10 Fragen an Eva

Nachdem es vor ein paar Tagen die Antworten von Peter auf zehn Fragen von Eva gab, hier nun die lange erwarteten Antworten von Eva auf Peters Fragen.

Hallo Eva. Neun Monate warst du auf dem nordamerikanischen Kontinent unterwegs und hast sicher einiges zu erzählen. Zu Anfang eine unvermeidliche Frage: Wo war es am Schönsten?
Gute Frage, ich weiß es nicht. Am beeindruckensten fand ich den Blick vom Top of the World Highway im Yukon Richtung Norden. Wo dir bewusst wird, dass da ab jetzt wirklich nichts menschliches mehr kommt, keine Siedlung, keine Goldsucher, nichts. nur Gebirge und irgendwas ewiges Eis. Überhaupt, Ewiges Eis, ich fand es auch sehr beeindruckend, über Grönland bzw die Arktis zu fliegen und würde dort eigentlich gerne mal hin.

Was würdest du sagen – welche Dinge könnte der gemeine Europäer / Deutsche sich vom gemeinen Nord – und Mittelamerikaner gerne mal abgucken?
Uhm, vom gemeinen Kanadier kann man sich so ungefähr alles abkucken 😉 Freundlich, entspannt, ehrlich, herzlich, liberal – so müssten viel mehr Menschen drauf sein und die Welt wäre plötzlich ein besserer Ort. Daran glaube ich fest. Außerdem finde ich es faszinierend, dass es alle Nationen schaffen, sich so am Bus anzustellen, dass es kein Gedränge und Gezerre gibt. Nur in Deutschland funktioniert das nie. Ich finde, dass könnten wir uns auch mal abkucken.

Und andersrum – was darf gerne jenseits des große Teichs bleiben bzw. sollte sich vielleicht auch dort schleunigst ändern?
Die Unselbstständigkeit mancher Menschen in Lateinamerika. Ich kann es nicht verstehen, wie man alles mögliche einfach nur starrend ertragen kann, ohne laut zu werden und mal zu fragen, was das eigentlich soll. Als wir in Nicaragua stundenlang auf der Fähre gewartet haben und sie einfach nicht losfuhr, immer mehr Leute reindrängten und niemand in der Lage war, irgendwas zu organisieren, da bin ich echt halb wahnsinnig geworden.

Was denkst du, an welche Momente wirst du dich in 5 Jahren noch mit einem Lächeln, Schmunzeln oder Schaudern erinnern?
Lächeln muss ich immer noch, wenn ich daran denke, wie du los bist, um den Waschbären aus nächster Nähe zu betrachten und er dir an dein Bein gestuppst hat und dein Gesichtsausdruck danach – Zucker!
Schaudern lässt mich diese Situation, als wir mit dem letzten Sprit und bei schwächer werdendem Tageslicht im Dschungel in Oaxaca unterwegs waren. Auch wenn sich letztlich alles in wunderbares Wohlgefallen aufgelöst hat, möchte ich das nicht nochmal erleben.

Welche Aspekte des Langzeitreisens wirst du, jetzt da du wieder in Deutschland bist, nicht wirklich vermissen?
Haha, ganz klar, das ständige Packen von Kofferraum und Rucksack. Das nervt SO HART.

Was ist an einem Leben in Deutschland, gerade im Vergleich zu einem Leben in den Ländern, die du besichtigt hast, vielleicht doch gar nicht so schlecht?
Deutschland ist ordentlich und geregelt. Das ist manchmal furchtbar anstrengend und nervig, aber man kann sich darauf verlassen. Wenn das Amt um 7 Uhr aufmachen soll, macht es um 7 auf, nicht fünf Minuten früher, nicht fünf Minuten später. Grundsätzlich finde ich das recht angenehm, gerade im Vergleich zu anderen Ländern, wo man sich eben auf gar nichts verlassen kann, Könnte mir vorstellen, dass das Leben so ganz schön anstrengend sein kann. Allein schon, wie viel sinnlose Lebenszeit man mit Warten vergeudet, das regt mich ja in Deutschland schon auf.

Was war deine kulinarischen Highlights und was würdest du kein zweites Mal mehr zu dir nehmen wollen? Oh Gott, Highlights, das ist jetzt aber wirklich fies, ich kann mich so schwer entscheiden. Der Lachs frisch geräuchert in Alaska ist toll, Sushi aus Vancouver, dann natürlich die Fischtacos auf der Baja California und Tlayudas in Oaxaca. Es gibt es fast nichts, was ich nicht nochmal essen wollen würde, aber die krosse Schweinehaut, die es in ganz Mittelamerika gibt, ist nicht meine, muss ich nicht nochmal haben.

