Die Tropen

Für alle, die es noch nicht wussten: Es ist heiß in den Tropen. Unfassbar heiß. Während ich gerade um 08:11 Uhr Ortszeit im Bus sitze und schreibe, zeigt das Außenthermometer bereits 30,8 Grad an, so heiß ist es. Wer hier zwischen neun, spätestens zehn Uhr morgens und drei Uhr nachmittags versucht etwas im Freien zu schaffen, der muss entweder ein zu bemitleidender Bauarbeiter sein oder dem hat die Sonne das Hirn schon längst vollständig ausgebrannt. So werden die frühen Morgenstunden plötzlich selbst für den größten Morgenmuffel zur Zeit der Verheißungen, in der man gefahrlos den nächsten wundervollen Nationalpark begutachten und bewandern kann. Der örtlichen Tierwelt geht es nämlich überraschenderweise genauso wie dem Menschen und viele Arten sind entweder nachtaktiv oder sie verlegen ihre Such- und Fressperioden in den frühen Morgen oder den späten Nachmittag. So sieht man mitten am Tage nur ein paar mäßig begeistert zwitschernde Vögel umherfliegen, allen voran ein paar leuchtend gefärbte Aras. Die hören sich dann aber auch wirklich so an, als wären die Seelen von Waldorf & Statler aus ihren Puppen in die regenbogengefärbten Papageien gefahren, einzig und allein um den lieben langen Tag zu fluchen, zu schimpfen und ihr Leid zu klagen.

 

Nicht mal mehr zum Brüllen haben die Brüllaffen die Kraft

Nicht mal mehr zum Brüllen haben die Brüllaffen die Kraft.

Verständlich, denn gerade in der Mittagszeit ist der Schatten kurz und zur Hitze kommt auch noch die direkte Sonneneinstrahlung hinzu. Das ist dann nochmal ein ganz anderer Schnack. Auf dieser Reise haben wir schon den ein oder anderen eher unwirtlichen Ort besichtigt, inklusive einer Nacht im Death Valley im Spätsommer, mitten in der Mojave-Wüste. Das war auch so eine wundervolle Schnappsidee, die sich einmal zu machen wirklich lohnt. Ein zweites Mal dann aber eher doch nicht. Dennoch ist das Death Valley ein paar Tausend Kilometer nördlich der Tropen und irgendwie muss das eine recht deutliche Auswirkung auf die Intensität der Sonnenstrahlen haben (muss am Einfallswinkel liegen, glaube ich zumindest). Hier in Mittelamerika, das nicht mal direkt am Äquator liegt, fühlt man sich jedenfalls relativ schnell wie ein Brathuhn, das nach und nach so richtig schön knusprig und kross wird. Das macht einen Besuch an einem der vielen wundervollen Strände am Pazifik oder der Karibik mitunter zu einer schweißtreibenden Angelegenheit. Zumal das Meerwasser zwar Abkühlung verspricht, diese aber auch nur eingeschränkt einhalten kann, mit knapp 30 Grad hat es nämlich auch eher Badewannentemperatur. Egal, ab in die Fluten, der Wind auf der nassen Haut wird danach zumindest für ein wenig Verdunstungskälte sorgen. Auf geht’s, raus aus der Deckung der Palmen, über den schwarzen Vulkansteinsand, der sich innerhalb der letzten paar Stunden in der prallen Sonne so sehr aufgeheizt hat, dass mancher danach beim Gedanken an die eigenen Fußsohlen wieder das erwähnte Brathuhn im Sinn hat. Einen Vorteil hat die Mittagshitze am Strand dann aber doch: In dieser Zeit halten sich die Sandflies, diese allergrausamsten aller Stechfliegen, die sich nicht damit begnügen, dein Blut zu trinken, sondern dir lieber dein Fleisch vom Knochen beißen, zurück.

Traumstrand im Parque Nacional Manuel Antonio

Traumstrand im Parque Nacional Manuel Antonio

So hilft als einziges, von Zeit zu Zeit etwas an Höhe zu gewinnen, wo die Temperaturen nicht ganz so durch Decke gehen. Ein Spaziergang im Wald ist da genau das richtige. Zum Beispiel in den großen Naturreservaten Costa Ricas, die das letzte große zusammenhängene Stück Nebelwald dort schützen und das es auch dank der vieler Kinder gibt, die zu diesem Zweck ihr Taschengeld gespendet haben. Gut, natürlich muss es einen Grund geben, warum der Nebelwald so heißt, wie er heißt. Überraschenderweise wird es auf 1500m Höhe nämlich zwar nachts doch recht frisch, am Tage hingegen ist die Sonne immer noch dieselbe Sonne und die Unmengen an gespeicherten Wasser in den Pflanzen und im Boden nur ein guter Grund dafür zu sorgen, dass eine Luftfeuchtigkeit herrscht, die manchmal nur kurz vor Dampfbad rangiert. Nach der Wanderung im Wald, wo man es trotz geradezu brüllender US-Amerikaner geschafft hat, noch eine kleine Gruppe Nasenbären zu sichten, hilft da nur eins – salzige Snacks und trinken, trinken und noch mehr trinken. Da trifft es sich gut, dass überall Verkäufer mit gesalzenen und frittierten Bananenchips herumlaufen und in Panama und Costa Rica das Leitungswasser nach längerem endlich wieder trinkbar ist. Und wenn man davon die Schnauze voll hat, gibt es zum Glück noch die vielen Shakes, die hier frisch mit dem regional produzierten Obst hergestellt werden – Papaya, Ananas, Wassermelone, Tamarinde. Lecker. Wenn das reguläre Essen da doch bloß mithalten könnte und nicht zu jeder Tageszeit aus Reis mit Bohnen besteht, zum Frühstück mit Eiern, Abends mit Brathuhn. Was sonst?

Regenwald mit Wasserfällen. Links im Bild versteckt: Ein Nasenbär.

Regenwald mit Wasserfällen. Links im Bild versteckt: Ein Nasenbär.

Dieser Waschbär wurde zu nichts gezwungen und nicht mit Essen angelockt. Er kam einfach rübergewatschelt.

Dieser Waschbär wurde zu nichts gezwungen und nicht mit Essen angelockt. Er kam einfach rübergewatschelt.

Belize

Rein technisch gesehen liegt Belize auf der schmalen Landbrücke zwischen dem nördlichen und südlichen Teil des amerikanischen Kontinents, die in Deutschland Mittel- und hierzulande Centroamerica genannt wird. Eigentlich müsste Belize jedoch ein paar Hundert Kilometer weiter draußen auf See, als kleines Eiland inmitten des karibischen Meeres liegen. Zu groß, zu hervorstechend ist einfach das karibische Flair im ehemaligen Britisch-Honduras, das irgendwann im 17. oder 18. Jahrhundert von den Freibeutern der britischen Krone von den Spaniern erobert wurde und erst 1981 seine offizielle Unabhängigkeit und Staatsgründung feiern durfte. Jaja, so lange ist der Kolonialismus noch gar nicht her.

