viele spannende neue Gerichte und Aromen darauf, mich über meinen Abschiedsschmerz hinweg zu trösten.

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Was ich an Stuttgart vermissen werde

Es wird ernst. Der letzte Arbeitstag ist vorbei, bei der Abschiedsfeier wurden die angesammelten Gin-Vorräte erfolgreich vernichtet. Ein letzter Besuch in Bremen stand an und meine Schwester hat sich erfolgreich verheiratet. Die allermeisten Bücher, Platten, Möbel und das restliche Gedöns sind trocken und sicher eingelagert. Zeit an all das zu denken, was mit an meiner Heimatstadt mit Sicherheit fehlen wird.

  • Die Selbstverständlicheit im Zusammenwachsen unterschiedlicher Kulturen. In Stuttgart haben 38% der Bevölkerung einen Migrationshintergrund. Der zweithöchste Wert in Deutschland. Das Schöne aber ist: Durch die lange Tradition als Industriestandort und die Ankunft und das Hierbleiben vieler Gastarbeiter ist das schnurzpiepegal. Natürlich gibt es auch in Stuttgart (und vor allem in ein paar Orten in der Region) Idioten und Alltagsrassismen, wie leider an so vielen Orten. Mir kommt es aber trotzdem vor, als sei dies hier viel weniger der Fall als anderso – weswegen in Stuttgart schon 8000 Menschen gegen Pegida demonstriert haben, als die noch nicht einmal eine einzige Kundgebund hier abhielten.
  • Linsen und Spätzle.IMG_20150525_200408
  • Das Lehen und auch die Imme. Eckkneipen im besten Sinne des Wortes. Das Lehen als Institution im Viertel, das so heißt wie es selbst. Die Imme auf dem besten Weg zum selben Status. Beides verlängerte Wohnzimmer, beide mit Herz für den Bierdurst um zehn Uhr Abends.
  • Meine Arbeit und meine Kollegen. Ich hatte das Glück, dass ich in meinem Studium für jeweils drei Monate in fünf verschiedenen Gebieten der Sozialen Arbeit mit fünf verschiedenen Zielgruppen und in fünf verschiedenen Teams arbeiten durfte. Und zum Schluss dort bleiben konnte, wo es mir am Besten gefallen hat.
  • Deutsches Brot und Deutsches Bier. Ich wüsste nicht, was ich zuerst für die Unesco-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit vorschlagen würde. Wobei, eigentlich doch. Passables Bier habe ich auch schon in anderen Ländern getrunken, aber so ein Kürbiskernbrötchen? Oder ein Sauerteigbrot? Gut, dass zumindest letzteres als Sourdough Bread bei den globalen Foodstern derzeit so angesagt ist.

Eine unvollständige Liste, es gibt noch soviel mehr zu vermissen: Der Kessel. Die Aussicht. Die Weinberge und die Besenwirtschaften. Zwiebelkuchen, Sauerbraten, Maultaschen, Laugenbrötchen (und noch so viel mehr kulinarisches). Der Schloßgarten und die Bärenseen. Das Schwäbische und seine Schimpfwörter: Saubeudel, Grasdaggl und Lombaseggl. Die Bundesliga und meinen VFB, der irgendwann sicher wieder um einen einstelligen Tabellenplatz spielen wird. Viele liebgewonnene Freunde und der Großteil meiner Familie. Mir wird wohl nichts anderes übrig bleiben, als in Zukunft noch das ein oder andere mal in Stuttgart vorbei zu schauen.

Amerika, wir kommen…

Vor einer Woche ist der erste Teil meiner Kolumne „Panamericana“ erschienen. Für die Stuttgarter Zeitung werde ich in unregelmäßiger Folge von unserer Reise, Begegnungen und Erlebnissen berichten.

