10 Fragen an Eva

Nachdem es vor ein paar Tagen die Antworten von Peter auf zehn Fragen von Eva gab, hier nun die lange erwarteten Antworten von Eva auf Peters Fragen.

Hallo Eva. Neun Monate warst du auf dem nordamerikanischen Kontinent unterwegs und hast sicher einiges zu erzählen. Zu Anfang eine unvermeidliche Frage: Wo war es am Schönsten?
Gute Frage, ich weiß es nicht. Am beeindruckensten fand ich den Blick vom Top of the World Highway im Yukon Richtung Norden. Wo dir bewusst wird, dass da ab jetzt wirklich nichts menschliches mehr kommt, keine Siedlung, keine Goldsucher, nichts. nur Gebirge und irgendwas ewiges Eis. Überhaupt, Ewiges Eis, ich fand es auch sehr beeindruckend, über Grönland bzw die Arktis zu fliegen und würde dort eigentlich gerne mal hin.

Was würdest du sagen – welche Dinge könnte der gemeine Europäer / Deutsche sich vom gemeinen Nord – und Mittelamerikaner gerne mal abgucken?
Uhm, vom gemeinen Kanadier kann man sich so ungefähr alles abkucken 😉 Freundlich, entspannt, ehrlich, herzlich, liberal – so müssten viel mehr Menschen drauf sein und die Welt wäre plötzlich ein besserer Ort. Daran glaube ich fest. Außerdem finde ich es faszinierend, dass es alle Nationen schaffen, sich so am Bus anzustellen, dass es kein Gedränge und Gezerre gibt. Nur in Deutschland funktioniert das nie. Ich finde, dass könnten wir uns auch mal abkucken.

Und andersrum – was darf gerne jenseits des große Teichs bleiben bzw. sollte sich vielleicht auch dort schleunigst ändern?
Die Unselbstständigkeit mancher Menschen in Lateinamerika. Ich kann es nicht verstehen, wie man alles mögliche einfach nur starrend ertragen kann, ohne laut zu werden und mal zu fragen, was das eigentlich soll. Als wir in Nicaragua stundenlang auf der Fähre gewartet haben und sie einfach nicht losfuhr, immer mehr Leute reindrängten und niemand in der Lage war, irgendwas zu organisieren, da bin ich echt halb wahnsinnig geworden.

Was denkst du, an welche Momente wirst du dich in 5 Jahren noch mit einem Lächeln, Schmunzeln oder Schaudern erinnern?
Lächeln muss ich immer noch, wenn ich daran denke, wie du los bist, um den Waschbären aus nächster Nähe zu betrachten und er dir an dein Bein gestuppst hat und dein Gesichtsausdruck danach – Zucker!
Schaudern lässt mich diese Situation, als wir mit dem letzten Sprit und bei schwächer werdendem Tageslicht im Dschungel in Oaxaca unterwegs waren. Auch wenn sich letztlich alles in wunderbares Wohlgefallen aufgelöst hat, möchte ich das nicht nochmal erleben.

Welche Aspekte des Langzeitreisens wirst du, jetzt da du wieder in Deutschland bist, nicht wirklich vermissen?
Haha, ganz klar, das ständige Packen von Kofferraum und Rucksack. Das nervt SO HART.

Was ist an einem Leben in Deutschland, gerade im Vergleich zu einem Leben in den Ländern, die du besichtigt hast, vielleicht doch gar nicht so schlecht?
Deutschland ist ordentlich und geregelt. Das ist manchmal furchtbar anstrengend und nervig, aber man kann sich darauf verlassen. Wenn das Amt um 7 Uhr aufmachen soll, macht es um 7 auf, nicht fünf Minuten früher, nicht fünf Minuten später. Grundsätzlich finde ich das recht angenehm, gerade im Vergleich zu anderen Ländern, wo man sich eben auf gar nichts verlassen kann, Könnte mir vorstellen, dass das Leben so ganz schön anstrengend sein kann. Allein schon, wie viel sinnlose Lebenszeit man mit Warten vergeudet, das regt mich ja in Deutschland schon auf.

Was war deine kulinarischen Highlights und was würdest du kein zweites Mal mehr zu dir nehmen wollen? Oh Gott, Highlights, das ist jetzt aber wirklich fies, ich kann mich so schwer entscheiden. Der Lachs frisch geräuchert in Alaska ist toll, Sushi aus Vancouver, dann natürlich die Fischtacos auf der Baja California und Tlayudas in Oaxaca. Es gibt es fast nichts, was ich nicht nochmal essen wollen würde, aber die krosse Schweinehaut, die es in ganz Mittelamerika gibt, ist nicht meine, muss ich nicht nochmal haben.

Wenn es jedoch um zweite Male geht: Welche Orte würdest du gerne noch mindestens noch gerne ein zweites Mal sehen? Vancouver, Vancouver, Vancouver – beste Stadt der Welt im besten Land der Welt. Und ich würde gerne nochmal in Oaxaca an die Küste, irgendwie waren wir da zu kurz finde ich.

