Erst die Kirschen, dann das Bier

Für den vierten Teil meiner Kolumne für die Stuttgarter Zeitung bin ich unter die Kirschpflücker*innen gegangen. Peter und ich haben 9 Tage bei der Ernte im kanadischen Okanagan Valley geholfen.

Es war eine spannende Erfahrung, aber ich bin auch froh, dass wir jetzt weiterreisen und ich keine Kirschen mehr sehen muss“, sage ich zu meinem Freund, als wir nach neun durchgearbeiteten Tagen im Innenhof der Kirschfarm sitzen und mit unseren Kollegen das Ende der Kirschernte feiern. Elf Tage haben wir im Okanagan Valley, der heißesten und trockensten Ecke Kanadas verbracht und jeden Tag bis zu neun Stunden lang am Fließband Kirschen sortiert und gepackt, um unsere klamme Reisekasse aufzufüllen.

Der größte Teil der 60 Erntehelfer stammt aus dem französischen Teil Kanadas, aber wir lernen auch Deutsche, Tschechen und Holländer kennen. Der älteste ist 33 Jahre alt, der Jüngste erst 19. Die Erntehelfer sind Reisende wie wir und versuchen, möglichst viel Geld zu verdienen, um danach weiter reisen zu können. Fast alle campen auf dem Gelände, auf dem es eine voll ausgestattete Küche, Duschen und Toiletten gibt.

Nach der Ernte kreisen Bierdosen und Weinflaschen

Die Arbeitstage laufen meist nach dem gleichen Muster ab. Wir stehen morgens – viel zu früh – auf, frühstücken, packen den ganzen Vormittag Kirschen, machen Mittagspause, packen den ganzen Nachmittag Kirschen. Danach geht es entweder an den Strand oder in den Supermarkt um Essen einzukaufen. Abends sitzen wir zusammen, Bierdosen und Weinflaschen kreisen. Die Atmosphäre bewegt sich irgendwo zwischen Feriencamp und Hippiekommune. Wir erzählen uns gegenseitig von unseren Reise- und Lebensplänen und holen uns Tipps und Anregungen.

Nach zwei Tagen haben wir uns an die Arbeit am Fließband gewöhnt, können uns nebenbei unterhalten und lernen unsere Kollegen besser kennen. Da sind Audrey und Jesse, ein frankokanadisches Pärchen Mitte zwanzig, das campen war und nun Geld braucht, um weiter Urlaub machen zu können. Eigentlich wollten sie maximal zwei Wochen auf der Kirschfarm verbringen, haben ihren Aufenthalt aber wegen der verhältnismäßig gut bezahlten Arbeit und der netten Kollegen verlängert. Da ist Chris, ebenfalls Frankokanadier, bei dem nach der Ernte zwei Monate Asien auf dem Programm stehen. Danach will er vielleicht bei der Ernte in Australien helfen, ein Restaurant eröffnen oder „etwas ganz anderes machen“. Die Australierin Madeleine möchte nach Alaska und dann weiter nach Mexiko reisen. Kaum jemand macht Pläne, die über die nächsten Monate hinausgehen.

Nun soll es Richtung Süden gehen

Um ihren Sommer im Kirschhain zu verbringen, haben die meisten Franko­kanadier eine Strecke von mehr als 4000 Kilometer zurückgelegt. In Quebec gibt es kaum Ferienjobs, und außerdem ist das Wetter nicht so schön, erzählen sie uns. Die meisten verbinden das Nützliche mit dem Angenehmen und fahren weiter in den Westen, Richtung Vancouver oder Vancouver Island, um noch ein paar Wochen den Sommer zu genießen – ganz ohne frühes Aufstehen und Kirschernte. Auch wir ziehen weiter, allerdings in Richtung Süden, wo Portland, Seattle­ und San Francisco auf uns warten.

An dieser Stelle könnt ihr den Originaltext auf der Seite der Stuttgarter Zeitung nachlesen.

Alaska, Teil zwei

Hier nun, mit weniger weichem Hirn, der zweite Teil des großen Alaskareiseberichts.

Wie ich im ersten Teil schon sagte, kann man Anchorage aus touristischer Sicht beiseite lassen. Die Halbinsel, die sich an Anchorage anschließt, lohnt aber einen Besuch. Leider hatten wir sehr schlechtes Wetter und wenig Zeit, so dass wir nur ein wenig am Turnagain-Arm entlang gefahren sind. Eigentlich wollten wir uns einen Gletscher ankucken, der in einen See kalbt, aber das Wetter hat uns leider einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber allein schon der Blick aufs eisblaue Gletscherwasser war beeindruckend. Außerdem sieht der Pazifik hier aus wie die Nordsee und als Norddeutsche bekomme ich dann sofort Heimweh und will ganz viele Fotos von grauem Schlick machen.

Wir sind dann also weiter Richtung Süden gefahren, am Wrangell St. Elias Nationalpark vorbei. Falls ihr mal 300 Dollar übrig habt, macht doch einen Gletscherrundflug und erzählt mir, wie der Blick so war, ich hatte dafür leider nicht das nötige Kleingeld. Das ist leider die Kehrseite der Medaille. Die USA an sich sind schon teuer, in Alaska zahlt man dann zusätzlich noch drauf. Nehmt bloß genug Geld mit. Dafür kann man aber in Alaska in der Regel auf jedem Parkplatz entlang der Highways nächtigen und dadurch Geld sparen, wenn es einem nichts ausmacht, direkt an der Straße zu schlafen. Aber ich schweife ab. Am Wrangell Nationalpark vorbei fuhren wir zum Kluane Nationalpark. Dieser liegt dann wieder im Yukon, aber das macht ja nichts. Der Kluane ist nicht ganz so überlaufen wie die anderen Nationalparks in der Ecke und bietet Wandermöglichkeiten und schöne Ausblicke. In Haines Junction (mit ca 250 Einwohnern übrigens eine der größten „Städte“ im Yukon) kann man ganz ausgezeichnete Cranberriescones essen, was man auf gar keinen Fall versäumen sollte.
Ansonsten ist das große Highlight hier der Highway zwischen Haines Junction und Haines, welches dann wieder in Alaska liegt. Man fährt über 1000 Meter hohe Passstraßen und die Landschaft ist beeindruckend karg und gleichzeitig voller Leben. Das klingt furchtbar kitschig, ist aber wirklich so.

Haines selbst ist eine kleine entspannte Stadt am Wasser, die zum Glück nur recht selten von Kreuzfahrtschiffen heimgesucht wird. Hier kann man wunderbaren geräucherten Lachs kaufen, es gibt tatsächlich einen bezahlbaren Campingplatz mitten in der Stadt und die Wanderung auf den Hausberg Mount Ripinsky ist zwar hart anstrengend (vorallem mit Höhenangst), aber der Blick auf die umliegenden Gletscher und das Meer entschädigt für die Qualen.