Im ersten Teil geht es um den organisatorischen Wahnsinn vor so einer Weltreise, Erwartungen an die Reise und um Abschiede:

 

Kann man überhaupt Erwartungen an eine Weltreise haben, ehe sie begonnen hat? Ich sitze zwischen leeren Umzugskartons, die dringend gepackt werden müssen, im Büro wartet mein Nachfolger, der eingearbeitet werden will, Bankvollmachten müssen unterzeichnet, Wohnsitze ab- oder umgemeldet werden, Visumanträge warten auf ihre Beantragung, und ich habe das Gesundheitsamt in den vergangenen Wochen öfter besucht als in all den Jahren zuvor.

Jetzt heißt’s dauernd Abschiednehmen

Jeden Abend verabschiede ich mich von anderen Teilen meines Freundeskreises. Ich verabschiede mich aber auch von meinen Eltern, dem deutschen Frühling, meiner Lieblingslaufstrecke und von Laugengebäck. Und ich verabschiede mich von einem vorgegebenen Tagesablauf, um für ein paar Monate ein ganz anderes Leben zu führen. So stelle ich es mir zumindest vor. Ich werde mich in neuen Situationen behaupten, andere Sprachen sprechen und mir ein neues Frühstück ausdenken müssen. Gemeinsam mit meinem Freund lasse ich Stuttgart hinter mir, um auf der Panamericana den Weg zu unserem Ziel zu machen. Es existieren One-Way-Tickets für uns beide und ein grober Plan.

Mehr nicht. Auch so eine Sache, an die ich mich erst einmal gewöhnen muss in all meiner Liebe zum Organisieren und meiner – vermutlich recht deutschen – Angst vor Überraschungen.

Wie nur kauft man in einem fremden Land ein Auto?

Ich bin froh, wenn es endlich losgeht und wir im Flugzeug sitzen, denn die Reisevorbereitungen scheinen schier endlos zu sein. Und sie machen die Reise zu etwas Abstraktem, über das man ganz viel erzählt und doch gar nicht richtig nachdenken kann. Ich erhoffe mir von den vor uns liegenden Monaten in erster Linie, dass sie einfach passieren, möglichst ohne großen Plan. Dass ich viele verschiedene Menschen und ihre Schicksale und ihre Sicht auf die Welt kennenlerne. Dass ich neue Sachen lerne und mir bisher unbekannte Speisen esse. Dass ich Erfahrungen mache, an die ich mich mein Leben lang gerne zurückerinnern werde. Über einige von ihnen werde ich in unregelmäßiger Reihenfolge in der Stuttgarter Zeitung schreiben.

Bevor es so weit ist, muss ich mich aber mit ganz anderen Dingen auseinandersetzen: Wie kauft man in einem fremden Land ein Auto? Noch dazu, wenn man keine wirkliche Ahnung von Autos hat? Wie macht man Teilen der Familie klar, dass die Wahrscheinlichkeit, zum Opfer eines Bärenangriffs zu werden, zwar vorhanden, aber doch recht klein ist? Welche Sachen packt man in seinen Rucksack, wenn man vom Polarkreis bis hin zum endlos dauernden tropischen Sommer durch alle Klimazonen reisen möchte? Wie überlebt man eigentlich mehrere Monate ohne ein eigenes Sofa? Mit diesen und weiteren Fragen setzen wir uns gerade zum ersten Mal auseinander. Und ich hoffe, dass ich während unserer Reise möglichst viele davon für mich beantworten kann.

An dieser Stelle könnt ihr den Originaltext auf der Seite der Stuttgarter Zeitung nachlesen.

Die Sache mit dem Auto

So sieht es aus:
Wir brauchen für unsere Reise natürlich dringend ein Auto. Dieses soll uns als Wohnzimmer, Schlafzimmer, Homebase und fahrbarer Untersatz dienen, sprich: Es ist ziemlich wichtig, dass wir eines finden. Unsere Ansprüche sind dabei gar nicht so furchtbar hoch: Hauptsache, es ist zuverlässig und man kann darin im Zweifelsfall schlafen.