Und umgekehrt – welche Orte sind deiner Meinung nach überbewertet und lohnen vielleicht gerade mal eine Stippvisite?
Puh, gute Frage. Man sollte auf keinen Fall zu viel Zeit in Fairbanks und Anchorage verbringen – die Städte sind längst nicht so schön wie die Landschaft. Und Costa Rica, klar, ist schön, beeindruckend, tolle Tiere, kann man mal machen, aber nochmal hin würde ich da nicht. Zu teuer, zu viele komische andere Touristen. Kam mir stellenweise mehr vor wie ein Vergnügungspark.

Zum Abschluss des großen Rückblicks noch eine letzte, die allerwichtigste Frage: Wohin möchtest du mit mir in den nächsten 5 Jahren reisen?
Auf jeden Fall nach Schweden bzw nach Stockholm, da war ich nämlich noch nie. Ansonsten, wenn ich im Lotto gewinne, unbedingt Island.

Was eine gemeinsame Weltreise für eure Beziehung bedeutet

Ihr fragt euch doch sicher, wie wir uns so vertragen auf unserer Reise. Ich habe mir für ze.tt – dem Onlinejugendzeitungsprojekt (ich liebe die deutsche Sprache) der Wochenzeitung „Die Zeit“, ein paar Gedanken darüber gemacht, welche Herausforderungen einem sich so als Paar auf einer langen Reise begegnen können. Den Text könnt ihr natürlich auch bei ze.tt selbst lesen.

Für meinen Freund und mich hat sich einiges und doch gar nicht so viel geändert, seitdem wir gemeinsam die Panamericana von Alaska bis Panama bereisen. Während wir in Deutschland den größten Teil des Tages getrennt voneinander verbrachten, erleben wir gerade fast alles zusammen. Und das ist – wer hätte es gedacht – nicht immer ganz einfach.

Streit gehört zum Leben dazu – auch auf Reisen

Ich gehöre zu den Menschen, die sich auch mal streiten. Impulsiv wie ich bin, rege ich mich schnell auf – und wieder ab. Ich finde Streiten nicht schlimm, solange beide Seiten bereit zu Kompromissen sind. Wer zwanghaft versucht, jede Unstimmigkeit herunter zu schlucken, wird irgendwann platzen. Das halte ich auch auf unserer Reise so.
Manchmal merke ich aber, dass ich mit einer patzigen Antwort in Wahrheit meine eigene Unsicherheit kaschiere. Wenn ich beispielsweise Angst davor habe, im Dunkeln mit dem Auto unterwegs zu sein, sollte ich das meinem Freund sagen und ihn nicht für unser schlechtes Zeitmanagement verantwortlich machen. Gerade auf Reisen ist es empfehlenswert, ehrlich zu sein und über Ängste und Frust zu sprechen, statt sie zu verschweigen.

Man kann sich nicht so gut aus dem Weg gehen

Man streitet sich ja meistens, wenn man sich nicht aus dem Weg gehen kann. Als wir noch zu Hause waren, konnte ich mal eben für eine Stunde ins Fitnessstudio verschwinden, wenn wir uns auf die Nerven gingen. Auf unserer Reise geht das nicht. Die Folge: Wir streiten uns überwiegend im Auto, wenn wir schon sechs Stunden Fahrt hinter uns haben.
Ich erinnere mich noch, dass sich meine Eltern früher auf langen Fahrten nach einer Weile auch manchmal angeschrien haben. Mittlerweile kann ich das sehr gut nachvollziehen.

Die negativen Charaktereigenschaften des Partners (noch besser) kennenlernen

Ich bin leider mit Leib und Seele Pessimistin. Hinter jeder dunklen Wolke am Horizont wittere ich ein unfassbares Riesengewitter, das alle Straßen überschwemmen und unsere Reisepläne zunichtemachen wird. Lese ich im Internet von Entführungen, überlege ich, wie hoch die Wahrscheinlichkeit wohl ist, dass mir so etwas passiert. Mein Freund hat in solchen Momenten sicher kolossalen Spaß mit mir. Während ich meine pessimistischen Elegien vor der Reise auf mehrere Menschen verteilen konnte, treffen sie momentan fast ausschließlich ihn. In meinem Alltag in Deutschland hatte ich meinen Pessimismus besser im Griff. Die Reise zeigt mir, dass der Weg zur Zenmasterin noch ziemlich weit ist.

Kompromisse, Kompromisse, Kompromisse

Ein weiteres Problem, das auf Reisen besonders akut wird: Was machen wir, wenn die Interessen auseinandergehen? Was, wenn der eine gerade Lust hat auf Stadt und die andere lieber weiter am Strand chillen und surfen will? Wir versuchen in solchen Situationen, einen Kompromiss zu finden, der für uns beide tragbar ist.
Die wahre Kunst ist es, auf lange Sicht so zu planen, dass sich beide Parteien in der Reisegestaltung wieder finden. Egal, wie gut man sich kennt und wie ähnlich die Interessen auch sein mögen, unterschiedliche Wünsche gehören dazu.