Da ein Abstecher nach Juneau zeitlich nicht drin war, sind wir dann mit der Fähre weiter nach Skagway gefahren. Hier erlebt der geneigte Besucher, was passieren kann, wenn man 5-6 riesige Kreuzfahrtschiffe auf ein kleines Städtchen loslässt. Es ist verstörend. Die ganze Stadt quillt über mit Rentnern und Menschen, die schon mit 35 im geistigen Rentenalter sind und jedes zweite Haus beherbergt einen garantiert authentischen Goldrauschjuwelenladen.
Wir haben diesen Ort so schnell wie möglich hinter uns gelassen. Hinter Skagway wird es dann nämlich wieder sehr sehr schön. Der Highway schlängelt sich wieder auf über 1000 Meter in die Höhe und die Landschaft ist noch beeindruckender als auf der kanadischen Seite zwischen Haines Junction und Haines. Dieser Abstecher hat sich definitiv gelohnt.

Auf den Spuren der Goldgräber

Ich habe gesehen, dass ich den dritten Teil meiner Reisekolumne für die Stuttgarter Zeitung noch gar nicht online gestellt habe. Na so etwas aber auch.

In diesem Teil geht es um den Goldrausch am Klondike und seine Bedeutung für die Geschichte Kanadas und der USA.

Einst trieb es Tausende in den Norden Kanadas. Noch heute wird in Dawson City geschürft. Unsere Kolumnistin Eva Horn hat sich am Zusammenfluss von Yukon und Klondike vorgestellt, wie es früher war.

Dawson City – Während ich diesen Text schreibe, sitze ich in dem Auto, das seit ungefähr fünf Wochen mein Zuhause ist. Ich habe aufgehört zu zählen, wie viele Stunden ich hier drin verbracht habe, aber es sind viele. Das Auto ist unser Kleiderschrank, unser Schlafzimmer, unsere Küche und nicht zuletzt unser Fortbewegungsmittel. Mehr als 6000 Kilometer haben wir schon zurück­gelegt, haben es über einsame Pässe und Straßen über die Yukon-Territorien nach Alaska geschafft. Im Gegensatz zu den meisten anderen Campern haben wir keinen Wohn­wagen der Größe eines Gigaliners, trotzdem ist unsere Art des Reisens geradezu luxuriös, im Vergleich mit den Widrigkeiten, die Menschen vor 120 Jahren auf sich nahmen, um an den Yukon oder nach Alaska zu reisen.

Bei eisiger Kälte sind sie über tief verschneite Pässe gelaufen, oft mit ihrem kompletten Hausstand auf dem Rücken. Nur die Wohlhabenderen konnten sich einen Träger leisten. Schon die Überfahrt von der amerikanischen Westküste gen Norden war gefährlich, zahlreiche Schiffswracks entlang der Küste zeugen davon. Heute kann man auf dem Highway unkompliziert reisen (wenn man von Schlaglöchern und anderen Straßenschäden absieht) und die beeindruckende, raue Landschaft auf sich wirken lassen. Lediglich das Sitzfleisch wird auf eine harte Probe gestellt.
Im Jahre 1897 hatten die Reisenden anderes im Sinn als Landschaft und wilde Tiere zu betrachten. Man hatte an einem Nebenfluss des Yukon, dem Klondike River, größere Mengen Gold gefunden. Diese Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer und trieb mehr als 100 000 Glücksucher in den hohen Norden, löste den letzten großen Goldrausch der Geschichte aus und machte den Klondike River und Dawson City zu einem Mythos. Das Leben der indigenen Bevölkerung der Region änderte sich innerhalb weniger Jahre tiefgreifend. Viele Menschen starben an Krankheiten, die die Siedler einschleppten. Auch die Lebensweise der Stämme veränderte sich.

Nach und nach wird uns bewusst, wie wichtig die verschiedenen Goldräusche für die kanadische und amerikanische Geschichte sind. Überall finden sich Überbleibsel dieser Vergangenheit, manche werden kreativ genutzt. Lehrtafeln erzählen vom Leben der indigenen Bevölkerung, von Goldsuchern, Nachtclubtänzerinnen und ganzen Familien, die in den Norden wanderten. Bis heute wird in der Region Gold geschürft, mit immer moderneren Methoden, um dem Gestein noch das letzte bisschen Goldstaub abzutrotzen. Auch Touristen dürfen an einigen Claims Gold schürfen, also versuchen auch wir unser Glück.

Dawson City ist heute ein lebendes Museum mit 1600 Bewohnern. Viele Häuser von damals sind stehen geblieben und wurden zum Teil aufwendig restauriert. Im Sommer dauert der Tag bis zu 21 Stunden, alles blüht, wächst und gedeiht, und die Stadt ist gefüllt mit jungen Menschen aus Vancouver oder Toronto, die in den Restaurants, Bars und Museen arbeiten. Genug Zeit für uns, in den Kneipen von Dawson Bier zu trinken und uns zu überlegen, welcher Goldsucher wohl vor 120 Jahren auf unserem Platz saß.

An dieser Stelle könnt ihr den Originaltext auf der Seite der Stuttgarter Zeitung nachlesen.

Alaska, Teil eins.

Wir sind gerade in Summerland, Okanagan, dem heißesten Fleckchen Kanada. Ausgerechnet hier, bei über 30 Grad schreibe ich nun also mit halb aufgeweichtem Hirn einen Text über Alaska. Challenge exepted.

Eva Denali

Alaska, das heißt in erster Linie: Ganz viel Natur, viele Highwaykilometer und wenig Menschen. Nicht ganz so wenige wie im Yukon, aber trotzdem, Alaska ist weit davon entfernt, dicht besiedelt zu sein. Und das ist auch gut so. Fairbanks und Anchorage, die beiden mit Abstand größten Städte des Landes, bestechen in erster Linie durch ihre Hässlichkeit. Anchorage musste in den 1960er Jahren nach einem schweren Erdbeben mehr oder weniger über Nacht wieder aus dem Boden gestampft werden und das sieht man der Stadt auch an. Es gibt es paar ganz schöne Parks aber das wars dann auch schon. In erster Linie gibt es viele Supermärkte und sonstige Infrastruktur, die man braucht, um sich möglichst lange wieder in der Natur aufhalten zu können. Außerdem gibt es ein paar Kinos und wir haben sogar eine passable Cocktailbar gefunden. Ansonsten gilt: Lebensmittel in Alaska sind teuer, Essen gehen ist noch teurer.

Fairbanks besticht in erster Linie durch zwei große Armee- bzw Luftwaffenstützpunkte, außerdem dient die Stadt als Drehscheibe für den Weg weit in den Norden. Auch hier gibt es zahlreiche Supermärkte und andere Infrastruktur.

Kommen wir nun zu den schönen Seiten Alaskas, die außerhalb der Städte zu finden sind. Schon die Einreise über den „Top of the World“ Highway ist ein Erlebnis. Man fährt ganz weit oben durch menschenleere Gebirgszüge, die Landschaft ist karg und unendlich weit. Die Grenzstation ist lediglich im Sommer geöffnet und liegt am ungefähr höchsten Punkt der Passstraße. Für US-amerikanische Grenzbeamte sind die Menschen dort unfassbar freundlich und entspannt.