Wenn es jedoch um zweite Male geht: Welche Orte würdest du gerne noch mindestens noch gerne ein zweites Mal sehen? Vancouver, Vancouver, Vancouver – beste Stadt der Welt im besten Land der Welt. Und ich würde gerne nochmal in Oaxaca an die Küste, irgendwie waren wir da zu kurz finde ich.

Und umgekehrt – welche Orte sind deiner Meinung nach überbewertet und lohnen vielleicht gerade mal eine Stippvisite?
Puh, gute Frage. Man sollte auf keinen Fall zu viel Zeit in Fairbanks und Anchorage verbringen – die Städte sind längst nicht so schön wie die Landschaft. Und Costa Rica, klar, ist schön, beeindruckend, tolle Tiere, kann man mal machen, aber nochmal hin würde ich da nicht. Zu teuer, zu viele komische andere Touristen. Kam mir stellenweise mehr vor wie ein Vergnügungspark.

Zum Abschluss des großen Rückblicks noch eine letzte, die allerwichtigste Frage: Wohin möchtest du mit mir in den nächsten 5 Jahren reisen?
Auf jeden Fall nach Schweden bzw nach Stockholm, da war ich nämlich noch nie. Ansonsten, wenn ich im Lotto gewinne, unbedingt Island.

Die Tropen

Für alle, die es noch nicht wussten: Es ist heiß in den Tropen. Unfassbar heiß. Während ich gerade um 08:11 Uhr Ortszeit im Bus sitze und schreibe, zeigt das Außenthermometer bereits 30,8 Grad an, so heiß ist es. Wer hier zwischen neun, spätestens zehn Uhr morgens und drei Uhr nachmittags versucht etwas im Freien zu schaffen, der muss entweder ein zu bemitleidender Bauarbeiter sein oder dem hat die Sonne das Hirn schon längst vollständig ausgebrannt. So werden die frühen Morgenstunden plötzlich selbst für den größten Morgenmuffel zur Zeit der Verheißungen, in der man gefahrlos den nächsten wundervollen Nationalpark begutachten und bewandern kann. Der örtlichen Tierwelt geht es nämlich überraschenderweise genauso wie dem Menschen und viele Arten sind entweder nachtaktiv oder sie verlegen ihre Such- und Fressperioden in den frühen Morgen oder den späten Nachmittag. So sieht man mitten am Tage nur ein paar mäßig begeistert zwitschernde Vögel umherfliegen, allen voran ein paar leuchtend gefärbte Aras. Die hören sich dann aber auch wirklich so an, als wären die Seelen von Waldorf & Statler aus ihren Puppen in die regenbogengefärbten Papageien gefahren, einzig und allein um den lieben langen Tag zu fluchen, zu schimpfen und ihr Leid zu klagen.

 

Nicht mal mehr zum Brüllen haben die Brüllaffen die Kraft

Nicht mal mehr zum Brüllen haben die Brüllaffen die Kraft.

Verständlich, denn gerade in der Mittagszeit ist der Schatten kurz und zur Hitze kommt auch noch die direkte Sonneneinstrahlung hinzu. Das ist dann nochmal ein ganz anderer Schnack. Auf dieser Reise haben wir schon den ein oder anderen eher unwirtlichen Ort besichtigt, inklusive einer Nacht im Death Valley im Spätsommer, mitten in der Mojave-Wüste. Das war auch so eine wundervolle Schnappsidee, die sich einmal zu machen wirklich lohnt. Ein zweites Mal dann aber eher doch nicht. Dennoch ist das Death Valley ein paar Tausend Kilometer nördlich der Tropen und irgendwie muss das eine recht deutliche Auswirkung auf die Intensität der Sonnenstrahlen haben (muss am Einfallswinkel liegen, glaube ich zumindest). Hier in Mittelamerika, das nicht mal direkt am Äquator liegt, fühlt man sich jedenfalls relativ schnell wie ein Brathuhn, das nach und nach so richtig schön knusprig und kross wird. Das macht einen Besuch an einem der vielen wundervollen Strände am Pazifik oder der Karibik mitunter zu einer schweißtreibenden Angelegenheit. Zumal das Meerwasser zwar Abkühlung verspricht, diese aber auch nur eingeschränkt einhalten kann, mit knapp 30 Grad hat es nämlich auch eher Badewannentemperatur. Egal, ab in die Fluten, der Wind auf der nassen Haut wird danach zumindest für ein wenig Verdunstungskälte sorgen. Auf geht’s, raus aus der Deckung der Palmen, über den schwarzen Vulkansteinsand, der sich innerhalb der letzten paar Stunden in der prallen Sonne so sehr aufgeheizt hat, dass mancher danach beim Gedanken an die eigenen Fußsohlen wieder das erwähnte Brathuhn im Sinn hat. Einen Vorteil hat die Mittagshitze am Strand dann aber doch: In dieser Zeit halten sich die Sandflies, diese allergrausamsten aller Stechfliegen, die sich nicht damit begnügen, dein Blut zu trinken, sondern dir lieber dein Fleisch vom Knochen beißen, zurück.