Problem Nummer eins: Die meisten Reisenden fahren die Panamerciana in der gleichen Richtung wie wir und versuchen dann, ihr Auto nach Ende der Reise irgendwo in Südamerika zu verkaufen. Sprich: Es gibt konstant einige Angebote in Chile, Argentinen oder Perú, aber keine in Nordamerika, was für uns bedeutet, dass wir wahrscheinlich in Vancouver ein Auto von irgendeinem Händler kaufen müssen.

Das bringt uns auch schon direkt zu

Problem Nummer zwei: der Autokauf in Kanada läuft offensichtlich in der Regel problemlos (wenn man halt ein passendes findet). Nach dem Kauf schließt man eine Versicherung ab und danach werden einem die Papiere zugeschickt und man kann losfahren, wenn ich es richtig verstanden habe. Soweit, so einfach. Aber: Woher die Postadressen nehmen, wenn man nirgendwo wohnt? Schließlich ist es wirklich wichtig, dass die Papiere auch tatsächlich bei uns ankommen.

Daher die Frage an euch: Kennt ihr jemanden in Vancouver oder Umgebung, der oder die uns seine Postadresse zur Verfügung stellen könnte?
Und wenn wir gerade schon dabei sind: Habt ihr irgendwelche Tips, wo wir in Vancouver ein reisetaugliches Auto (am liebsten natürlich einen umgebauten Bus) finden könnten? Vielleicht kennt ihr ja auch hier jemanden, der jemanden kennt usw.

Vielen Dank!

Sachdienliche Hinweise werden mit Ruhm, Ehre, salbunsvollen Worten und gerne auch mit einer Postkarte belohnt.

 

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So, here we are, desperately looking for a car for our Panamericana-Trip. In fact, it will be nothing more than our livingroom, sleepingroom, homebase and last but not least our beloved vessel. As said: It`s damn important for us to find one. We don´t have high expectations: Shall be reliable and one should be albe to sleep in there in case of doubt.

Problem one: Most travelers are doing the Panamericana-Thing the same direction as we do what means that one could easily find an vehicle in Chile, Argentina or somewhere else in Southamerica but not in the North. So problably we have to buy it from a normal car retailer somewhere in and around Vancouver which leads us directly to

Problem two: Buying a car in Canada seems to be relatively easy, if i understand correctly. But you will need a postal adress to which they can send the vehicle registration certificate. And this adress needs to be supersave and relieable because we need the certificate to start our trip. But how does one get an postal adress if one does not live anywhere?

This is why we need you guys: Do you know somebody who lives in Vancouver or surroundings and may lend us his or her adress for sending the certificate? Do you know any hints or tricks how to find a car there? Or maybe you know somebody who knows someboby who wants to sell his VW Bus, GMC Vendura, whatever….

anyways, let is know, we would be deeply thankfull for your support.

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Warten auf Godot

Man denkt ja immer, vor so einer Reise muss man ganz viel vorbereiten und kommt vor lauter organisatorischen Dingen zu gar nichts anderem mehr. Ich dachte das jedenfalls immer. Rund zwei Monate vor Abflug muss ich allerdings sagen, bisher haben wir ziemlich viel gewartet. Wir warten auf verschiedene Visa (Danke Kanada), auf Versicherungen und Kündigungsbestätigungen. Die Umzugskartons liegen schon seit einigen Wochen in unserer Wohnung und warten darauf, endlich voll gemacht zu werden. Der Flug ist gebucht und ich habe schon gefühlt vor 3 Monaten angefangen, mich von meinen Freund*innen und Familienangehörigen zu verabschieden. Zwischen all dem lebt man halt weiter, geht weiter zur Arbeit, es wird Frühling.