Auf dem Weg gibt es nur eine Tankstelle und auch sonst außer ein paar Goldschürferhütten keine Zeichen von Zivilisation und so ist man froh, dass es in Tok, einem typischen hässlichen amerikanischen Straßenkreuzungsdorf, zahlreiche Tankstellen und einen Supermarkt gibt.

Aber ich wollte ja von der Natur erzählen. Da ist zunächst natürlich der Denali, Alaskas wohl bekanntester Nationalpark. Er liegt direkt am Highway zwischen Fairbanks und Anchorage und ist entsprechend leicht zu erreichen. Das merkt man, denn es ist VOLL mit Rentnergruppen aus aller Welt, die anscheinend kollektiv beschlossen haben, dass der Besuch des Denali zu einem gelungenen Ruhestand unbedingt dazu gehört. Mit großem Glück bekommen wir den letzten Platz auf dem riesigen Campingplatz am Eingang des Denali. Unseren Shuttlebus in den Nationalpark hinein haben wir in weiser Voraussicht schon ein paar Tage vorher im Internet gebucht.
Für den Denali sollte man sich unbedingt ein paar Tage Zeit nehmen, haben wir gehört. Ich kann das nur so weitergeben. Wir waren 2,5 Tage im Nationalpark unterwegs. Die genauen Modalitäten, Eintrittspreise und Shuttlebusse kann man auf der wirklich ausführlichen und pädagogisch wertvollen Homepage nachlesen.

Peter_Denali

Am ersten Tag laufen wir ein paar Kilometer in der Nähe des Eingangs und stehen plötzlich vor der parkeigenen Schlittenhundzucht. Die tägliche Show ist gerade zu Ende gegangen und die Hunde werden gefüttert. Vor einem Käfig ist eine größere Menschentraube: SCHLITTENHUNDWELPEN!!1! Ich mag ja Hunde ja eigentlich gar nicht so gerne, aber Schlittenhunde schon. Und Welpen noch viel mehr. In Gedanken sehe ich mich schon die Rangerinnen ablenken und mit einem putzigen Haufen Hund den Park verlassen, entscheide mich aber im letzten Moment dagegen, diesen Plan umzusetzen. Die süßen Dinger sind schließlich Profis und brauchen professionelles Training.

Am nächsten Tag warten wir dann auf den Shuttlebus, der uns (und ein paar der oben schon erwähnten RenterInnen) in den Nationalpark hineinfährt. Privat-PKWs dürfen nur die ersten 20 km auf der einzigen Straße, die in den Park hineinführt, fahren, danach geht es nur noch mit einem der Busse weiter. So sitzen wir also 3 Stunden in dem Bus, der immer wieder langsamer fährt, weil irgendwo „Wildlife“ zu sehen ist. Die meisten Menschen warten sehnsüchtig auf ihre Chance, einen Grizzlie in freier Wildbahn zu sehen. Wir hingegen wollen in erster Linie am Endpunkt des Busses ankommen, denn dort wollen wir querfeldein wandern gehen. Wir fragen also nach guten Routen und laufen schließlich einen riesigen Strom entlang. Die Flüsse in Alaska sind in der Regel weit ausgebreitet, dass Flussbett ist mehrere Kilometer breit. Während wir durch das steinige Flussbett stolpern, sehe ich plötzlich einen Grizzlie, zum Glück mehrere 100 Meter entfernt. Der Bär interessiert sich zum Glück nicht die Bohne für uns und quert das Flussbett. Ich schwanke zwischen „OH MEIN GOTT ein Grizzlie wie toll!!“ und „OH MEIN GOTT ein Grizzlie, hoffentlich kommt er nicht näher!!“. Das Tier ist riesig und wir bleiben angemessen beeindruckt zurück. Nachdem der Bär nicht mehr zu sehen ist, wagen wir uns wieder zurück zur Bushaltestelle. Da wir keinen kleinkindgroßen Fotoapparat besitzen, gibt es leider kein Foto davon.

Auf dem Rückweg sehen wir nochmal einen Bären, diesmal ein deutlich kleineres Tier. Die Menschen im Bus sind beeindruckt und ihre meterlangen Fotoapparate klicken wie wild. Ihr Tag war erfolgreich, denn sie haben einen Bären gesehen.

Am dritten Tag entscheiden wir uns, mit dem Auto die erlaubten 20 km in den Park hineinzufahren und dort wandern zu gehen. Der Weg entpuppt sich als wunderschöne, aber auch anstrengende Gebirgswanderung mit schönen Panoramaausblicken. Als wir nach dem Rückweg gerade ins Auto einsteigen wollen, wird es um uns herum laut und Menschen zücken ihre riesigen Fotoapparate. Wir sehen uns um und tatsächlich: Ein Rentier mit beeindruckendem Geweih läuft nur wenige Meter an uns und den anderen Touristen vorbei.

Rentier

Wir haben Glück, am nächsten Tag ist das Wetter launisch, es regnet in regelmäßigen Abständen und wir fahren weiter Richtung Anchorage.

Zwischen Pazifik und Regenwald..

Vor einiger Zeit schon ist der zweite Teil meiner Kolumne für die Stuttgarter Zeitung gedruckt worden. Nun gibt es ihn auch online.

In diesem Teil geht es um Nationalparks, Natur, wilde Tiere und zwei Frauen, die wir auf unserer Reise getroffen haben.

Vancouver Island – Es ist ein Job, man wird dafür bezahlt – und es ist der schönste Job der Welt.“ Die junge Rangerin, die wir im Cape Scott Provincial Park an der äußersten Nordspitze von Vancouver Island treffen, strahlt. Sie ist gerade am Rangerhaus angekommen und damit heute schon 18 Kilometer durch den kanadischen Regenwald gewandert. Bis Ende September wird sie im Wechsel mit zwei Kolleginnen die Wanderwege im Provincial Park (vergleichbar mit unseren Nationalparks) pflegen, die Parkbenutzungsberechtigungen eintreiben, die sanitären Anlagen säubern und Wölfe und Bären beobachten. Den Blick auf den feinkörnigen Sandstrand und den knallblauen Pazifik gibt es dabei gratis dazu. Dafür liegen zwei Stunden Fahrt auf verschiedenen Schotterpisten und ein fünfstündiger Marsch durch den Regenwald zwischen ihr und der nächsten Kneipe.

Wie weit weg das ist, haben wir selbst schmerzvoll festgestellt, werden aber mit einem fast menschenleeren Sandstrand, einem malerischen Sonnenuntergang und Tierbegegnungen für unsere Mühen belohnt. Wir beobachten einen Schwarzbären, wie er Krebse sucht, und am nächsten Morgen läuft ein Wolf nur ein paar Meter von unserem Zelt entfernt den Strand entlang. Er taxiert uns kurz und läuft unbeeindruckt seiner Wege.