Traumstrand im Parque Nacional Manuel Antonio

Traumstrand im Parque Nacional Manuel Antonio

So hilft als einziges, von Zeit zu Zeit etwas an Höhe zu gewinnen, wo die Temperaturen nicht ganz so durch Decke gehen. Ein Spaziergang im Wald ist da genau das richtige. Zum Beispiel in den großen Naturreservaten Costa Ricas, die das letzte große zusammenhängene Stück Nebelwald dort schützen und das es auch dank der vieler Kinder gibt, die zu diesem Zweck ihr Taschengeld gespendet haben. Gut, natürlich muss es einen Grund geben, warum der Nebelwald so heißt, wie er heißt. Überraschenderweise wird es auf 1500m Höhe nämlich zwar nachts doch recht frisch, am Tage hingegen ist die Sonne immer noch dieselbe Sonne und die Unmengen an gespeicherten Wasser in den Pflanzen und im Boden nur ein guter Grund dafür zu sorgen, dass eine Luftfeuchtigkeit herrscht, die manchmal nur kurz vor Dampfbad rangiert. Nach der Wanderung im Wald, wo man es trotz geradezu brüllender US-Amerikaner geschafft hat, noch eine kleine Gruppe Nasenbären zu sichten, hilft da nur eins – salzige Snacks und trinken, trinken und noch mehr trinken. Da trifft es sich gut, dass überall Verkäufer mit gesalzenen und frittierten Bananenchips herumlaufen und in Panama und Costa Rica das Leitungswasser nach längerem endlich wieder trinkbar ist. Und wenn man davon die Schnauze voll hat, gibt es zum Glück noch die vielen Shakes, die hier frisch mit dem regional produzierten Obst hergestellt werden – Papaya, Ananas, Wassermelone, Tamarinde. Lecker. Wenn das reguläre Essen da doch bloß mithalten könnte und nicht zu jeder Tageszeit aus Reis mit Bohnen besteht, zum Frühstück mit Eiern, Abends mit Brathuhn. Was sonst?

Regenwald mit Wasserfällen. Links im Bild versteckt: Ein Nasenbär.

Regenwald mit Wasserfällen. Links im Bild versteckt: Ein Nasenbär.

Dieser Waschbär wurde zu nichts gezwungen und nicht mit Essen angelockt. Er kam einfach rübergewatschelt.

Dieser Waschbär wurde zu nichts gezwungen und nicht mit Essen angelockt. Er kam einfach rübergewatschelt.

Erste Schritte in Mexiko / Die Baja California

Kinder, wie die Zeit vergeht. Schon seit einem Monat turnen wir nun durch Mexiko und haben dabei einmal die gesamte Baja California von Nord nach Süd durchquert. Zeit für ein paar Zeilen über die ersten Eindrücke von Mexiko im Allgemeinen und der Baja California im Besonderen.

Es liegt in der Natur eines Roadtrips, dass man viel Zeit auf den Straßen und im Verkehr eines jeweiligen Landes verbringt und die allgemeine Verkehrsmoral (was für ein Wort!) der Menschen in diesem Land sehr gut kennen lernt. Mexiko ist in diesem Punkt… atemberaubend! Fantastisch! Großartig! Selbst die legendäre (und wirklich vorhandene) kanadische Freundlichkeit muss auf der Straße gegenüber der mexikanische Freundlichkeit zurückstecken. LKW-Fahrer zeigen einem bei kurvigen Strecken mit dem Blinker an, ob man gefahrlos überholen kann. In Städten gibt es oftmals keine Ampeln und kein „Rechts vor Links“, sondern auf jeder Seite ein Stopschild und reihum darf von jeder Seite ein Auto rüber fahren. Das funktioniert dann selbst bei dreispurigen Straßen reibungslos, weil jeder auf den anderen aufpasst. Es wird kaum gehupt, alles fliesst irgendwie chaotisch vor sich hin und der gesamte Straßenverkehr ist am ehesten als riesige shared space-Zone zu begreifen – und es funktioniert. Da können sich einige vordergründig besser organisierte Länder echt ne Scheibe abschneiden.