Niemand hat die Kokosnuss geklaut.

Niemand hat die Kokosnuss geklaut.

Die Auswirkungen des Kolonialismus hingegen sind bis heute zu spüren. Nicht nur das Belize weiterhin Teil des Commonwealths ist und die Queen die Scheine des Belize-Dollars ziert, der mit einem Wechselkurs von 2:1 fest an den US-Dollar gekoppelt ist, was den Aufenthalt im Land doch recht teuer macht. Auch die großen Zuckerrohrplantagen und der große schwarze Bevölkerungsanteil, die Nachfahren der Sklaven, die von den Briten zur Arbeit auf den Zuckerrohrfeldern hierher gebracht wurden, erinnert einen eher an Haiti oder Jamaica als an das direkt nebenan gelegene Guatemala. Überall laufen Rastas durch die Straßen und obwohl Englisch die offizielle Landessprache ist, hört man an allen Ecken Kreolisch, dieses breitgekaute Irgendwas eines dem Englischen entlehnten Lingos. De facto ist Belize dreisprachig – neben Hochenglisch und Kreol hört man auch oft spanisch, ein Umstand der den vielen mexikanischen und guatemaltekischen Einwanderern geschuldet ist. Auch der spanische Kolonialismus ist in Belize eben nach wie vor zu spüren, zuletzt Anfang des 20. Jahrhunderts, als während des Unabhängigkeitskrieges der Maya viele Flüchtlinge aus Mexiko, dass sich nunmehr endgültig die Kontrolle über die Yucatanhalbinsel aneignete, nach Belize kamen. Aber ich schweife ab. Am präsentesten ist im Land auf jeden Fall das Kreol, das wirklich verdammt witzig klingen kann, wenn es nicht aus dem Mund eines knapp zwei Meter großen schwarzen Hünen mit Dreadlocks, sondern einer ca. 1.50 kleinen, schmächtigen Chinesin kommt, einer weiteren relevanten Minderheit im Land.

Hinter jeder Ecke ein weißer Sandstrand.

Hinter jeder Ecke ein weißer Sandstrand.

Aber auch andere Anzeichen weisen darauf hin, dass man beim Grenzübertritt Mittelamerika verlassen hat und in der Karibik angekommen ist. Wo vorher ausschließlich aus Stein gebaute Häuser die Straßen säumten, sieht man nun auch viele Gebäude aus Holz. Einige davon, vor allem in Belize City, sind schon halb verottet. Dennoch wohnen noch Menschen in Ihnen – Belize ist in der Breite alles andere als ein reiches Land, auch im Vergleich mit seinen mittelamerikanischen Nachbarn. Wo vorher Salsa und Norteno aus Lautsprechern wummerte, hört man nun den ganzen Tag lang Reggae. Nur eine kurze nachmittagliche Periode aus Dancehall und Punta-Arschgewackel durchbricht den Reggaeflow, in dem einen die Menschen schonmal anschreien, man möge doch bitte etwas langsamer sein. Wo vorher Mezcal und Tequila ausgeschenkt wurden, werden die Kneipen nun vom Rum dominiert, der dank des vielen Zuckerrohrs im Land nicht nur verdammt lecker, sondern auch lachhaft günstig ist. Wo vorher Tacobuden und Hamburguesa-Straßenstände das Bild bestimmten, wird nun ausschließlich Fisch, Hummer, Hühnchen, Schweinerippchen und die allgegenwärtigen in Kokonussmilch gekochten Reis und Bohnen gegessen. Klingt lecker, oder? Ist es auch, zumindest bis zu dem Punkt, an dem man bemerkt, dass mit ausschließlich auch wirklich ausschließlich gemeint ist. Es gibt einfach nichts anderes. Obst? Sucht man meist vergeblich. Gemüse? Schlichtweg nicht vorhanden. Die Gemüsebeilage zu einem klassischen Rice & Beans mit Hühnchen – meistens ein kleiner Klecks Kartoffel- oder Nudelsalat. Jawohl, Nudelsalat als Gemüsebeilage. Vergesst Hummer, es braucht nur eine Woche und eine einzelne Avocado kommt einem vor wie ein kleines Stück vom Paradies.

Gegrillter Hummer. Dazu Reis, Bohnen und Nudelsalat.

Gegrillter Hummer. Dazu Reis, Bohnen und Nudelsalat.

Auf auffälligsten wird das karibische Flair jedoch von der Karibik selbst verbreitet. Weiße, palmengesäumte Sandstrände. Knalltürkises, badewannenwarmes Wasser. Mannsgroße Meeresschildkröten, Haischwärme und lebende Korallenriffe. Die vorgelagerten Inseln und Inselchen von Belize sind ein Traum aus einem karibischen Tourismuswerbeprospekt. Die größte und am besten erschlossene dieser Inseln ist Caye Caulker, das nicht ohne Grund Teil des „Gringo Trails“ ist, eines inoffiziellen Pfades, der einige Sehenswürdigkeiten in Mittel- und Südamerika zusammen bindet und auf dem wir somit unbeabsichtigt auch teilweise entlang geritten sind. Wie bei eigentlich allen Orten, die auf diesem Gringo Trail liegen, verfügt Caye Caulker über eine ausgesprochen gute Backpackerinfrastruktur, bessere sanitäre Anlagen und eine deutlich höhere Hippiequote als der Rest des Landes. Ehrlich gesagt, solange jemand nicht nur ausschließliche solche Hippiehochburgen besucht und dann auch noch ausschließlich innerhalb der vier Wände seines Hostels in seiner Sonne und Mond-Eso-Community bleibt, ist mir ein solcher Ort allemal lieber als das breitbeinig proletende Cancun oder all die anderen vermeintlichen Partyhochburgen. Und eine Dormschlafpflicht wurde zum Glück ja auch noch nicht eingeführt.

Oaxaca und Chiapas

Oaxaca und Chiapas sind (Achtung, Spoiler!) die schönsten und großartigsten Flecken, die es in Mexiko gibt. Jetzt, wo wir die meisten Bundesstaaten in Mexiko bereist haben – es fehlen vor allem Chihuahua und Nueva Leon im Norden, Veracruz im Osten und Guerrero im Süden – schält sich diese Erkenntnis nach und nach aus all den bereisten Städten, verzehrten Gerichten und beschnorchelten Stränden ziemlich klar heraus. Hier ist der Versuch, einige der Highlights in Worte zu fassen.

Die Strände Oaxacas

Von allen Küsten, die wir in dieser Reise bislang besichtigt haben, sind vielleicht nur die zerklüfteten Felsen Oregons noch großartiger als die malerischen Sandbuchten an der Küste Oaxacas. Wirklich miteinander vergleichen lassen sich diese beiden aber sowieso nicht. Egal ob in Puerto Escondido die kleinere Playa Carrizalillo, der gesamte Abschnitt von Mazunte bis San Augustinillo oder die wundervolle Playa an der Bahía San Agustín bei La Crucecita / Bahias de Huatulco – überall locken kleine Palapas, wo sich unter Palmendächern wundervoll eine frisch vom Baum geschlagene, eisgekühlte Kokosnuss trinken lässt. Danach vielleicht einen Happen Ceviche mitsamt dem Inneren der Kokosnuss, die man sich gerade öffnen ließ und alles herunterspülen mit einer würzigen Michelada oder einer Paloma, inklusive Salzrand am Glas. Man denkt ja schließlich an seine Elektrolyte. Zum Abschluss im warmen Wasser planschen, wieder hinsetzen, die gesamte Prozedur wiederholen. So kann man schon ein paar Tage ganz gut rumkriegen.