Rita, die gute Seele der Campingplätze

Einen Wolf bekommt man im Morton Lake Provincial Park eher selten zu Gesicht. Dort, weiter im Süden der Insel, „nur“ 20 Kilometer von der nächsten asphaltierten Straße und eine Fahrtstunde von der nächsten Stadt entfernt, treffen wir auf Rita Robson. Die grauhaarige Frau mit dem lauten Lachen und feinen Humor arbeitet gemeinsam mit ihrem Mann in der Sommersaison seit einigen Jahren als Aufsicht und Frau für Alles auf verschiedenen Campingplätzen. Auch sie strahlt, wenn sie von ihrer Arbeit erzählt. Den Sommer verbringt Rita in ihrem Wohnwagen am Ufer des kleinen Sees, kümmert sich um die sanitären Anlagen, die Buchhaltung, verkauft Feuerholz und unterhält sich mit ihren Gästen. Für zehn Dollar Gebühr am Tag bekommen diese einen Stellplatz für Zelt und Auto, eine Feuerstelle, saubere Plumpsklos mit Klopapier und – wie im Falle von Morton Lake – zuweilen einen kristallklaren Badesee direkt vor der Tür.

Im Winter geht Rita Robson dann selbst auf Reisen. Im vergangenen Jahr ist sie den Panamakanal entlang gefahren: „Es ist faszinierend, dass sich dort seit hundert Jahren so wenig verändert hat.“ Als wir ihr von unseren Reiseplänen erzählen, ist sie begeistert und rät uns, den Panamakanal auf gar keinen Fall auszulassen. Sie ist auf Vancouver Island geboren, erzählt sie, als sie uns nach unserer Route fragt. „Früher ist man an der Küste mit dem Auto über den Strand gefahren! Das wäre heute natürlich völlig unvorstellbar.“ Ob sie nicht manchmal einsam sei, hier draußen am See, frage ich sie. Sie lacht wieder herzlich: „Ich fühle mich in der Natur viel wohler als in der Stadt.“ Deshalb sei die Arbeit perfekt für sie. Kinder und Freunde kämen regelmäßig zu Besuch. „Ich will den Job machen, solange es noch geht“, sagt Rita Robson. Sie macht nicht den Eindruck, als hätte sie vor, bald in Ruhestand zu gehen.

An dieser Stelle könnt ihr den Originaltext auf der Seite der Stuttgarter Zeitung nachlesen.

Hier findet ihr den ersten Teil meiner Kolumne.

Yukon Territories.

Nachdem wir so lange nichts von uns hören lassen haben, hier endlich ein Update. Die Internetverbindungen im Norden waren oft schlecht und gutes WLAN so rar gesät, dass andere Dinge Priorität hatten, wenn wir denn mal online waren. Ein Foto auf Instagram ist halt schneller hochgeladen als die Bilder für ein WordPressblog.

Das zur Erklärung. Nun zum Yukon.

Im Laufe unserer Fahrt ist die Nacht immer kürzer und der Tag immer länger geworden. Sowohl im Yukon als auch in Alaska scheint die Sonne gerade 19 bis 20 Stunden lang und auch „nachts“ wird es nicht wirklich dunkel. Einschlafen ohne Schlafbrille? Unmöglich. Der kurze arktische Sommer hat es in sich. Alles wächst und gedeiht. Es wird hier oben durchaus warm und die Sonne brennt auf einen herunter. An sonnigen Tagen kann man es kaum ohne Schatten aushalten und es wundert mich gar nicht mehr, warum hier oben alle so braun sind.

Wir hatten Tage, an denen es 30 Grad warm wurde und wir abends um 22 Uhr noch mit Sonnenbrille durch die Gegend gelaufen sind.
Ansonsten bedeutet Yukon vorallem: Natur, denn davon gibt es hier viel. Menschen hingegen nicht so sehr. Man fährt also stundenlang durch Wälder, Täler, an schneebedeckten Bergen vorbei. Teilweise kann man 250 km lang nicht tanken, weil es einfach keine Siedlungen gibt. So eine riesengroße Leere kann man sich als Europäer kaum vorstellen. Wenn man nicht gerade durch Wälder fährt, dann geht es an Seen vorbei, wobei nicht alle so wunderbar blau sind wie Lake Boya im äußersten Norden von British Columbia.

Boya Lake Canada

Im Yukon leben ca. 40.000 Menschen, rund 30.000 davon in der Hauptstadt Whitehorse. Man kann sich also ungefähr vorstellen, wie unfassbar bevölkert diese kanadische Provinz ist. Die Einwohner leben mittlerweile hauptsächlich vom Tourismus, aber auch von Bergbau und Fischfang. So wirklich besiedelt wurde das Yukon-Territorium erst vor rund 120 Jahren, als man hier in größeren Mengen Gold fand. Die Folge war der letzte große Goldrausch Amerikas, der in den Jahren 1886 bis 1900 viele Menschen immer weiter in den Norden spülte. Dawson wuchs innerhalb von 2 Jahren zu einer Stadt mit über 20.000 Einwohnern heran. Heute ist Dawson ein großes Freilichtmuseum, in dem man die Gebäude aus der Goldrauschzeit ansehen kann. Mittlerweile leben sogar wieder ca. 1500 Menschen in der Stadt, in den Sommermonaten sind es deutlich mehr. Alle anderen Städte sind eigentlich kleine Dörfer, umgeben von Wald und nochmehr Wald.
Während Lebensmittel und Benzin im Laufe des Weges gen Norden immer teurer werden, gehen die Bierpreise erfreulicherweise nach unten. Wenn ihr mal eine Bar sehen wollt, die nicht nur nach Goldgräberflair aussieht, sondern auch wirklich aus dieser Zeit stammt, dann kann ich euch die Bar des Westminster Hotels in Dawson ans Herz legen.
Beim Gang durch die staubigen Straßen fällt es einem schwer, sich vorzustellen, dass hier 8 Monate im Jahr strengster Winter herrscht und die Häuser auf Stelzen gebaut werden müssen, damit das Holz im Permafrost nicht verzieht.

Dawson City Yukon

Whitehorse, immerhin die Hauptstadt der Provinz Yukon, gibt sich Mühe und hat vor einigen Jahren die Uferpromenade des Yukons herausgeputzt. Ansonsten gibt es hier vorallem Supermärkte, Tankstellen und andere Infrastruktur. Erfreulicherweise haben wir ein wundervolles BBQ und zwei gute Bars gefunden. Wenn ihr also mal nach Whitehorse kommt, geht unbedingt im „Klondike BBQ“ Rippchen und gegrillten Lachs essen und trinkt in der „Miners Daughter“ ein paar Yukon-Biere. Ansonsten füllt dort eure Vorräte auf und haut ab in die Natur, die ist nämlich der Hauptdarsteller im Yukon.