Ein ständiger Begleiter auf den Straßen Mexikos ist dabei die Armee. Die ständigen Sturmgewehre sind ein Anblick, an den man sich erstmal gewöhnen muss. Zur mexikanischen Armee muss jedoch eine Sache gesagt werden: Sie ist echt in Ordnung! Normalerweise bin ich ja kein Fan von Armeen, aber diese hier fährt eben Streife, wie sonst die Polizei, und hat Kontrollpunkte, an denen sie dein Auto kontrolliert, so wie sonst die Polizei. Und das Beste: Sie tut all dies ohne willkürliche Rechnungen zu stellen, so wie sonst die Polizei. Vor allem die policia municipal, die Dorfpolizei, kann einem in diesem Zusammenhang schwer aufstoßen. Ernsthaft, da ist mir das Militär lieber.Wüste, überall Wüste

Außerdem überall anzutreffen auf Mexikos Straßen: Hunde. So wie in Istanbul und auf Sizilien eine unfassbare Anzahl von Katzen herumstreunt, so sind auf der Baja California Straßenhunde allgegenwärtig. Einige haben eine Existenz als Wachhund gefunden und blaffen alles an, was nicht bei drei auf den Bäumen ist, andere irren mit eingezogenen Schwanz über die Straßen und durch die Dörfer und wurden dabei schon bestimmt 50 mal fast überfahren. Wer hier Straßenhunde retten und in andere Länder importieren will – viel Glück!

Wo in den USA in der Gastronomie viel zu viele Kellner für viel zu wenig Arbeit herumrennen und verzweifelt versuchen, eine Beschäftigung zu simulieren, so stehen in Mexiko in der Gastronomie viel zu viele Menschen für viel zu wenig Arbeit einfach rum. Ist ja auch schließlich nix zu tun. Was das Arbeitsleben angeht, scheint das Mexiko ziemlich gut zu beschreiben – es ist eben so viel Arbeit da, wie da ist, und die wird dann durch alle Bewohner eines Ortes geteilt. Vielleicht hat man dadurch am Ende des Monats nicht soo viel Pesos in den Taschen, dafür muss man nur an einem Tag in der Woche im Eisladen schaffen und alle im Dorf haben ein Auskommen, das sie über die Runden bringt. So ungefähr habe ich mir den realen Sozialismus vorgestellt und genau das ist in vielen Ecken der Baja California genau so zu beobachten gewesen – Baustellen, bei denen 5 Personen zuschauen, während eine Person arbeitet inklusive. Das Ganze gipfelt dann in der staatlichen Erdölgesellschaft Pemex, die ein unfassbares Tankstellennetz betreibt, bei denen auf eine Zapfsäule mindestens ein angestellter Tankwart kommt. Eine gigantische Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Auf der einen Seite Ok, haben viele Leute einen Job. Auf der anderen Seite habe ich gelesen, dass Pemex Geld für den Bau neuer Raffinerien fehlt und Mexiko unter Strich trotz seines Ölreichtums Öl importieren muss. Von Investitionen in E-Zapfsäulen mal ganz zu schweigen. So herum betrachtet irgendwie auch wieder Schwachsinn.


Mittlerweile sind wir ja wieder in Gefielden angekommen, in denen die Landschaft in einem fantastischen Grün erstrahlt. Gott, wie gut das tut! Immer nur Wüste sehen schlägt tatsächlich aufs Gemüt, zumindest dem gemäßigte Breitengradkind in mir. Und Wüste gibt es verdammt viel auf der Baja California. Eigentlich gibt es sogar fast ausschließlich Wüste auf der Baja, wenn man mal von einigen wenigen palmengesäumten Oasen absieht. Wie anders sich da doch die Welt unter der Meeresoberfläche darstellt. Tropische Fische, riesige Walhaie, Delfinfamilien und sanft dahingleitende Mantarochen. Alles gesehen. Wer auf Tauchen oder Schnorcheln steht, der sollte wirklich einmal im Leben auf die Baja California fahren.