San Cristobal de las Casas

Die wahrscheinlich schönste Stadt Mexikos liegt in Chiapas. San Cristobal de las Casas ist nicht besonders herausragend, es gibt keine einzelne große Sehenswürdigkeit, nichts was man unbedingt dort machen sollte. Es ist einfach nur eine hübsche, alte, gut restaurierte und farbenprächtige Stadt, die nur so strotz vor netten Bars und Cafés. Zudem ist sie durch ihre zentrale Lage in Chiapas der perfekte Ausgangspunkt für Tagesausflüge zu eigentlich fast allen größeren Ausflugszielen in der Region. Hierhin würde ich auf jeden Fall noch ein zweites Mal reisen.

Weihnachten mit Marshmellow am Lagerfeuer

Weihnachten mit Marshmellow am Lagerfeuer

Alte Steine

Die vorkolumbianische Geschichte Mexikos (vorkolumbianisch bedeutet vor Kolumbus, nicht vor Kolumbien) ist die Geschichte vieler verschiedener Volksgruppen, die zum Ende des 15. Jahrhunderts von den Mexica / den Azteken zunehmend dominiert wurde. Den Mexikaner als solchen gibt es nicht, genauso wenig wie den mexikanischen Ureinwohner an sich. Früher wurde in Mexiko anscheinend vor allem zwischen zugewanderten Spanier und deren Nachkommen, dem Indigenen Bevölkerungsanteil, sowie den Mestizen / den Mischlingen aus beider Gruppen unterschieden wurde, so werden die verschiedenen First Nations heute schon klar voneinander abgegrenzt betrachtet. Dennoch spielt dieser rassistische Blickwinkel auf Mexiko leider nach wie vor eine Rolle, wie man schon allein an der Verteilung des Wohlstands im Land betrachten kann – wohlhabend sind nämlich vor allen Dingen die Weißen. Naja. Oaxaca ist auf jeden Fall Kernland von Zapoteken und Mixteken, von denen vor allem die Zapoteken durchaus vorzeigbare Tempelkomplexe hinterlassen haben. Chiapas hingegen markiert die westliche Grenze der Maya, deren Siedlungsgebiet bis in den Süden nach Honduras und El Salvador reicht und die sich, untergliedert in Dutzende Stadtstaaten, eigentlich ständig gegenseitig bekriegten. Von den Maya ist auch in Chiapas einige zu sehen, vor allem Palenque könnte manchen Menschen ein Begriff sein. Noch großartiger fand ich jedoch Toniná, eine große Ruine zwischen Palenque und San Cristobal de las Casas, bei der man frei auf allen dort anzutreffenden Alten Steinen herumspringen und eine riesige und steile Pyramide besteigen kann. Sonst sind bei den Ruinen viele Bereiche abgesperrt. Toniná jedoch ist ein großartiger Abenteuerspielplatz.

Toniná, ein Abenteuerspielplatz

Toniná, ein Abenteuerspielplatz

Mole, Mezcal, Kässpätzle und Co

Die Küche Oaxacas ist vor allem berühmt für ihre Saucen, ihre Molen. Besonders die schwarze Mole, in die neben zigllionen Kräutern auch ein wenig Schokolade gehört, ist berühmt. Ehrlich gesagt hat mir jedoch genau diese nicht so gut geschmeckt. Warum weiß ich auch nicht genau, müsst ihr selbst probieren. Vielleicht liegt es auch an mir, dem anderen Teil der Agency hat sie nämlich ganz hervorragend gemundet. An der Schokolade kann e auf jeden Fall nicht liegen, die ist nämlich so anders, so viel besser, als alles was man in Europa finden kann. Nicht so süß, dafür viel viel würziger. Unfassbar gut! Eher belanglos sind hingegen Heuschrecken. Einmal gegessen, abgehakt. Nicht weil es irgendwie eklig ist, sondern weil sie schlicht und ergreifend keinen wirklichen Eigengeschmack haben. Den hat hingegen Tasajo, luftgetrocknetes Rindfleisch, das gerne in Tlayudas, großen Tortillas, die mit Bohnen, Käse (der Käse aus Oaxaca ist salzig, faserig und zurecht berühmt) und Avocado über dem offenen Holzkohlengrill gebraten werden, serviert wird. An der Küste gibt es dann, natürlich, Fisch. Überall gibt es Mezcal. Als bekennender Scotchtrinker meine ich: ein ganz hervorragendes Destillat, vor allem nach ein paar zusätzlichen Jahren in einem Holzfass. Oaxaca ist ziemlich stolz auf seinen Mezcal und überall gibt es kleine Brennereien. Deren Erzeugnisse werden dann vor allem in Probierstuben ausgeschenkt, von denen es allein in der Provinzhauptstadt Oaxaca de Juarez gefühlte Hundert gibt.

Tostadas mit frischen Shrimps und Avocado

Tostadas mit frischen Shrimps und Avocado

Chiapas ist mir kulinarisch nicht ganz so bewusst in Erinnerung geblieben wie Oaxaca. Einmal habe ich geschmortes Schwein in Kürbiskernsauce gegessen, das war ganz lecker, aber nach Kürbiskernen geschmeckt hat es nicht wirklich. Dafür darf ich Freuden berichtet, dass die wahrscheinlich besten Kässpätzle außerhalb Schwabens in einer kleinen Restaurantbar in Palenque zu finden sind. Frisch geschabte Spätzle mit ordentlich Käse und einer ausreichenden Menge Zwiebeln. Großes Kompliment an das Chely’s – ernsthaft, ich habe viele Kässpätzle in Stuttgart gegessen, die da nicht mithalten konnten.