Natürlich gibt es eine Reihe von Sachen, die wir schon (oder zumindest teilweise) erledigt haben: Diverse Impfungen zum Beispiel. Am Ende meines persönlichen Impfmarathons werde ich nicht nur alle Impfungen aus der Kindheit aufgefrischt haben, sondern auch immun sein gegen Geldfieber, Typhus, Hepatitis A+B und gegen Tollwut.

Eine Langzeitreisekrankenversicherung haben wir auch beide abgeschlossen, ebenso haben wir jetzt internationale Führerscheine.

Und sonst? Ich kaufe nicht mehr so viele Klamotten wie früher, weil ich mir immer sage, dass ich sie eh nicht werde mitnehmen können. Und irgendwann wird sicher auch eine bestimmte Firma verstehen, dass ich mich aus Deutschland verabschiede, ihre Dienste nicht mehr genießen kann und mich aus meinem Vertrag lassen, da bin ich sicher.

Die Reise kommt mir momentan noch sehr weit weg vor. Ich bin gespannt, an welchem Punkt sich das ändert.

Der Masterplan

Ordnung ist das halbe Leben. Oder so ähnlich. In jedem Falle gilt es für jede Form des Urlaubs einige Planungen zu machen. Und durch Planungen werden bestimmte Erwartungen an den Verlauf der Reise aufgeworfen.

OLYMPUS DIGITAL CAMERADiese Erwartungen können dabei auf zwei Arten beschrieben werden. Einerseits werden schon im Vorfeld verschiedene potenziell eintretende Ereignisse berücksichtigt. Dies macht es möglich, sich darauf ausgerichtete Lösungsstrategien zurecht zu legen. Werde ich zum Beispiel krank, dann habe ich eine Krankenversicherung und kann auch in den USA zu einem Arzt gehen ohne mich komplett zu verschulden. Bis zu welchem Grad der Wahrscheinlichkeit eines potentiell eintretenden Ereignisses eine Lösungsstrategie entwickelt wurde bestimmt dabei die Genauigkeit der Planung. Insgesamt ist das eine recht logische und formale Herangehensweise. Sie gibt einem aber auch die Gewissheit, dass man in seinen Planungen vorankommt. Sie macht den Planungsfortschritt messbar.

Andererseits können Erwartungen auch über ihrer Auswirkungen auf das eigene Gefühlsleben beschrieben werden. So kann ich mir zum Beispiel ausmalen, wie es ist, wenn ich in Alaska von einem Bären angefallen werde. Oder ich denke darüber nach wie ich mich fühle, wenn ich mit wehenden Haaren, im Cabrio sitzend, bei strahlendem Sonnenschein über die Golden Gate Bridge nach San Francisco einreite. Die potenziell eintretenden Ereignisse sind mal schöner, mal nicht ganz so schön. Das bedeutet dann aber, dass jegliche Planung auch ein Mittel zur Selbststeuerung und zur Selbstkontrolle ist. Angenehme Dinge will ich geschehen machen, nich so dolle will ich vermeiden. Durch gute Planung kann ich also nicht nur beeinflussen was mir passiert, sondern auch, wie es mir geht.

Klar ist aber auch: Bei einer 7 Monate langen Reise kann viel mehr passieren, als man vorab berücksichtgen könnte. Das macht die Planung einerseits mangelhaft und andererseits zu einem willentlich herbeigeführten Kontrollverlust. Und trotzdem ist gerade das der spannende Punkt: Das Ungefähre, das im besten Sinne Unerfüllte.

Es ist eine Binsenweisheit, dass nicht alles im Leben planbar ist. Eine wohlbegründete Ahnung zu haben und vorbereitet zu sein – gut, das ist wichtig. Letzten Endes ist es aber genauso wichtig, die Dinge zulassen zu können. Darauf zu vertrauen, dass man im Zweifel auch ohne Vorbereitung für jede Situation gewappnet ist. Dieses Selbstbewusstsein macht aus einem Plan noch etwas vielfach besseres: Einen Masterplan.