Viel wäre noch zu beschreiben:Von halb fertig gebauten Häuser, die hier in Unmengen rumstehen, von einwandfreien rohen Meeresfrüchten und Montezuma, dessen Rache einen auch auf anderen Wegen ereilen kann, vom deutlich zu beobachtenden Stadt-Land-Gefälle, dass sich in Arm und Reich, dunklerer und hellerer Haut und noch ein paar anderen Dingen beobachten lässt. Aber davon wird vielleicht noch an anderer Stelle berichtet, Mexiko wird uns schließlich noch eine Weile begleiten.

Alaska, Teil eins.

Wir sind gerade in Summerland, Okanagan, dem heißesten Fleckchen Kanada. Ausgerechnet hier, bei über 30 Grad schreibe ich nun also mit halb aufgeweichtem Hirn einen Text über Alaska. Challenge exepted.

Eva Denali

Alaska, das heißt in erster Linie: Ganz viel Natur, viele Highwaykilometer und wenig Menschen. Nicht ganz so wenige wie im Yukon, aber trotzdem, Alaska ist weit davon entfernt, dicht besiedelt zu sein. Und das ist auch gut so. Fairbanks und Anchorage, die beiden mit Abstand größten Städte des Landes, bestechen in erster Linie durch ihre Hässlichkeit. Anchorage musste in den 1960er Jahren nach einem schweren Erdbeben mehr oder weniger über Nacht wieder aus dem Boden gestampft werden und das sieht man der Stadt auch an. Es gibt es paar ganz schöne Parks aber das wars dann auch schon. In erster Linie gibt es viele Supermärkte und sonstige Infrastruktur, die man braucht, um sich möglichst lange wieder in der Natur aufhalten zu können. Außerdem gibt es ein paar Kinos und wir haben sogar eine passable Cocktailbar gefunden. Ansonsten gilt: Lebensmittel in Alaska sind teuer, Essen gehen ist noch teurer.

Fairbanks besticht in erster Linie durch zwei große Armee- bzw Luftwaffenstützpunkte, außerdem dient die Stadt als Drehscheibe für den Weg weit in den Norden. Auch hier gibt es zahlreiche Supermärkte und andere Infrastruktur.

Kommen wir nun zu den schönen Seiten Alaskas, die außerhalb der Städte zu finden sind. Schon die Einreise über den „Top of the World“ Highway ist ein Erlebnis. Man fährt ganz weit oben durch menschenleere Gebirgszüge, die Landschaft ist karg und unendlich weit. Die Grenzstation ist lediglich im Sommer geöffnet und liegt am ungefähr höchsten Punkt der Passstraße. Für US-amerikanische Grenzbeamte sind die Menschen dort unfassbar freundlich und entspannt.

Auf dem Weg gibt es nur eine Tankstelle und auch sonst außer ein paar Goldschürferhütten keine Zeichen von Zivilisation und so ist man froh, dass es in Tok, einem typischen hässlichen amerikanischen Straßenkreuzungsdorf, zahlreiche Tankstellen und einen Supermarkt gibt.

Aber ich wollte ja von der Natur erzählen. Da ist zunächst natürlich der Denali, Alaskas wohl bekanntester Nationalpark. Er liegt direkt am Highway zwischen Fairbanks und Anchorage und ist entsprechend leicht zu erreichen. Das merkt man, denn es ist VOLL mit Rentnergruppen aus aller Welt, die anscheinend kollektiv beschlossen haben, dass der Besuch des Denali zu einem gelungenen Ruhestand unbedingt dazu gehört. Mit großem Glück bekommen wir den letzten Platz auf dem riesigen Campingplatz am Eingang des Denali. Unseren Shuttlebus in den Nationalpark hinein haben wir in weiser Voraussicht schon ein paar Tage vorher im Internet gebucht.
Für den Denali sollte man sich unbedingt ein paar Tage Zeit nehmen, haben wir gehört. Ich kann das nur so weitergeben. Wir waren 2,5 Tage im Nationalpark unterwegs. Die genauen Modalitäten, Eintrittspreise und Shuttlebusse kann man auf der wirklich ausführlichen und pädagogisch wertvollen Homepage nachlesen.