 

Einfache mexikanische Küche: Pescadillos

Einfache mexikanische Küche: Pescadillos

Großartige Menschen

Dieser Moment, als wir einsehen mussten, dass der Routenplaner von Google Maps uns leider nicht über eine halbwegs normale Straße, sondern auf dem seiner Meinung nach schnellsten Weg mitten durch den Dschungel Oaxacas lotste. Über Erdpisten mit teilweise drei oder vier Spurrillen, die jede für sich 80cm tief war und dabei Steigungen von 10-15% überwand. Durch einen Fluss, bei dem wir Glück hatten, dass jemand vor uns kleine Steinchen in die sandige Furt gelegt hatte. Durch ein Gebiet, das so arm ist, dass die Menschen am Wegesrand noch regelmäßig einen Sack Reis von der Regierung geliefert bekommen. Leider war es in diesem Moment zu spät umzudrehen. Schließlich wurde es schon langsam dunkel und die verdammte Tankanzeige blinkte seit zwanzig Minuten. Abwärts fuhren wir nur noch im Leerlauf und wo die nächste Tankstelle ist, keine Ahnung. Schließlich hatten wir schon seit ein paar Stunden keinen Empfang mehr. Liebes Google Maps, danke für nichts. Dann aber doch: Ein Dorf. Licht. Menschen. Die erste Frage: Gibt es Benzin? Die zweite Frage: Wird die Straße irgendwann auch noch besser? Können wir das in der Dunkelheit mit unserer alten Rosinante weiter fahren? Die Antworten: Ja und Ja. Selten war ich so erleichtert. Keine fünf Minuten später wurden wir zum einzigen Laden in der Stadt geführt, in dem uns der Inhaber aus einem Fass in seiner Garage heraus ein paar Liter Benzin verkaufen konnte. Mittlerweile war es stockdunkel. Als wir den Menschen aus dem Dorf bei einer Cola erzählten, auf welcher Strecke wir zu ihnen gekommen sind – ein lautes Lachen. Aber sie hatten Recht, die Straße wurde danach tatsächlich besser und so schafften wir es doch noch am selben Tag hinunter ans Meer nach Puerto Escondido. Wir zahlten für das Benzin und die Cola, sonst für nichts. In einem Land, in dem sonst jeder Furz berechnet und als Dienstleistung mit einem kleinen oder größeren Trinkgeld bedacht wird. In einer Region, in der viele Menschen so arm sind, dass sie zum Überleben noch Reis von der Regierung erhalten. Genau dort wollten die Menschen nichts und waren fast beleidigt, als wir Ihnen etwas für ihre Hilfe anbieten wollten. Es sei ja normal zu helfen. Großartige Menschen!

Natur, Natur, Natur

  • Das karge Inland von Oaxaca und - huch, eine Pyramide

Ein großer Vorteil an den vielen Ruinen in Chiapas ist, dass sie oftmals mitten im Dschungel liegen und dementsprechend auch dieser zugänglich ist, wenn man sich ein paar alte Steine anschaut. So fährt man zum Beispiel erstmal eine Stunde auf einem kleinen Motorboot über den Grenzfluss zwischen Guatemala und Mexiko, um nach Yaxchilán zu gelangen, das malerisch und abgelegen inmitten einer Flussschleife daliegt. In Yaxchilán angekommen sind die Ruinen zwar recht gut freigelegt, dennoch gibt es jede Menge riesiger Bäume, an denen sich hoch über einem die Brüllaffen und –äffchen entlanghangeln. Nettes Plus. In Oaxaca hingegen kann es gut sein, dass man auf der Fahrt zum Canyoning ein paar Nasenbären am Wegesrand spielen sieht oder die Ausfahrt zum Canon del Sumidero, ein durchaus beeindruckender, bis zu 1km tiefer Canyon, der vom Wasser eines Stausees gefüllt ist, den Blick auf ein paar in der Sonne liegende Krokodile beinhaltet. Nach ein paar Monaten Mexiko habe ich mich mittlerweile damit abgefunden, dass es kaum möglich ist, die hiesige Natur auf eigene Faust zu erkunden. Dafür gibt es schlichtweg nicht genug Arbeit hier – würden die notwendigen Informationen einfach allen problemlos und kostenfrei zur Verfügung gestellt werden, hätten Heerscharen von Tourguides kein Auskommen mehr. So passt es auch ins Bild, dass man für den sehr gut zugänglichen Nationalpark der Lagos de Montebello nicht einmal, sondern gleich zweimal Eintritt berappeln muss: Einmal an den Staat Mexiko und einmal an die Gemeinde, die direkt an einem der Seen liegt. Einige der Naturschätze sind sogar derart wichtig für die lokale Wirtschaft, dass sich an ihnen größere Konflikte entzünden. So möchte die Bundesregierung von Mexiko schon seit längerem ein großes Ressort an den wirklich wunderschönen Wasserfällen Agua Azul und Misol-Ha bauen, samt neuer Autobahn, die dann San Cristobal de las Casas mit Palenque verbinden würde. Dagegen wehren sich die Anwohner vor Ort, die befürchten, dass ihr Stück vom Kuchen hierdurch kleiner und kleiner und kleiner würde und die in ihrem Widerstand von den Zapatisten unterstützt werden, einer linken Gruppierung, die sich vor knapp 30 Jahren einen kleinen Bürgerkrieg mit der Mexikanischen Regierung lieferte, weil sich große Teile der Bevölkerung schlicht vergessen oder über den Tisch gezogen fühlte. So zumindest habe ich den Konflikt verstanden. Bislang gibt es kein Ressort, braucht es meiner Meinung nach auch nicht, die Wasserfälle sind für sich gesehen schon schön genug. Die Straße allerdings, die könnte das Land durchaus gebrauchen, denn bislang ist die Infrastruktur in vielen Teilen von Chiapas doch recht dürftig. Es ist eben immer dasselbe: Wenn man die Natur in einem Land sehen will, und die Menschen dort ein Auskommen davon haben wollen, dann muss man auch irgendwie dorthin kommen. Deswegen braucht es in manchen Ländern nicht nur größere Schutzgebiete, sondern auch neue Straßen. Ein schwieriger Spagat.

Wie du in Mexico als Vegetarier überlebst, ohne Mangelerscheinungen zu bekommen

Um das Wichtigste vorwegzunehmen: Selbstverständlich wirst du in Mexico nicht verhungern, im Gegenteil, du wirst einige wirklich tolle, spannende Sachen essen.

1.) Lerne zumindest ein paar Brocken Spanisch
Dieser Tipp gilt natürlich auch für Fleischesser, aber für dich als Vegetarier ganz besonders. Du musst nämlich im Zweifelsfall immer nachfragen, ob irgendwo Fleisch/Hühnchen/Eier/was auch immer drin ist, denn Zutatenlisten suchst du in den Straßenständen und Garküchen vergeblich. Du fragst also, ob sie auch etwas sin carne (Fleisch), Pollo (Hühnchen), Pescado (Fisch) haben. Vielleicht hast du ja Glück. Du musst außerdem davon ausgehen, dass die Auszeichnung „vegetarisch“ nicht unbedingt bedeutet, dass das Essen fleischfrei ist. Möglicherweise enthält es nur kein rotes Fleisch, warum auch immer. Aber wer fragt, gewinnt.
2.) Wer nicht frühstückt, der nicht gewinnt
Da viele mexikanische Frühstücksgerichte aus den Zutaten Eier, Bohnen, Salsa und Tortillas zusammengewürfelt sind, hast du zumindest als Ovolacto-Vegetarier einiges an Auswahl. Da gibt es zum Beispiel Chilaquiles, Tacochips in grüner oder roter Chillisauce, mit Käse und Creme Fraiche überkippt, nach Wunsch auch mit Rührei (Huevos rotos) oder Spiegelei (huevos estrellados). Außerdem gibt es viele vegetarische Omelettes, Spiegeleier mit Bohnen und Tomatensauce und einiges mehr. Im Zweifelsfall kannst du auch darum bitten, den Schinken (tocino) einfach wegzulassen. Vorsicht ist allerdings bei den in Mexico sehr beliebten Frühstückssuppen angesagt, denn sie werden in den allermeisten Fällen mit Fleischbrühe angesetzt.