Besonders empfehlen möchte ich euch den Kluane Nationalpark, der irgendwo zwischen Alaska und dem Yukon liegt. Hier gibt es schöne, abwechslungsreiche Wanderwege und in Haines Junction sogar ein paar Bars, eine nette Bäckerei (Village Bakery, kauft dort unbedingt Himbeer- oder Cranberryscones, die sind riesig und lecker) und ein paar Campingplätze. Überhaupt, campen: Es gibt am Highway auch ein paar hervorragend ausgebaute State Parks, in denen man meistens auch campen kann. Die Plätze sind nicht so teuer und mitten in der Natur, dafür gibt es halt keine Duschen und meistens nur Plumpsklos. Aus unserer Erfahrung heraus kann ich sagen: Zum Duschen und Wäsche waschen auf einen ausgebauten (und teureren) Campingplatz gehen, ab und zu an den Highway stellen (natürlich nur dann, wenn es erlaubt ist) und die State Parks frequentieren. So kann man sich von allem das Beste abholen. Und wenn es irgendwo „free hot showers“ gibt, nutzt das aus.

Top of the world highway, Yukon

Der ultimative Vancouverguide.

Lange hat es gedauert, aber jetzt ist sie endlich da: Unsere ultimative und unvollständige To-Do-Liste für Vancouver:

Vancouver ist eine freundliche und – soweit wir das beurteilen können – sichere Stadt. Ein Besuch lohnt sich, vorallem im Sommer. Warum, das haben wir im Folgenden für euch zusammengefasst.

Do: Streetfood essen – Downtown und Streetfood Märkte im Sommer

Vancouver ist ein Streetfoodparadies. Downtown findet sich um die Mittagszeit an nahezu jeder Ecke ein Foodtruck und gerade im Sommer wöchentlich Street Food Feste. Kluge Esser schauen auf streetfoodvancouver.ca nach, welcher Foodtruck sich wann und wo aufhält. Jeden Freitagabend im Sommer findet am Kai in North Vancouver ein Streetfoodmarkt statt. Dieser kostet keinen Eintritt und ist zudem eine fantastische Gelegenheit, mit der Fähre von Downtown (Haltestelle Waterfront) über das Wasser zu fahren und neben geilem Essen von ca. 30 Foodtrucks auch noch den Blick auf das Hochhäusermeer von Downtown Vancouver abzugreifen.

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Do: Stanley Park – drum herum joggen/fahren/spazieren

Der Stanley Park liegt an der Nordspitze von Downtown Vancouver und ist für einen Park kaum angelegt und der Wald wirkt ziemlich ursprünglich. Man kann mit dem Leihrad oder zu Fuß quer durch fahren bzw. laufen, sich an einen der drei Strände chillen, Waschbären und Eichhörnchen besichtigen und die Aussicht genießen. Oder man kann den Park umrunden – sei es joggend, auf Inlineskates, mit dem Fahrrad oder zu Fuß. Die Strecke ist ca. 9 Kilometer lang und bietet großartige Ausblicke. Lediglich auf die anderen Verkehrsteilnehmer sollte man achten, manche Radler*innen wirken, als säßen sie zum ersten Mal in ihrem Leben auf einem Sattel. Stanley Park kostet übrigens auch keinen Eintritt.

Do: Grouse Grind erklimmen

Der folgende Tip ist etwas für sportliche und/oder wahnsinnige Menschen, denn der Grouse Grind ist ein ca. 3 km langer bzw. hoher Weg, der auf den Hausberg Vancouvers, den ca. 1200 Meter hoher Grouse Mountain führt. Man erklimmt also gemeinsam mit vielen anderen eine aus gefühlten 100000 Stufen bestehende Treppe, die in engen Serpentinen direkt auf den Gipfel führt. Klingt bekloppt? Ist es auch. Aber wenn man dann, komplett durchgeschwitzt und außer Atem, oben angekommen ist, hat man erstens einen netten Blick über Vancouver und die Bucht und zweitens ganz schön was geschafft. Wer nicht so sportlich bzw. wahnsinnig ist, kann auch mit der Seilbahn auf den Gipfel fahren.

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Do: Sushi essen

Angeblich gibt es in Vancouver das beste Sushi außerhalb Japans. Ob das stimmt, vermögen wir nicht zu beurteilen, aber lecker ist es allemal. Und – im Vergleich zu allem anderen Essen – wahnsinnig preiswert. Vancouver liegt direkt am Meer und sehr viele Einwohner haben asiatische Vorfahren, zwei gute Argumente dafür, sich auf alle Arten von asiatischem Essen und auf Fisch zu stürzen. Einen Überblick über gute Sushiläden bieten die gängigen Portale, Tripadvisor, Zomato etc.

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Don’t: Rauchen am Strand und Alkohol trinken in der Öffentlichkeit
In Vancouver ist es verboten, in der Öffentlichkeit Alkohol zu trinken. Das ist schade, denn man würde sich nur allzu gerne mit einem Bier an den Strand oder in einen der Parks setzen. Außerdem ist es verboten, am Strand zu rauchen. Wers trotzdem riskieren möchte, sollte sich ein einsames Flecken suchen.

Do: Kaffee trinken und bei Nelson the Seagull das beste Brot essen

In Vancouver gibt es viele wirklich gute Coffeeshops und einige Röstereien. Was es allerdings nicht so oft gibt, ist Brot, das auch für meinen verwöhnten und Brot obsessiven Gaumen nach etwas schmeckt. Aber zum Glück gibt es Nelson the Seagull. Dieser Hipsterladen in Gastown backt sein Sauerteigbrot selbst und brüht vorzüglichen Kaffee. Und man kann nahezu den ganzen Tag über Avocado auf Brot und andere Sachen Frühstücken. WLAN gibt es auch. Nelson, wir lieben dich!

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Do: Happy Hours checken – Micro Breweries

Alkohol ist teuer in Vancouver. In den meisten Pubs ist man je nach Lage und Biersorte schon mal acht kanadische Dollar ärmer. Viele Pubs, Kneipen und Restaurants haben aber eine HappyHour. Diese ist meistens zwischen 16 und 18 Uhr. Einfach aufmerksam durch die Stadt schlendern und auf entsprechende Schilder achten. Außerdem gibt es in Vancouver einige Microbreweries, die mit spannenden Bieren, IPAs und Ales locken.
Gute Gegenden für den gepflegten Alkoholgenuss sind der Commercial Drive, Gastown und das West End.

Don’t: Zu spät Essen gehen

Wir essen in Deutschland meistens zwischen 19 und 21 Uhr zu Abend. In Vancouver ist das zu spät. Viele Restaurants schließen sogar schon um 21 Uhr. Manche Imbissbuden und viele Pubs schließen die Küche erst deutlich später, aber in der Regel sollte man sich gegen 18:30 Uhr zum Essen bewegen, gerade, weil ohne Reservierung oft auch noch Wartezeit eingeplant werden muss.