Peter_Denali

Am ersten Tag laufen wir ein paar Kilometer in der Nähe des Eingangs und stehen plötzlich vor der parkeigenen Schlittenhundzucht. Die tägliche Show ist gerade zu Ende gegangen und die Hunde werden gefüttert. Vor einem Käfig ist eine größere Menschentraube: SCHLITTENHUNDWELPEN!!1! Ich mag ja Hunde ja eigentlich gar nicht so gerne, aber Schlittenhunde schon. Und Welpen noch viel mehr. In Gedanken sehe ich mich schon die Rangerinnen ablenken und mit einem putzigen Haufen Hund den Park verlassen, entscheide mich aber im letzten Moment dagegen, diesen Plan umzusetzen. Die süßen Dinger sind schließlich Profis und brauchen professionelles Training.

Am nächsten Tag warten wir dann auf den Shuttlebus, der uns (und ein paar der oben schon erwähnten RenterInnen) in den Nationalpark hineinfährt. Privat-PKWs dürfen nur die ersten 20 km auf der einzigen Straße, die in den Park hineinführt, fahren, danach geht es nur noch mit einem der Busse weiter. So sitzen wir also 3 Stunden in dem Bus, der immer wieder langsamer fährt, weil irgendwo „Wildlife“ zu sehen ist. Die meisten Menschen warten sehnsüchtig auf ihre Chance, einen Grizzlie in freier Wildbahn zu sehen. Wir hingegen wollen in erster Linie am Endpunkt des Busses ankommen, denn dort wollen wir querfeldein wandern gehen. Wir fragen also nach guten Routen und laufen schließlich einen riesigen Strom entlang. Die Flüsse in Alaska sind in der Regel weit ausgebreitet, dass Flussbett ist mehrere Kilometer breit. Während wir durch das steinige Flussbett stolpern, sehe ich plötzlich einen Grizzlie, zum Glück mehrere 100 Meter entfernt. Der Bär interessiert sich zum Glück nicht die Bohne für uns und quert das Flussbett. Ich schwanke zwischen „OH MEIN GOTT ein Grizzlie wie toll!!“ und „OH MEIN GOTT ein Grizzlie, hoffentlich kommt er nicht näher!!“. Das Tier ist riesig und wir bleiben angemessen beeindruckt zurück. Nachdem der Bär nicht mehr zu sehen ist, wagen wir uns wieder zurück zur Bushaltestelle. Da wir keinen kleinkindgroßen Fotoapparat besitzen, gibt es leider kein Foto davon.

Auf dem Rückweg sehen wir nochmal einen Bären, diesmal ein deutlich kleineres Tier. Die Menschen im Bus sind beeindruckt und ihre meterlangen Fotoapparate klicken wie wild. Ihr Tag war erfolgreich, denn sie haben einen Bären gesehen.

Am dritten Tag entscheiden wir uns, mit dem Auto die erlaubten 20 km in den Park hineinzufahren und dort wandern zu gehen. Der Weg entpuppt sich als wunderschöne, aber auch anstrengende Gebirgswanderung mit schönen Panoramaausblicken. Als wir nach dem Rückweg gerade ins Auto einsteigen wollen, wird es um uns herum laut und Menschen zücken ihre riesigen Fotoapparate. Wir sehen uns um und tatsächlich: Ein Rentier mit beeindruckendem Geweih läuft nur wenige Meter an uns und den anderen Touristen vorbei.

Rentier

Wir haben Glück, am nächsten Tag ist das Wetter launisch, es regnet in regelmäßigen Abständen und wir fahren weiter Richtung Anchorage.

Zwischen Pazifik und Regenwald..

Vor einiger Zeit schon ist der zweite Teil meiner Kolumne für die Stuttgarter Zeitung gedruckt worden. Nun gibt es ihn auch online.

In diesem Teil geht es um Nationalparks, Natur, wilde Tiere und zwei Frauen, die wir auf unserer Reise getroffen haben.

Vancouver Island – Es ist ein Job, man wird dafür bezahlt – und es ist der schönste Job der Welt.“ Die junge Rangerin, die wir im Cape Scott Provincial Park an der äußersten Nordspitze von Vancouver Island treffen, strahlt. Sie ist gerade am Rangerhaus angekommen und damit heute schon 18 Kilometer durch den kanadischen Regenwald gewandert. Bis Ende September wird sie im Wechsel mit zwei Kolleginnen die Wanderwege im Provincial Park (vergleichbar mit unseren Nationalparks) pflegen, die Parkbenutzungsberechtigungen eintreiben, die sanitären Anlagen säubern und Wölfe und Bären beobachten. Den Blick auf den feinkörnigen Sandstrand und den knallblauen Pazifik gibt es dabei gratis dazu. Dafür liegen zwei Stunden Fahrt auf verschiedenen Schotterpisten und ein fünfstündiger Marsch durch den Regenwald zwischen ihr und der nächsten Kneipe.