3.) Je gehobener, desto fleischlastiger
Auch in Mexico gilt: Regionales Gemüse = preiswert, Fleisch = verhältnismäßig teuer. Entsprechend wirst du in den teuersten Restaurants wahrscheinlich kein einziges vegetarisches Hauptgericht finden. Fleisch ist schließlich Luxus und der will zelebriert werden. In diesem Fall hilft dir eine Eigenschaft, die du auf zahlreichen Familienfeiern in gutbürgerlichen Wirtsstuben perfektioniert hast: Das Essen von Beilagen. Gebratenes Gemüse, Pommes, Grillkartoffeln – irgendwas wird sich schon finden. In Mexico wird zudem meistens mit Pflanzenöl angebraten, das heißt, auch da hast du eine Sorge weniger. Oder du hältst dich an die Vorspeisen, Guacamole mit Taco Chips gibt es beispielsweise fast überall.
4.) Streetfood vegetarisch
Halte dich hier an Elote (Maiskolben), Tamales (in Maisblättern gedämpfter Maisgries mit zumeist vegetarischer Füllung), Nopales (eine Kaktussorte), schwarze Maisfladen mit Bohnen und Käsefüllung. Generell sind Bohnen und Käse dein Freund, denn an den meisten Tacoständen ist das das Einzige, was du überhaupt essen kannst. Quesadillas (Tacos mit geschmolzenem Käse) sind auch immer eine gute Idee, vergiss nur nicht zu fragen, ob sich darin nicht doch Hühnchen versteckt.

Tamal mit Sour Cream

Tamales mit Sour Cream

5.) Je größer die Stadt, desto größer die Auswahl
Irgendwie auch logisch. Wenn du also auch mal abends eine warme Hauptspeise essen willst, halte dich in großen Städten am besten an italienische und japanische Restaurants. Pizza gibt es wirklich überall, die Qualität ist halt teilweise echt bescheiden. Auch Burgerläden können eine gute Idee sein, denn dort gibt es ja zumindest immer Pommes und den unvermeidlichen Pilzburger. In Städten, in denen es viele Gringos (weiße Ausländer) gibt, gibt es mit ziemlicher Sicherheit auch ein paar Läden für diese Kundschaft, die auch einiges an vegetarischen Gerichten haben, die Frage ist halt, ob du immer in solchen Lokalen essen willst. Je abgelegener und damit auch ärmlicher die Landstriche werden, desto weniger Auswahl gibt es logischerweise. In den großen Städten gibt es mittlerweile auch ein paar vegetarische und vegane Restaurants.
6.) Backwaren
Immer eine gute Idee. Süße gefüllte Empanadas, Bananenbrot und andere Backwaren sind nun mal in der Regel ohne tierische Produkte gemacht, kosten meistens wirklich nicht viel und sind in weiten Teilen Mexicos erhältlich. Auch Eis gibt es in Mexico wirklich überall und in sämtlichen Aggregatzuständen, von Eis am Stiel über Kratzeis bis hin zum Eisbecher.


7.) Im Supermarkt
Um es mal so zu sagen: Ersatzprodukte gibt es in Mexico kaum und wenn, dann sind sie unfassbar teuer. Ich war in Mexico City in einem Bioladen und kann berichten, dass ein kleines Stück Tofu dort bis zu 140 Peso kostet. In den meisten konventionellen Supermärkten brauchst du gar nicht erst mit dem Suchen anzufangen. Dafür kannst du dir dort Brot, Gemüse und Käse kaufen und dir deine Vesper einfach selbst machen. Mandel- und Reismilch für deinen Kaffee solltest du ebenfalls in vielen Supermärkten finden.
8.) Es geht um Saft!
Die Mexikaner trinken sehr gerne und häufig frisch gepresste und zusammengemixte Säfte. Diese gibt es auch mit sattmachenden Zutaten wie Haferflocken. Auf jedem noch so kleinen Markt wirst du einen solchen Stand finden. Genauso häufig sind Stände, die klein geschnittenes, frisches Obst, wie zum Beispiel Melone oder Ananas verkaufen. Auch frische Kokosnüsse, aus denen du dann mit einem Strohhalm das Kokoswasser trinken kannst, gibt es zumindest im Süden des Landes reichlich.
9.) Präkolumbische Küche
Die Küche aus der Zeit, bevor die spanischen Eroberer kamen und viele alte Traditionen verdrängten, ist traditionell nicht besonders fleischlastig und wird erfreulicherweise in den letzten Jahren wieder entdeckt. Alte Obst- und Gemüsesorten werden wiederentdeckt und finden ihren Weg in die Restaurants. Fleischmassen wird man in solchen Restaurants – zu deinem Glück – eher nicht finden, dafür Gerichte mit Zucciniblüten oder verschiedenen alten Maissorten.

Du merkst, es gibt auch als Vegetarier kulinarisch einiges in Mexico zu entdecken. Zum Schluss noch ein Bonustip: Chiles Rellenos, also gefüllte, paprikaähnliche Chiles mit Tomatensauce gibt es in fast jedem mexikanischen Restaurant. Im Zweifelsfall ist das deine Wahl, wenn du mal gar nichts Passendes auf der Karte entdeckst.

Essen in Mexiko, Teil eins

Nach mittlerweile 2 Monaten in Mexiko über die verschiedenen Regionalküchen schreiben und darüber, dass es „die“ mexikanische Küche überhaupt nicht gibt.

Mexiko ist ein sehr vielfältiges Land mit sehr unterschiedlichen klimatischen Bedingungen, was sich logischerweise auch im Essen bzw. in der Verfügbarkeit von Lebensmitteln widerspiegelt. Es gibt ein paar Gerichte, die landesweit verkauft werden, zum Beispiel frisch gepresste Säfte, aber auch Schweinefleischtacos, gebratenes Hühnchen oder Chilaquiles, das beste Frühstück der Welt. Überhaupt ist es in Mexiko so, dass groß gefrühstückt und noch größer zu Mittag gegessen wird. Abends findet man, gerade in den ländlichen Regionen, nur noch ein paar Tacostände oder Hamburgerbratereien.

Aber der Reihe nach. Angefangen hat unsere „Wir essen uns durch Mexiko“ Mission auf der Baja California. Klimatisch bewegt man sich hier irgendwo zwischen Wüste (Norden und das Landesinnere) und Subtropen (Am Meer). Landwirtschaftlich ist hier kaum etwas zu holen, also gibt es hauptsächlich Fisch und Meeresfrüchte in sämtlichen Aggregatzuständen, denn daran ist die Region reich. Entsprechend viele Tostadas mit Ceviche bzw. Tacos mit frisch frittiertem Fisch oder Shrimps haben wir gegessen. Bemerkenswert ist, dass die meisten Fischstände nur bis zum Mittag bzw. bis zum Ausverkauf offen sind, abends gibt es dann Tacos mit Schweinefleisch bzw. Fett und Hamburger, also Sachen, bei denen kein frischer Fisch verwendet wird.