Do: Mit der Fähre nach North Vancouver fahren

In Vancouver ist die Fähre, ähnlich wie in Istanbul oder in New York, ein normales Verkehrsmittel. Mit dem Metroticket kann man also auch übers Wasser fahren. Und das sollte man tun, denn auf der anderen Seite winkt nicht nur ein atemberaubender Blick auf die Skyline von Vancouver, sondern auch eine Markthalle, zahlreiche Kneipen und jeden Freitag eines der größten Street Food Feste Vancouvers.

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Don’t: Ohne passendes Kleingeld Bus fahren

Vancouver hat ein dichtes Netz des öffentlichen Personennahverkehrs. Skytrain, Fähren und zahlreiche Busse bringen einen nahezu überall hin. Allerdings sollte man immer genug Kleingeld dabei haben, denn im Bus gibt es kein Wechselgeld und es werden nur exakte Beträge akzeptiert. Übrigens: In Vancouver sind die Tickets am Wochenende und nach 18:30 Uhr deutlich billiger. Wer es in der Hand hat, geht also eher abends und am Wochenende auf große Fahrt. Außerdem gibt es in Kiosken, Apotheken und an Tankstellen 10er-Karten, die ebenfalls billiger sind als ein einfaches Ticket.

Don’t: Außerhalb von Downtown zu Fuß gehen – und Downtown Auto fahren

Weiter oben schrieb ich vom gut ausgebauten Nahverkehr, trotzdem sollte man es vermeiden, außerhalb der Innenstadt größere Strecken zu Fuß gehen zu wollen. Oft gibt es keine Fußgängerwege und die Strecken, die man zurücklegen muss, sind lang. Laut meiner Schrittzählerapp sind wir in Vancouver oft mehr als 10 km am Tag gelaufen, was eigentlich kein Problem wäre, wären die Wege ausgebaut und schön. Andersherum sollte man es unbedingt vermeiden, Downtown mit dem Auto fahren zu wollen. Es gibt kaum Parkplätze und wenn, dann sind sie teuer. Außerdem sind die Straßen voll und vor lauter Stop and Go und den zahlreichen Fussgängern kommt man kaum an sein Ziel.

Do: Zum Strand gehen
Vancouver liegt direkt am Meer, das Wasser ist allgegenwärtig, was sich an jeder zweiten Ecke bemerkbar macht. (Ich sage nur: Sushi, Salzwassergeruch, Fähre fahren, Schiffe, Hafen) Gerade jetzt im Sommer sollte man daher unbedingt eines tun: Sich zu einem der zahlreichen Strände bewegen und badenbzw planschen gehen. Viele Strände sind bewacht und verfügen über Toiletten, Liegewiesen und einen Kiosk. Der Pazifik ist außerdem recht kühl und bietet daher die perfekte Möglichkeit zur Abkühlung für überhitzte Städtetouristen.

Ein von @habichthorn gepostetes Foto am

Fazit: Eine Stadt, in der man wundervolles Seafood bekommt, die direkt am Strand liegt und zudem nicht zu groß ist – Ihr wisst, wo ihr nächsten Sommer hinfahrt, oder?

Wie man in Kanada ein Auto kauft.

Ein Roadtrip ohne Auto ist kein Roadtrip und entsprechend ist die Suche nach einem geeigneten Auto eine ziemlich wichtige Sache.
Wir haben gerade unseren – hoffentlich – treuen Gefährten in Vancouver gekauft. Nachfolgend findest du ein paar Tips, Anregungen und Hinweise.

1.) Was für ein Auto macht für dich überhaupt Sinn?

Du solltest dir, bevor du ein Auto kaufst, überlegen, welche Sorte Auto für deinen Reiseplan das Richtige ist. Klingt einfach, ist es aber oft gar nicht. Willst du in deinem Auto schlafen oder nicht? Wie viele Kilometer muss es durchhalten? Wie werden die Straßen beschaffen sein, auf denen du vorhast zu fahren? Bist du Automechanikerin oder hast du keine Ahnung von Autos?

In unserem Falle ist es so, dass das Auto ein paar Kilometer durchhalten muss, also haben wir versucht, eines mit möglichst wenigen Kilometern auf dem Zähler zu finden. Außerdem wollten wir ein Auto haben, was entlang der Strecke halbwegs gebräuchlich ist, damit man in Werkstätten nicht 2 Monate auf die entsprechenden Ersatzteile warten muss. Platz für zwei Personen (auch zum schlafen) und Gepäck sollte es bieten und außerdem nicht allzu alt sein, da wir uns die Option offen halten wollen, das Auto auch in anderen Ländern als Kanada verkaufen zu können. Bei älteren Autos kann das schwierig werden, bei neueren ist es wohl auf Grund des NAFTA-Abkommens zumindest in Mexiko kein Problem.

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2.) Hilfe, wo finde ich überhaupt ein Auto?

Es gibt drei verschiedene Möglichkeiten, deinen fahrbaren Untersatz zu finden. Erstens, du suchst bei craigslist oder kijiji nach Autos in deiner Region, die zu deinem Profil, was du unter 1.) herausgefunden hast und zu deinen preislichen Vorstellungen passen. Dort gibt es entweder Autos von Privatpersonen oder von Händlern. Du rufst dann bei den Leuten an, vereinbarst einen Termin und schaust, ob dir der Wagen taugt. Woran du das erkennst, erkläre ich später.
Zweitens, du gehst zu einem der zahlreichen Gebrauchtwarenhändler, erklärst ihm deine Anforderungen und schaust, was er (oder sie) für dich hat. Der Vorteil beim Gebrauchtwarenhändler ist, dass die Autos in der Regel durchgecheckt und repariert werden, bevor sie verkauft werden. Dadurch sind sie meistens etwas teurer, aber man muss nach dem Kauf wahrscheinlich erstmal nichts mehr investieren. Eine Garantie oder ähnliches gibt es aber auch bei Händlern meistens nicht.
Drittens: Du kaufst ein Auto von einer anderen Travellerin. Dafür gibt es auf Facebook spezielle Gruppen, die du in der Facebooksuche finden kannst. Vorteil hier: Das Auto ist schon (teilweise) umgebaut und eingerichtet und du musst nicht mehr so viel Ausrüstung kaufen. Nachteil: Du kaufst den Wagen von privat und somit gibt es keinerlei Haftung für eventuelle Schäden oder Dinge, die du erst später bemerkst.

Wir haben uns für Möglichkeit Nummer 3.) entschieden, weil gerade ein Auto, das unseren Wünschen – hoffentlich – ziemlich genau entsprach, von anderen Travellern zum Verkauf angeboten wurde. Hätte das nicht geklappt, wären wir wohl zu einem Händler gegangen.

3.) Panik! Woran erkenne ich überhaupt ein gutes Auto?

Nunja, ich bin kein Automechaniker und kein Hellseher, von daher kann ich dir auch keine 100% sicheren Tips geben, sondern nur aufzählen, worauf wir beim Kauf geachtet haben.