Wie weit weg das ist, haben wir selbst schmerzvoll festgestellt, werden aber mit einem fast menschenleeren Sandstrand, einem malerischen Sonnenuntergang und Tierbegegnungen für unsere Mühen belohnt. Wir beobachten einen Schwarzbären, wie er Krebse sucht, und am nächsten Morgen läuft ein Wolf nur ein paar Meter von unserem Zelt entfernt den Strand entlang. Er taxiert uns kurz und läuft unbeeindruckt seiner Wege.

Rita, die gute Seele der Campingplätze

Einen Wolf bekommt man im Morton Lake Provincial Park eher selten zu Gesicht. Dort, weiter im Süden der Insel, „nur“ 20 Kilometer von der nächsten asphaltierten Straße und eine Fahrtstunde von der nächsten Stadt entfernt, treffen wir auf Rita Robson. Die grauhaarige Frau mit dem lauten Lachen und feinen Humor arbeitet gemeinsam mit ihrem Mann in der Sommersaison seit einigen Jahren als Aufsicht und Frau für Alles auf verschiedenen Campingplätzen. Auch sie strahlt, wenn sie von ihrer Arbeit erzählt. Den Sommer verbringt Rita in ihrem Wohnwagen am Ufer des kleinen Sees, kümmert sich um die sanitären Anlagen, die Buchhaltung, verkauft Feuerholz und unterhält sich mit ihren Gästen. Für zehn Dollar Gebühr am Tag bekommen diese einen Stellplatz für Zelt und Auto, eine Feuerstelle, saubere Plumpsklos mit Klopapier und – wie im Falle von Morton Lake – zuweilen einen kristallklaren Badesee direkt vor der Tür.

Im Winter geht Rita Robson dann selbst auf Reisen. Im vergangenen Jahr ist sie den Panamakanal entlang gefahren: „Es ist faszinierend, dass sich dort seit hundert Jahren so wenig verändert hat.“ Als wir ihr von unseren Reiseplänen erzählen, ist sie begeistert und rät uns, den Panamakanal auf gar keinen Fall auszulassen. Sie ist auf Vancouver Island geboren, erzählt sie, als sie uns nach unserer Route fragt. „Früher ist man an der Küste mit dem Auto über den Strand gefahren! Das wäre heute natürlich völlig unvorstellbar.“ Ob sie nicht manchmal einsam sei, hier draußen am See, frage ich sie. Sie lacht wieder herzlich: „Ich fühle mich in der Natur viel wohler als in der Stadt.“ Deshalb sei die Arbeit perfekt für sie. Kinder und Freunde kämen regelmäßig zu Besuch. „Ich will den Job machen, solange es noch geht“, sagt Rita Robson. Sie macht nicht den Eindruck, als hätte sie vor, bald in Ruhestand zu gehen.

An dieser Stelle könnt ihr den Originaltext auf der Seite der Stuttgarter Zeitung nachlesen.

Hier findet ihr den ersten Teil meiner Kolumne.

Mosquitos

Was soll ich sagen? Ich HASSE Mosquitos. Mindestens so sehr, wie sie mich lieben. Im Ernst, solltet ihr jemals vorhaben in ein Malariagebiet zu fahren, bucht mich. Ihr werdet garantiert keinen einzigen Stich davon tragen.

Die unendlichen Weiten des nordamerikanischen Nordens bestehen vor allem aus dem Sumpfland der Tundra und dem borealem Nadelwald der Taiga, die im Sommer beide schön feucht und sumpfig sind. Könnte es hier eventuell Schnaken geben? Klingt es nach einer hervorragenden Idee mit zuckersüßem Blut in jene Breiten zu reisen? Aber sicher doch!

Am treffendsten beschreiben für mich die biologische Familie der Stechmücken (Culicidae) dabei folgende Verse, die ich in einem kleinen Hotel in den schottischen Highlands gefunden habe:

 

„Noo the inveroran midgie is a carnivore elite
With a mouth like Jaws and teeth like saws that grind ye till ye greet
With an ice axe in his oxter and tricounis on his feet
He goes hunting human meat in Inveroran“

 

 

Schluss, aus, Ende. Im nächsten Leben wünsche ich mir einen zentimerdicken Wasserfilm auf der Haut. Oder alternativ ein Ganzkörpermosquitonetz. Wenn ihr bis dahin eine sich kratzende, fluchende und wild um sich schlagende Blutkonserve auf zwei Beinen sehen wollt, ihr findet mich direkt unter dem 10cm dicken, summenden Brocken Stechvieh in eurer Nähe. Food that hasn’t died. Wünscht mir Glück.