Ceviche de Pescados

Außerdem gibt es im Norden Mexikos an jeder Straßenecke Stände, an denen morgens ein Ziegenfleischgulasch, das sich Birria nennt verkauft. Das Gericht hat eine suppenähnliche Konsistenz und wird entweder mit dem Löffel gegessen oder in Tortillas gewickelt.
Birria ist DAS Essen im gesamten Norden Mexikos, der sich gefühlt von den Wüstenregionen an der Grenze zur USA bis zum Stadtrand von Mexiko City erstreckt.

Auch an der Pazifikküste auf dem Festland gibt es überwiegend Fisch, hier vorallem am offenen Feuer gebraten und mit Beilagen serviert. Dem (suptropischen) Regenwald entsprechend werden hier vorallem Avocados, Bananen, Papayas und andere tropische Früchte angebaut, was sich auch auf die Speisekarte auswirkt. Solltet ihr also mal nach San Blas kommen, esst dort unbedingt Bananenbrot. Wer Glück hat (so wie wir), bekommt sogar eines, was noch warm ist. Außerdem gibt es in Mexiko, welches übrigens der weltweit größte Exporteur des besten Obstes der Welt, nämlich der Avocado ist, viel mehr Avocadosorten als bei uns in Deutschland.

Ansonsten gibt es an der Küste vorallem eines: Shrimps. Es gibt sogar eine Shrimpsinsel. Diese liegt in der Nähe von San Blas inmitten eines Geflechts aus Seen und Flussarmen und ist bekannt für Süßwassershrimps. Die gefangenen Tiere werden auf den Gehwegen des Dörfchens zum trocknen ausgelegt, was genau so bizarr aussieht, wie es sich anhört. Ansonsten gibt es ein paar Restaurants, in denen man, ihr ahnt es, Shrimpsgerichte essen kann. Wir haben dort gegessen: Getrocknete Shrimps, Shrimpsbällchen, Shrimpsempanadas, Shrimpsceviche und Shrimps in Tomatensauce. Danach wollte ich für mindestens 2 Tage keine Shrimps mehr essen.

Shrimps Ceviche

In den größeren Städten wie Guadalajara oder Guanajuato gibt es natürlich eine größere Vielfalt an Küchen. Vor allem findet man Pizzaläden, bei denen das Endprodukt aber meistens nicht viel mit einer guten italienischen Pizza zu tun hat, und amerikanische Diner, in denen es Wings und Burger gibt. Die meisten Restaurants verkaufen trotzdem mexikanische Küche.
Die Läden Guadalajaras sind vorallem bekannte für Tacos al Pastor, Carne en su jugo (quasi das gleiche wie birria, nur aus Schweinefleisch) und Tortas ahogadas. Hier wird ein Brötchen mit Schweinefleisch gefüllt und mit einer Chillitomatensauce übergossen. Ein wundervoller Katerkiller.

Überhaupt, Suppen bzw. Eintöpfe. Die mexikanische Küche ist voll davon. Ob man es nun Potzole, Carne en su Jugo, Caldo de Res oder Birria nennt, alle Eintöpfe sind gehaltvoll und deftig. Das Fleisch wird so lange gekocht, bis es zart und saftig ist. Verschiedene Salsas und Tomatensauce tut ihr übriges zum Geschmack.

Lecker Zicklein

Lecker Zicklein

Man merkt, die mexikanische Küche ist gehaltvoll, protein- und fettreich. Deswegen wundert es eigentlich auch gar nicht, dass hier sogar frittierte Schweinehaut (Chicharrón – nicht zu verwechseln mit Chicharito, der spielt bei Bayer Leverkusen) gegessen wird. Sie wird als eine Art Kräcker zu gefüllten Tacos gereicht oder einfach selbst mit verschiedenen Saucen übergossen und gegessen.

Chicharron

Und sonst so?
In manchen Ecken Mexikos gibt es erstaunlich gutes Backwerk, damit hatte ich gar nicht gerechnet. Sobald man die Küstenregionen verlässt, gibt es plötzlich überall Cafés und Reposterias (Nachtischläden), in denen industriell oder von Hand gebackene Teilchen, Törtchen oder Kekse verkauft werden.
Eine Leidenschaft, die in allen Landesteilen gleichermaßen verbreitet zu sein scheint, ist die für Speiseeis. Das gibt es hier in allen erdenklichen Formen und Geschmacksrichtungen. Selbst im kleinsten Dorf gibt es eine Filiale von „Las Michoacanas“, wo man mehr oder weniger selbstgemachtes Eis am Stiel, Paleta genannt, kaufen kann. Im vornehmen Mexiko City schwört man hingegen auf italienische Eiscreme.
Fast ebenso beliebt sind Kartoffelchips, die es hier in allen erdenklichen Geschmacksrichtungen und Farben gibt und die leider meistens mit einer scharfen Chilisauce ertränkt werden.

Natürlich gibt es noch ungefähr 100 Sachen mehr zu essen. Vorallem, was Streetfood und Kleinigkeiten angeht. Da gibt es zum Beispiel Tamales, die je nach Landesteil in Bananenblätter oder Maisblätter eingewickelt gedämpft werden oder Gorditas, dicke kleine Fladen, die süß oder salzig gefüllt werden.

Tamales

Ihr wollt wissen, was für ein Essensangebot einen in Mexico City erwartet oder was man in Yucatan isst? Dann müsst ihr euch noch ein wenig gedulden, mehr dazu gibt es in den nächsten Wochen.
Auch das Thema Getränke in all ihrer alkoholischen und alkoholfreien Vielfalt hat es verdient, gesondert behandelt zu werden.

Sind (Nord-)Mexikaner die besseren Deutschen?

Um sofort einem Missverständnis vorzubeugen: Diese Frage ist nicht ironisch, sie ist völlig ernst gemeint! Bei Gott, es gibt einfach so viele Hinweise darauf, dass Mexikaner schlicht und ergreifend die besseren Deutschen sind. Denn zumindest im Norden Mexikos wurde deutsches Kulturgut bewahrt, perfektioniert und wird auch heute noch mit einem unbändigen Stolz zur Schau getragen.

Erstes Beispiel: Blasmusik. Gibt es eine deutschere Fernsehshow als den Musikantenstadl? Eben. Und in Mexiko, zumindest im Norden, wird der Tuba noch die Ehre zuteil, die sie verdient. Da schallt es und pumpt aus unzähligen Lautsprechern im Rhytmus des norteño, der Blechblasinstrumente und der Akkordeons und das ganze klingt in seinen popigsten Momenten dann so. Habt ihr bemerkt wieviele Aufrufe das Video hat? Das ist hier WIRKLICH populäre Musik. Aber nicht nur in seinen glattgebügelten Ausprägungen für ein RTL-affines Publikum. So wird auch schonmal ganz politisch motiviert geblasen, wie ihr hier hören und sehen könnt. Alles in allem finde ich, dass #mexikofürmoik in 2016 ganz groß durchstarten sollte. Zurück zu den Wurzeln deutschen Musikgutes, hin zu einer Mexikanisierung der bundesdeutschen Radiolandschaft! Pfüat di!