Teamplay

Eine weise Freundin sagte einmal, dass man als Paar das Gefühl haben muss, ein gutes Team zu sein. Auf Reisen gilt das ganz besonders, schließlich gibt es jeden Tag viele Situationen, in denen ich mich zu hundert Prozent auf meinen Freund verlassen muss und er sich auf mich. Reisen mit jemanden, der permanent vergisst, seinen Teil der Aufgaben zu erledigen oder ständig zu spät zu Treffpunkten kommt? Schwierig.

Gelassenheit!

Gemeinsame Abende auf der Couch, verkaterte Tage im Bett, zusammen Abendessen – das gibt es gerade alles nicht mehr. Auf unserer Reise haben wir andere Routinen. Das kann für Stress in der Beziehung sorgen, macht aber auch Spaß, wir wollten ja Veränderung. Die größte Herausforderung ist ohnehin die Reise selbst: Wo übernachten wir heute? Wie sicher ist der Weg, den wir fahren? Kann man das essen? Nicht immer gibt es darauf Antworten, die mich zufriedenstellen.
Das Wichtigste, was ich bisher auf unserer Reise gelernt habe: Man muss gelassener werden; sich selbst gegenüber, dem Partner gegenüber und vor allem gegenüber der fremden Umgebung. Das versuche ich mir so oft wie möglich zu sagen, wenn wir uns nach mehreren Stunden Autofahrt mal wieder in die Haare kriegen.

Amerika, wir kommen…

Vor einer Woche ist der erste Teil meiner Kolumne „Panamericana“ erschienen. Für die Stuttgarter Zeitung werde ich in unregelmäßiger Folge von unserer Reise, Begegnungen und Erlebnissen berichten.

Im ersten Teil geht es um den organisatorischen Wahnsinn vor so einer Weltreise, Erwartungen an die Reise und um Abschiede:

 

Kann man überhaupt Erwartungen an eine Weltreise haben, ehe sie begonnen hat? Ich sitze zwischen leeren Umzugskartons, die dringend gepackt werden müssen, im Büro wartet mein Nachfolger, der eingearbeitet werden will, Bankvollmachten müssen unterzeichnet, Wohnsitze ab- oder umgemeldet werden, Visumanträge warten auf ihre Beantragung, und ich habe das Gesundheitsamt in den vergangenen Wochen öfter besucht als in all den Jahren zuvor.

Jetzt heißt’s dauernd Abschiednehmen

Jeden Abend verabschiede ich mich von anderen Teilen meines Freundeskreises. Ich verabschiede mich aber auch von meinen Eltern, dem deutschen Frühling, meiner Lieblingslaufstrecke und von Laugengebäck. Und ich verabschiede mich von einem vorgegebenen Tagesablauf, um für ein paar Monate ein ganz anderes Leben zu führen. So stelle ich es mir zumindest vor. Ich werde mich in neuen Situationen behaupten, andere Sprachen sprechen und mir ein neues Frühstück ausdenken müssen. Gemeinsam mit meinem Freund lasse ich Stuttgart hinter mir, um auf der Panamericana den Weg zu unserem Ziel zu machen. Es existieren One-Way-Tickets für uns beide und ein grober Plan.

Mehr nicht. Auch so eine Sache, an die ich mich erst einmal gewöhnen muss in all meiner Liebe zum Organisieren und meiner – vermutlich recht deutschen – Angst vor Überraschungen.

Wie nur kauft man in einem fremden Land ein Auto?

Ich bin froh, wenn es endlich losgeht und wir im Flugzeug sitzen, denn die Reisevorbereitungen scheinen schier endlos zu sein. Und sie machen die Reise zu etwas Abstraktem, über das man ganz viel erzählt und doch gar nicht richtig nachdenken kann. Ich erhoffe mir von den vor uns liegenden Monaten in erster Linie, dass sie einfach passieren, möglichst ohne großen Plan. Dass ich viele verschiedene Menschen und ihre Schicksale und ihre Sicht auf die Welt kennenlerne. Dass ich neue Sachen lerne und mir bisher unbekannte Speisen esse. Dass ich Erfahrungen mache, an die ich mich mein Leben lang gerne zurückerinnern werde. Über einige von ihnen werde ich in unregelmäßiger Reihenfolge in der Stuttgarter Zeitung schreiben.

Bevor es so weit ist, muss ich mich aber mit ganz anderen Dingen auseinandersetzen: Wie kauft man in einem fremden Land ein Auto? Noch dazu, wenn man keine wirkliche Ahnung von Autos hat? Wie macht man Teilen der Familie klar, dass die Wahrscheinlichkeit, zum Opfer eines Bärenangriffs zu werden, zwar vorhanden, aber doch recht klein ist? Welche Sachen packt man in seinen Rucksack, wenn man vom Polarkreis bis hin zum endlos dauernden tropischen Sommer durch alle Klimazonen reisen möchte? Wie überlebt man eigentlich mehrere Monate ohne ein eigenes Sofa? Mit diesen und weiteren Fragen setzen wir uns gerade zum ersten Mal auseinander. Und ich hoffe, dass ich während unserer Reise möglichst viele davon für mich beantworten kann.

An dieser Stelle könnt ihr den Originaltext auf der Seite der Stuttgarter Zeitung nachlesen.