  • Das Auto zeigt keine oder nur wenige Spuren von Rost
  • Der Motor und alles andere unter der Motorhaube ist sauber, nicht siffig und rostfrei
  • Beim Fahren macht das Auto keine komischen Geräusche, es raucht nicht und holpert nicht
  • Die Bremsen funktionieren gut und ohne Probleme
  • Es gibt eine Dokumentation, in der aufgeschrieben wurde, was alles schon an dem Auto repariert wurde
  • Das Auto leckt nicht (Du siehst auf dem Boden, wo es stand, keine komischen Flecken)

Letztendlich musst du aber auf deinen gesunden Menschenverstand vertrauen und auch ein bißchen darauf, dass dir die Verkäufer keinen Scheiß erzählen. Am Besten, du fährst mit dem Wunschwagen zu einer der vielen Werkstätten und lässt einen Servicecheck machen. Das kostet meistens so um die 70 $ (je nach dem, was du mit der Werkstatt ausmachst), vermittelt dir aber eine gute Vorstellung davon, wie es unter deinem Auto aussieht (den Rest sieht man halt wirklich meistens selbst).
Wenn du dir nicht sicher bist, schlaf lieber eine Nacht über deine Entscheidung. Wenn du dir sicher bist, dann schlag ein, aber vergiss nicht, vorher den Preis zu verhandeln.
Bist du dir mit dem Verkäufer einig geworden, folgt Punkt 4.

4.) Und wie kaufe ich jetzt das verdammte Auto? Und wie war das jetzt mit der Versicherung?

Also zunächst achtest du bitte darauf, dass ihr einen ordentlichen Kaufvertrag abschließt. Vordrucke findest du wie immer in diesem Internet. Wichtig ist, dass der Kaufpreis, das Datum, die Vehicle Number und Unterschriften von Käufer und Verkäufer auf dem Vertrag stehen. Wie genau ihr das mit der Bezahlung regelt, ist eure Sache.

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Mit diesem Vertrag dackelst du dann (mit dem Verkäufer) zu einer der zahlreichen Versicherungsagenturen (Insuranceagencies). In British Columbia gibt es eine staatliche Autoversicherung, sie hält das Monopol, ist verpflichtend und kostet entsprechend in jeder Agentur das Gleiche. In anderen Provinzen sieht das ganz anders aus, dort kann es unter Umständen große Unterschiede von Versicherung zu Versicherung geben und ein Vergleich lohnt. Möchtest du ein Auto, was nicht in British Columbia zugelassen ist, in British Columbia kaufen und zulassen, wird es nochmal komplizierter. Dann musst du nämlich eine offizielle Inspektion machen lassen, damit das Auto die Provinz wechseln kann. Alter, denkst du jetzt, und ich dachte immer, der deutsche Föderalismus ist anstrengend und kompliziert. Pustekuchen, sage ich, du kennst den kanadischen noch nicht.

Bei der Versicherungsagentur triffst du hoffentlich auf einen freundlichen Menschen, der dir alles erklärt und deine Fragen geduldig beantwortet. Du brauchst deinen Reisepass, deinen Führerschein, eine gültige und gedeckte Kreditkarte und am besten noch einen Nachweis deiner deutschen Autoversicherung, dass du unfallfrei gefahren bist. Außerdem brauchst du eine Postadresse in British Columbia. Aber, don`t panic, ich habe gehört, dass man sich bei UPS ganz leicht eine mieten kann.

Bei der Versicherung musst du unter anderem angeben, ob du vorhast, dein Auto außerhalb von British Columbia zu fahren (sagte ich vorhin etwas vom kanadischen Föderalismus?). Sobald du deine „Heimatprovinz“ verlässt, wird die Versicherung nämlich teurer. Bitte sei hier unbedingt ehrlich, sonst greift deine Versicherung nämlich nicht und das ist im Schadensfall so ziemlich das schlimmste, was dir passieren kann. Ebenfalls solltest du die so genannte „third party coverage“ erhöhen, denn diese liegt nur bei 200.000 Euro und das ist lächerlich wenig, gerade dann, wenn man vorhat, in die USA zu reisen.
Für alle anderen Länder – außer den kanadischen Provinzen und den USA – muss man sich übrigens eine private Versicherung suchen. Hier lohnt dann wieder der Vergleich.

Dann solltest du angeben, für wie lange du die Versicherung abschließen willst. Mit einem Touristenvisum kannst du die Versicherung nicht länger als drei Monate abschließen, du musst also deinen Roadtrip entsprechend planen. Mit abgelaufenem Kennzeichen unterwegs zu sein, ist gar nicht cool und eine Straftat.
Du solltest außerdem bedenken, dass du auf den Kaufpreis deines Wagens (natürlich) auch noch Steuern zahlen musst. Dies sind 12% der Kaufsumme, also nicht eben wenig. Die Steuern zahlst du gemeinsam mit der Versicherung.

Am Ende hast du ungefähr 10 Mal deine Unterschrift irgendwo drunter gesetzt und auch der Verkäufer hat am Anfang unterschreiben müssen, um den offiziellen Kaufvertrag zu bestätigen. Ich habe gehört, dass manche Menschen auf dem offiziellen Kaufvertrag gar nicht die tatsächliche Kaufsumme angeben, um Steuern zu sparen. Ob man so etwas versuchen will, bleibt einem natürlich selbst überlassen.

Die Versicherung und die Steuer zahlst du dann vor Ort für die gewünschte Zeit mit deiner Kreditkarte. Dann bekommst du deine Nummernschilder, die du an dem Auto anbringst. Jetzt kannst du sofort losfahren. Herzlichen Glückwunsch!
Was für Equipment du für einen Roadtrip brauchst und welche Ausgaben sich nicht lohnen, erzähle ich dir zu einem späteren Zeitpunkt. Nämlich dann, wenn ich es selbst herausgefunden habe.

All along the watchtower. #stanleypark #vancity #igersvancouver #kytsch

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Die ersten Tage in Canada

Dieser Text wurde geschrieben auf der Terrasse eines Airbnb-Appartments in Burnaby in der Nähe von Vancouver.

Tatsache, wir sind jetzt wirklich in Kanada. Der Flug war lang und nicht ohne Komplikationen. (An dieser Stelle nur so viel: Versucht am besten nicht, ohne Rückflugticket nach Kanada einreisen zu wollen, alles andere bedeutet Stress.) Andererseits flogen wir quasi komplett über Grönland und das ewige Eis am Nordpol und ich muss ehrlich sagen, dass ich etwas schöneres noch nie gesehen habe.

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Die Einreise nach Kanada war wider Erwarten total problemlos, der Grenzbeamte hatte wohl einen guten Tag erwischt und ließ uns fast ohne detaillierte Fragen, und vor allem ohne Visumseinschränkung ins Land. Nun dürfen wir 6 Monate als Touristen im Land bleiben, was gut ist.

Pünktlich mit unserer Landung kam auch der Sommer nach Vancouver, was auch gut ist. Seitdem wir hier sind, hat es noch nicht geregnet und ich glaube, ich habe noch nicht mal eine Wolke gesehen. Vielleicht gibt es gar keine Wolken in Vancouver?