 

 

Der Regenwald

Wenn ich mir den Regenwald vorstelle, dann habe ich wahrscheinlich die gleichen Bilder vor Augen wie die meisten Menschen: Dampfende Hitze, dichtes Blätterwerk, umherfliegende Kolibris und in der Ferne ein paar schreiende Affen. Dazu vielleicht noch einen Jaguar oder einen Tiger und ganz sicher so große Bäume, dass es scheint, sie würden sich bis in den Himmel erstrecken.

Was ich mir ganz sicher nicht vorgestellt habe, ist einen Regenwald fernab des Äquators auf Vancouver Island zu finden.

Das faszinierende dabei ist: Der nördliche Regenwald hier in Kanadas Süden ist in wirklich vielen Punkten genau so, wie ich mir den tropischen Regenwald vorgestellt habe, nur eben mit ein paar Eigenheiten. Es herrscht eine dampfende Hitze, zumindest jetzt im Sommer, wie in einem Gewächshaus. Dichtes Blätterwerk, häufiger aber auch Nadelwerk, versperrt den Blick in die Ferne und nach oben. Flechten und Moose, die von allen Bäumen ranken, tun ihr Übriges. Blickt man doch einmal durch das dichte Grün hindurch, ist nicht selten der Pazifik zu sehen. Der nördliche Regenwald ist vor allem ein Küstenregenwald, nur hier ist es mild genug, dass der notwendige, massive Niederschlag auch im Winter als Regen und nicht als Schnee vom Himmel fällt.

Kolibris fliegen durch die Luft (kein Scheiß – und ich dachte, die gibt es wirklich nur in den Tropen). Es gibt zwar keine Jaguare oder Tiger, dafür aber Pumas, Wölfe und Bären. Wir hatten im Cape Scott Provincial Park ganz im Norden von Vancouver Island sogar das Glück, einen Wolf und einen Bären aus nächster Nähe sehen zu können. Die haben sich überhaupt nicht für uns interessiert. Der Bär drehte einfach weiter Steine am Pazifikstrand um, damit er die sich darunter versteckenden Krebse schnappen konnte, während der Wolf seelenruhig an unserem Zelt vorbei trabte. Nur füttern sollte man die Tiere nicht, denn gewöhnen sie sich an das leicht zu ergatternde Futter, kommen den Menschen dauerhaft näher, werden zur Gefahr – und erschossen. Besonders Bären sind für diese Art von Konditionierung empfänglich, intelligente Tiere eben. Darum steht auch an jedem Rastplatz unmissverständlich: „A fed bear is a dead bear.“IMG_20150623_130341

Außerdem gibt es im hiesigen Regenwald riesige Zedern, manche davon bis zu 1000 Jahre alt, die 5 Menschen gemeinsam nicht umfassen könnten und scheinbar ewig in den Himmel ragen. Nur Affen, die haben wir bislang nicht gesehen. Wobei wir bei einem Spaziergang auf dem Rain Forest Trail im Pazifik Rim Nationalpark doch einmal kurz zusammengezuckt sind. Waren das gerade Affenlaute, die wir hörten? Zur Aufklärung: Affen waren es tatsächlich nicht, aber man muss den hiesigen Raben doch große Komplimente für ihre Fähigkeit der Stimmennachahmung machen. Das liebestolle Gekrähe klingt tatsächlich fast so wie Affengebrüll.

Leider ist der nördliche Regenwald, wie so viele andere Orte auch, vom Klimawandel bedroht. Wann immer wir mit Anwohner und Rangern sprachen, ist uns mitgeteilt worden, dass in den letzten Jahren nach und nach immer weniger Regen gefallen ist und die Sommer früher und trockener begonnen haben. Ein verheerender Umstand für einen Regenwald. Hinzu kommt die große Waldbrandgefahr. Ende Juni gilt auf Vancouver Island schon die allerhöchste Gefahrenstufe und alle offenen Feuer sind streng verboten – was sonst immer erst Mitte Juli oder noch später der Fall war. Man wünscht sich, dass weltweit endlich mehr gegen den Klimawandel getan wird und hofft, dass der nördliche Küstenregenwald so vielleicht erhalten werden kann.