Wenn dieses mexikanische Krokodil groß ist, würde es gerne Karl Moik kennen lernen.

Wenn dieses mexikanische Krokodil groß ist, würde es gerne Karl Moik kennen lernen.

Und was passt besser zu einer guten Portion Humpamusik? Richtig, eine Maß Bier! Gut, dass auch dieser Umstand im Norden Mexikos bedacht wurde. Ok, manchmal kommen die Bierkrüge dabei auch mit Tomatensaft, Limette und Chilirand als Michelada daher, aber zumindest einem Teil der agency schmeckt auch diese Kombination ganz hervorragend. Über die Grausamkeiten, die mithilfe von Mango an Bier verübt werden dürfen, müssen Deutsche und Mexikaner sich zwar noch einmal ausgiebig unterhalten, aber hey, in meinem Studentenjob in einem deutschen Getränkemarkt war mir auch schonmal ein Becks mit Cappuccino-Aroma vor die Nase gelaufen. Wie heißt es schön: Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.

Also, es wurde ordentlich Maßbier getankt und im Hintergrund spielen die Wildecker Herzbuben einen zünftigen mexikanischen norteño – auf welchen Gedanken würde ein guter Deutscher denn jetzt als nächstes kommen? Richtig, erstmal eine Polonaise starten! Gut, spätestens jetzt werden geneigte Leser_innen bemerken, dass dieser Text so ganz ernst auch nicht gemeint ist. Trotzdem muss hier gesagt werden, dass selbst in einem ganz unverdächtigen Laden wie der Mezcaleria Pare de Sufrir in Guadalajara, wo Menschen Mezcal und Bier trinken, Orangen mit Chilisalz schlozen und zu ganz angenehmen Salsaklängen tanzen, wie aus dem Nichts heraus eine Polonaise geformt wurde. Verstörendes Mexiko.

Nicht der mexikanische Siegelhopfen. Dafür Grundlage für lecker Mezcal.

Nicht der mexikanische Siegelhopfen. Dafür Grundlage für lecker Mezcal.

Eine weitere Sache, die die Nähe der Mexikaner zur deutschen Volksseele (muahaha) zeigt, ist der offensichtliche Hang zu Weltschmerz, Verzweiflung und Schwarzmalerei. Jeder der das bezweifelt möge sich einen beliebigen mexikanischen Schlager übersetzen. Kostprobe gefällig? Hier die Übersetzung eines Teils von „La Camisa negra“:

Scheint so, als wäre ich jetzt wieder allein. / Du hast mich nach Strich und Faden belogen. / Was für ein verdammter Tag, an dem ich dich traf, / und vom starken Gift deiner Liebe trank.

Du hast mich mit Schmerz und Sehnsucht nach dem Tod sitzengelassen. / Ich habe den bitteren Hauch des Abschieds eingeatmet. / Seitdem kann ich nur noch schwarze Hemden tragen. / Das Abbild meiner Seele.

Starker Tobak, hmm? Der Unterschied ist nur: Hier wird das Ganze zu jeder sich bietenden Gelegenheit von Dutzenden Kehlen so enthusiastisch intoniert, wie es sonst eigentlich nur hormonverstörte Teenanger unter der Dusche zustande bringen würden. Das gleiche zu den Feierlichkeiten zum Dia de los Muertos, zum Tag der Toten. Da werden riesige Altäre gebaut, der Verstorbenen, der Vergänglichkeit und des allgegenwärtigen Todes gedacht, das ganze aber nicht ernst, bedächtig und betroffen aufgezogen, sondern das Lachen aus dem Keller geholt und mit Zuckertotenköpfen, Kinderschminke und Parties verziert. Wenn das nicht die bessere Variante von Weltschmerz ist, dann weiß ich auch nicht weiter.

Natürlich hat auch dieser Text keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit, daher sei nur noch erwähnt, dass noch viele weitere Beispiele für die Seelenverwandschaft von Mexikaner und Deutschen gefunden werden könnten, etwa die Vorliebe der Mexikaner für den VW Jetta. Zwar scheint die pure Menge Eiscreme, die viele Mexikaner jeden Tag verdrücken, auch auf eine gewisse Affinität zur La dolce vita hinzuweisen und die Nähe zu Spanischen Traditionen und die Vielfalt der indigenen Kulturen sind nun auch nicht ganz von der Hand zu weisen. Dennoch muss an dieser die deutliche Forderung formuliert werden, dass Pegida und Konsorten erstmal eine ordentliche Deutschlehre in Mexiko absolvieren sollten, bevor sie weiter die Schutzbedürftigkeit der deutschen Leitkultur proklamieren dürfen. Wobei, das kann man ja auch niemandem zumuten.

Las Vegas, Baby.

Vor Las Vegas hatte ich ehrlich gesagt ein bißchen Angst. Ich habe mir die Stadt total hässlich, laut, nervig und total kitschig vorgestellt. Hinfahren wollte ich vorallem aus Gründen der Konträrfaszination. Und ich wurde nicht enttäuscht. Ich bin mir sicher, es ist nicht beabsichtigt, aber humortechnisch trifft Las Vegas voll und ganz meinen Geschmack. Alles ist hier ein bißchen größer, absurder, lauter und bunter. Du willst ein Haifischaquarium in deinem Hotel? In Vegas geht das. Du willst Tierbabys besichtigen, dich an einem Bungeeseil von einem Turm stürzen oder in einer Pyramide übernachten? In Vegas geht das. Da baut man dann auch den Trevi-Brunnen nach, wenns ins Konzept passt. Tragischerweise kosten viele Attraktionen extra, wofür wir zu geizig waren und so konnte ich das Haifischaquarium nicht besichtigen. Außerdem kann man in Las Vegas tatsächlich rauchend und mit einem Bier in der Hand durch die Straßen laufen. Im kompletten Rest der USA wäre das sowas von undenkbar. Hier rauchen auch plötzlich alle und erwachsen aussehende Menschen entblöden sich nicht, mit einem Cocktail“glas“ in Form eines Frauenbeines durch die Gegend zu laufen.

Außerdem sind in Las Vegas dank der großen Konkurrenz die Hotelpreise gerade zu unverschämt niedrig, jedenfalls im Verhältnis zum Rest der USA. Da kann sich auch die budgetreisende Agency ausnahmsweise sogar mal ein Hotelzimmer leisten. Ich bin sehr froh, auf Fiona gehört zu haben, so konnte ich nicht nur in einem riesigen Hotelbett schlafen, sondern auch schlechte HappyHour Cocktails am hauseigenen Pool trinken. Außerdem gab es in unserem in die Jahre gekommenen Hotelcasino am Ende des Strips die Möglichkeit, sich gratis Las Vegas aus der Höhe anzusehen, sowas nimmt man ja auch gerne mit. Auf die Möglichkeit, in irgendwelchen Karussells in dieser Höhe über den Abgrund hinauszufahren, haben wir aber dankend verzichtet.