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Dafür haben wir schon andere Sachen gesehen: Krebse zum Beispiel, amerikanische Riesenkiefern, einen Kolibri und einen echten freilebenden Waschbären.

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Bisher scheint es mir, als würde sich das öffentliche Leben hier in British Columbia nicht allzu sehr von dem in den USA unterscheiden. Alkohol ist unfassbar teuer und es ist strikt verboten und verpönt, diesen in der Öffentlichkeit, also auch in Parks oder am Strand, zu trinken. Zigaretten sind ebenso unfassbar teuer und kaum jemand raucht. Die Autos sind riesig, die Lebensmittelpackungen im Supermarkt auch. Aber wer kennt es nicht, dieses plötzliche Verlangen nach einer 1 kg Packung Margarine? Hier in Kanada kann man diesem Verlangen nachgeben. Ist das nicht großartig? Außerdem scheint Vancouver ein wildes Land zu sein, denn gefühlt jeder Zweite fährt einen riesigen Monsterpickup, wahrscheinlich größer als das durchschnittliche WG-Zimmer in dieser teuren Stadt.

Mittlerweile haben wir auch herausgefunden, dass die Preise, die irgendwo angegeben sind, nicht die tatsächlichen Preise sind, weil meistens noch irgendeine komische Steuer hinzukommt.

Die Menschen sind freundlich und hilfsbereit. So hilfsbereit, dass man keine 10 Sekunden irgendwo rumstehen kann, ohne dass einen jemand fragt, ob man etwas suchen würde. Kein Wunder, dass hier fast jeder junge Mensch ein Smartphone hat, in das er unentwegt starrt, denn nur so gelingt es einem wohl, ein paar Minuten unbemerkt in einer Ecke zu stehen.
Dafür findet sich aber ständig jemand, der einen an der Supermarktkasse vorlässt und jede noch so blöde Frage wird gewissenhaft beantwortet. So viel Freundlichkeit ist für Norddeutsche wie mich manchmal schwer zu ertragen, aber eigentlich ganz ok.

Außerdem gibt es hier erfreulich viele richtig gute Kaffeeläden und kleine Röstereien. Auch Craftbier ist voll im Trend und wird in nahezu jedem Laden ausgeschenkt. Und es gibt Foodtrucks, viele Foodtrucks. Man kann in Vancouver also richtig viel Geld für tolle Sachen ausgeben.

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Was ich an Deutschland vermissen werde

Noch 4 Tage bis zur Abreise. Zeit, einmal aufzuschreiben, was ich an Deutschland vermissen werde.

1.)Backwaren
Ich nutze gerade jede sich bietende Gelegenheit, Laugengebäck in mich hineinzustopfen. Deutsche Backwaren an sich sind nämlich schon großartig, aber Stuttgarter Laugengebäck ist noch besser und besser wird es einfach nicht. Ich liebe Brötchen und gutes Brot. Als ich im Rahmen meines Studiums ein Jahr in Barcelona verbrachte, vermisste ich nicht viel, aber von jedem Gast ließ ich mir Brötchen aus Deutschland mitbringen. Weil Baguette zwar gut, aber eben keine warme Laugenbrezel mit Butter ist.
Die Jahre, die ich in Stuttgart verbrachte, haben dem Ganzen nurmehr die Krone der Köstlichkeit aufgesetzt. Bäcker Frank, Bäcker Hafendörfer, ich werde euch vermissen!

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2.) Das Wetter
Verehrte Leser_innen, das ist kein Scherz. Hier gibt es Jahreszeiten! Abwechslungsreiches Wetter! Schnee, Regen, Graupel, Sonne, Hagel, Temperaturen von -20 bis +40 Grad! Herbststürme, Sommergewitter, Schneetreiben, Sonnenuntergänge – das Wetter hier ist alles, aber nicht langweilig und deshalb werde ich es vermissen.

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3.) Deutsche Zuverlässigkeit
Deutschland kann furchtbar anstrengend sein. Menschen, die einmal versucht haben, 3 Minuten nach Ende der Öffnungszeiten in einem Einwohnermeldeamt bedient zu werden, wissen, wovon ich rede. In der Regel hat man nämlich keine Chance. Alles läuft nach Plan und alles hält sich an die Regeln. Ich kann davon ausgehen, dass das Einwohnermeldeamt am nächsten Tag pünktlich wieder aufmacht.
In Deutschland kommen Busse meistens pünktlich und es existiert ein Fahrplan, alles ist penibel genau ausgeschildert, es gibt für jeden Scheiß ein Formular und eine Stelle, an die man sich wenden kann. Man könnte sagen, Anarchie in jeder Form ist dem Deutschen fremd. Oft genug verzweifelte ich an der deutschen Liebe zu korrektem Verhalten und Bürokratie. Allerdings ist so alles relativ leicht zu berechnen und es gibt weniger Überraschungen – und das werde ich sicher vermissen.

4.) Die deutsche Bahn
Ja, ich weiß, es ist ungewöhnlich, aber ich mag die Deutsche Bahn. Die meisten Züge fahren pünktlich und wenn nicht, dann kann man sich ein Fahrgastrechteformular ausdrucken, ausfüllen und bekommt problemlos einen Teil seiner Fahrtkosten zurück erstattet. Abgesehen davon sind die Züge meistens sauber, das Personal meistens freundlich und die Sitze bequem. Das Streckennetz der Deutschen Bahn sucht weltweit seines Gleichen, engmaschiger ist kaum ein anderes. Man kommt von Stuttgart aus problemlos mehrmals am Tag und bis spät in die Nacht in alle anderen deutschen Großstädte. Ich mag die Bahn.

5.) Mittelgebirge
Mittelgebirge sind super. Man kann dort prima wandern, ohne alle drei Meter über Skorpione, giftige Schlangen oder anderes Getier zu stolpern, die Wanderwege sind (siehe Punkt 3) perfekt ausgeschildert und in der Regel auch für Menschen mit Höhenangst gut schaffbar. Hinter jeder dritten Ecke steht eine Bank, auf der sich ausgezeichnet Rast machen lässt und Gasthöfe gibt es in nahezu jedem Ort. Man kann beim Wandern ausgezeichnet Greifvögel, Schwalben oder anderes beobachten. Nennt mich spießig, aber ich finde das toll.

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6.) Bier
Auch auf die Gefahr hin, mich unbeliebt zu machen: Ich finde IPAs doof und bevorzuge Pils oder Export. Ich brauche keine exotischen Zutaten oder gar Geschmacksrichtungen, wenn es um meinen geliebten Gerstensaft geht. Deshalb werde ich deutsches Bier vermissen.

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7.) Regionale Köstlichkeiten
Ich bin großer Freund der deutschen Küche, wenn sie denn gut gemacht ist. Ich mag Zwiebelrostbraten, Forelle, Maultaschen und Schnitzel. Entsprechend werde ich natürlich die deutsche Küche vermissen, allerdings warten da ja viele spannende neue Gerichte und Aromen darauf, mich über meinen Abschiedsschmerz hinweg zu trösten.

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