Trevi Brunnen Las Vegas

Es hat mir großen Spaß gemacht, mit einem Bier in der Hand den Strip hoch- und runterzulaufen und die überkanditelten und überzogenen Hotelkomplexe zu besichtigen. Da jagt ein Superlativ das Nächste. Besonders hübsch gemacht fand ich das Konzept des „New York, New York“ Casinos, das überraschenderweise New York als Motto hat. Hier wird die Skyline von New York nachgebaut. Außerdem gibt es dort einen Shake Shack Burgerladen, was ziemlich praktisch ist, denn so konnten wir da auch mal Essen gehen. Das Einzige, was ich am Konzept Las Vegas wirklich nicht verstehe, ist das Glücksspiel. Die armen Menschen sitzen den ganzen Tag und die ganze Nacht an irgendwelchen blinkenden Maschinen und warten darauf, dass der Zufallsgenerator ihnen Glück bringt. Warum? Spiele wie Poker oder Roulette verstehe ich. Aber auf einen Automaten starren, irgendwas drücken und das dann Spiel nennen?

Zum Glück muss ich ja nicht alles verstehen, sondern kann stattdessen auch behämmerte Fotos vor kitschigen Büsten machen, die auf dem Bürgersteig rumstehen.

Las Vegas Downtown

Ansonsten ist die Altstadt von Las Vegas des Nächtens definitiv einen Besuch wert. Hier gibt es ein paar alt-ehrwürdige Lokale, in denen man den berühmten Krabbencocktail essen kann, den schon Elvis aß. Außerdem kann man einer irren Musik- und Lichtshow beiwohnen. Die blinkenden Reklamen wirken heute retro und altbacken, vor ein paar Jahrzehnten waren sie sicher der ganz große Scheiß. Bei Tag ist es in erster Linie heiß, so dass man sich zumindest im Sommer nicht so arg viel draußen bewegen sollte. Empfehlenswert ist da das (klimatisierte) Mafia-Museum, ansonsten gibt es ja Pools und (klimatisierte) Casinos.

Schweinereien von der Straße

Wisst ihr, was (neben vielen anderen Aspekten) so großartig an der Kolumne für die Stuttgarter Zeitung ist? Ich muss mir den Kopf nicht zerhirnen und zermatern, um eine superkreative Überschrift für meine Texte zu finden. Das macht die Zeitung für mich.

In meiner aktuellen Kolumne dreht sich überraschenderweise alles um mexikanisches Streetfood. Für die Recherche fräse ich mich seit nunmehr drei Wochen durch verschiedene Tacostände. Ein schweres Opfer! (Leider teilweise wirklich, denn seitdem wir im Lande sind, wechseln wir uns munter mit Magenverstimmungen und anderen Kränkeleien ab. Die letzten Monate war keiner von uns krank, wir holen das gerade konzentriert nach.)

Hier nun aber der Kolumnentext über Tacos, Carnitas und co.

Streetfood gilt als hip in unseren Breitengraden. Auf der Baja California im Nordwesten Mexikos gehören die Büdchen zum gewöhnlichen Straßenbild. Was auf den Maistacos landet, ist nicht nur vertrauenserweckend.

Streetfood ist in Deutschland voll im Trend. Seit Mitte dieses Jahres gibt es auch in Stuttgart regelmäßig „Streetfoodfeste“. Hier auf der Baja California im Nordwesten Mexikos würden die Menschen wahrscheinlich ungläubig schauen, wenn ich ihnen erzählen würde, dass ausgerechnet in Deutschland Streetfood der neuste Schrei ist. Hier sind die Büdchen, die an der Straße oder an Plätzen stehen, nämlich nichts Besonderes, für das man sogar Eintritt zahlt, sondern der Ort, an dem man sich sein Mittagessen oder einen schnellen Snack holt. Egal ob Schüler, Polizist oder Rentner – alle stehen zusammen am Büdchen und essen Streetfood.

Im Reiseführer haben wir gelesen, dass man mit mitteleuropäischem Magen am besten nur gut gekühlte Lebensmittel aus dem Supermarkt essen soll, doch wir werfen schon nach dem zweiten Tacostand, an dem wir hinter der Grenze vorbeifahren, die meisten Bedenken über Bord. So schlecht kann die Qualität des Essens ja nicht sein, wenn die Leute hier Schlange stehen. Und lecker sieht es auch noch aus. Es gibt, was diese trockene Region hergibt: überwiegend rohe Meeresfrüchte in zitroniger Soße (hierzulande unter dem Namen Ceviche gerade schwer im Trend) und Fisch, der hier frisch frittiert auf den Taco kommt.

Hinweisschilder zu den Öffnungszeiten gibt es nicht

Ein paar Tage später finden wir ein Büdchen, in dem irgendwas mit Carnitas verkauft wird. Wir bestellen drauf los, ohne genau zu wissen, was wir da tun. Vor unseren Augen werden Schweinefleisch und Schweinefett zerhackt, zusammengemischt und uns dann auf einem Maistaco gereicht, dazu gibt es frittierte Schweinehaut – ganz sicher nichts für jeden Geschmack. Einer der Köche winkt uns heran und will wissen, woher wir kommen. Er erzählt uns dann, dass Schweinefleisch aus Deutschland in Mexiko einen besonders guten Ruf habe. Wir befinden, dass mexikanisches Schwein auch ordentlich schmeckt, und bekommen seine Visitenkarte und gute Wünsche mit auf den Weg.

Wie anders war alles in den USA und in Kanada. In Städten wie San Francisco, Portland oder Vancouver ist Streetfood ein fester Bestandteil des Speiseangebots. In den Innenstädten stehen gut ausgerüstete Imbisswägen, die auf Kundschaft aus den umliegenden Bürogebäuden warten, die zur Mittagspause ausschwärmt. Hier kann man selbstverständlich mit Kreditkarte bezahlen. Die Speisekarten sind bedruckt und die meisten Trucks haben ihren eigenen Internetauftritt, auf dem man nachlesen kann, wo genau der Truck zu finden ist. Außerdem bekommt man eine fertige Portion über den Tresen gereicht. In Mexiko läuft alles ein bisschen anders: Auf jedem Tresen stehen verschiedene Soßen, Limetten und klein geschnittene Tomaten, von denen man sich nehmen kann. Für den Touristenmagen bisweilen ein Abenteuer, denn ausgewiesen sind die Soßen natürlich nicht. Manche Stände öffnen ausschließlich morgens, andere erst am Abend. Hinweisschilder zu den Öffnungszeiten gibt es nicht. Die Speisekarten sind auf Holztafeln gemalt, das Menü ändert sich eh nur selten. Die Begeisterung für die Speisen allerdings ist riesengroß und Generationen wie Gesellschaftsschichten übergreifend.